Essen. Koalition will Mietwagen- und Pooling-Plattformen dauerhaft erlauben. Taxiunternehmen sehen sich durch feste Tarife im Preiskampf benachteiligt.
Die dauerhafte Öffnung des Taximarktes für Mietwagen- und Plattformanbieter rückt näher: Die Regierung hat ihren Entwurf für die Liberalisierung des Personenbeförderungsgesetzes am Freitag in den Bundestag eingebracht. Mietwagenanbieter wie Uber soll der Marktzugang erleichtert werden, das Taxigewerbe sieht sich dadurch in seiner Existenz gefährdet. „Wenn die Tür aufgeht, kriegt man sie nicht wieder zu“, sagt etwa Michael Rosmanek, Vorsitzender von Taxi Essen. Da die Unternehmen enorm unter der Corona-Krise litten, gebe es keinen schlechteren Zeitpunkt für eine weitere Stärkung der Konkurrenten, die nicht der Preisbindung des Taxigewerbes unterliegen.
Um die Gesetzesänderung ringen Union und SPD seit zwei Jahren, der Kompromiss ging nun ins Parlament. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erklärte, es gehe darum, die bestehenden Angebote aus Öffentlichem Personennahverkehr und Taxis zu ergänzen durch neue Modelle wie Mietwagen und Plattform-Pooling-Anbieter. Letztere sammeln mehrere Fahrgäste ein, die einen ähnlichen Weg haben, fahren also nicht den kürzesten Weg, sind für den einzelnen aber deutlich günstiger als ein Taxi. Das gilt in der Regel auch für Mietwagen, etwa unter dem Label des US-Konzerns Uber, der in Düsseldorf und im westlichen Ruhrgebiet unterwegs ist.
Rückkehrpflicht für Mietwagen bleibt
Beides gibt es längst, bisher aber stets mit beschränkten Ausnahmeerlaubnissen, nun will die Koalition sie grundsätzlich erlauben. Die wichtigste Einschränkung für Mietwagen bleibt: Sie müssen zum Startpunkt zurückkehren, bevor sie den nächsten Fahrgast aufnehmen. Das soll nun auch digital stärker überwacht werden. Dass dies nicht geschehe, beklagt das Taxigewerbe seit langem.
Für die Pooling-Wagen soll diese Pflicht nicht gelten. Die konkrete Ausgestaltung soll aber bei den Kommunen liegen. Dass immer mehr Städte selbst über ihre Nahverkehrsunternehmen taxiähnliche Dienste anbieten könnten, zeichnet sich etwa in Essen ab: Die Ruhrbahn testet derzeit eigene Shuttlebusse, die, in Taxi-Gelb lackiert, mehrere Fahrgäste in der Innenstadt aufsammeln. Im März sollen sie an den Start gehen.
Städte dürfen für Taxis Preiskorridore setzen
Die klassischen Taxis sehen sich klar benachteiligt, weil sie die von den Städten festgelegten Preise nehmen müssen. „Wenn ich mit einem Großkunden rede und ihm unseren Taxitarif nenne, bietet ein Mietwagen-Anbieter die gleiche Leistung ein Drittel billiger an – und weg ist mein Kunde“, verdeutlicht Taxi-Essen-Chef Rosmanek. Das sei kein fairer Wettbewerb, wenn einer beim Preiskampf gar nicht mitmachen könne. Dann sei das Taxi der Verlierer und ein sterbendes Gewerbe.
Im Gesetz ist als Entgegenkommen vorgesehen, dass die Kommunen künftig statt starrer Kurse auch Preiskorridore bestimmen können, die den Taxis etwas Spielraum lassen. Auch können sie Festpreise für bestimmte, besonders häufig gebuchte Strecken setzen, etwa zum nächsten Flughafen. Für die Genossenschaft Taxi Deutschland ein untaugliches Mittel, das ruinöse Preiskämpfe in Gang setze.
Kontroverse Debatte im Bundestag
Der Bundesverband sieht durch Scheuers Gesetz 250.000 Arbeitsplätze gefährdet. Er fordert eine klarere Abgrenzung zur neuen Konkurrenz – vor allem durch eine Vorbestellfrist für Mietwagen von 30 Minuten. Das könne in Großstädten verhindern, dass Mietwagen einen taxiähnlichen Verkehr anbieten. In ländlichen Regionen, in denen es heute schon schwierig ist, ein Taxi zu bekommen, könne das wegfallen. Zudem fordert er soziale Mindeststandards und eine Genehmigungspflicht für Mietwagen-Vermittler.
Im Bundestag wurde der Gesetzentwurf von allen Seiten der Opposition kritisiert. Der FDP geht die Liberalisierung nicht weit genug, sie müsse „vom Nutzer her gedacht werden und echte Marktpreise ermöglichen“, sagte Daniela Kluckert. Dem Linken-Abgeordneten Andreas Wagner geht die Öffnung dagegen viel zu weit, er vermisst vor allem „soziale Standards für die Mietwagen-Fahrer“, was das Lohndumping weiter verschärfen werde. Darüber will die SPD nun auch mit Scheuer nachverhandeln.