Berlin. .
Der Markt für Fernbuslinien soll gelockert werden. Doch die Konkurrenten der Deutschen Bahn klagen über Behinderungen. Die derzeitige Rechtslage sei „anachronistisch“ und sichere die Monopolstellung der Bahn, wettern sie.
Im Streit um Genehmigungen für Busfernfahrten in Deutschland haben potenzielle Konkurrenten der Deutschen Bahn eine vollständige Marktliberalisierung gefordert. „Wir wollen eine faire Chance haben, am Markt zu bestehen und nicht durch Sonderregeln ungebührlich behindert werden“, sagte Michael Svedek, Manager der Busgesellschaft Deutsche Touring, am Dienstag in Berlin. Laut dem Interessenverband der Wettbewerbsunternehmen im öffentlichen Personennahverkehr (mofair) drohen bei der derzeitigen Rechtslage andauernde juristische Auseinandersetzungen über einzelne Betriebsgenehmigungen durch den Bund und letztlich ein „staatlich organisierter Fernbusverkehr“.
Das rigide Personenbeförderungsgesetz (PBefG) aus den 1930er Jahren, das der staatlichen Eisenbahn Schutz vor Konkurrenz einräumt, sei „anachronistisch“ und sichere die Monopolstellung der Bahn, kritisierte Svedek. Danach gilt die Regelung, dass eine Buslinie im Fernverkehr nur betrieben werden darf, wenn sie eine deutliche Verbesserung des bestehenden Bahnangebots mit sich bringt. Dazu hatte das Regierungsbündnis aus Union und FDP im Koalitionsvertrag festgeschrieben, Busfernlinienverkehr grundsätzlich zulassen und das PBefG entsprechend ändern zu wollen.
Nach Informationen des „Handelsblatts“ haben sich Bund und Länder nun darauf geeinigt, den Markt für Fernbuslinien endgültig zu öffnen. Unternehmen sollten künftig Fernbusstrecken anbieten können, sofern sie nicht den subventionierten Nahverkehr stören oder auf bereits genehmigten Routen Konkurrenz anbieten wollen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf ein Arbeitspapier. Im Detail weiter unklar sei aber, wie weit der Markt geöffnet werden soll.
Bahn-Wettbewerber kritisieren systematische Behinderung
In einem gemeinsamen Schreiben warfen mofair und Deutsche Touring, bis vor fünf Jahren eine vollständige Bahntochter, der DB AG vor, Wettbewerber systematisch zu behindern: „Dort, wo sie Fernbahnleistungen erbringt, bekämpft sie jede Genehmigung für einen Fernbusverkehr. Wo sie hingegen Verkehrsleistungen auf der Schiene verliert, etabliert sie unverzüglich Fernbusverkehre in eigener Regie.“ Es könne „nicht Aufgabe des Staates sein, ein privatwirtschaftliches, weltweit agierendes Unternehmen vor Wettbewerb zu schützen“, hieß es weiter. Schließlich fahre die Deutsche Bahn mit ihrem Schienennetz massive Gewinne ein, die sie zur geschäftlichen Expansion nutze.
Tatsächlich verfügt der Bahn-Konzern auch über die größte Busflotte in Deutschland. Zu den Bustöchtern gehören etwa Bex, Autokraft und Regiobus Dresden, die 2009 auf 22 Fernbuslinien 700.000 Passagiere beförderten. Im Falle einer vollständigen Marktöffnung erwartet Svetek einen harten Wettbewerb auf Langstrecken über 50 Kilometer, den mittelfristig „vielleicht drei bis vier Anbieter“ überleben.
Grundsätzlich seien Fernbuslinien nicht nur emissionsärmer, sondern in der Regel auch mindestens um ein Drittel günstiger als Zugverkehr auf der gleichen Strecke, sagte Svedek. Gerade einkommensschwache Menschen könnten von einer solchen Reisealternative profitieren, der Boom der Mitfahrzentralen bestätige diesen Bedarf. Eine Konkurrenz zur Bahn könne er nicht erkennen: Deren Preise seien für die anvisierte Zielgruppe ohnehin unerschwinglich. „Wir jagen der Bahn keine Kunden ab“, sagte Svetek und nannte den erfolgreichen Parallelbetrieb mit ICE- und Busverbindungen auf der Strecke Hamburg-Berlin als Beweis.
Bahn will eigenes Fernbusnetz massiv ausbauen
Die Deutsche Bahn selbst will ihr bundesweites Fernbusliniennetz massiv ausbauen. Die Konzerntochter Bex beantragte dazu mehrere tägliche Fernbuslinien bei Regierungsbehörden, wie die „Wirtschaftswoche“ vorab berichtet hatte. Im Zentrum stehen demnach Strecken zwischen Großstädten, die bereits mit Intercity- und ICE-Zügen bedient werden. Zugleich geht die Bahn gerichtlich gegen mögliche Mitbewerber vor. So klagt sie gegen die von drei Studenten gegründete Busmitreisezentrale „Yourbus“, die über das Internet bei ausreichender Nachfrage Fahrten organisiert. Die Bahn wertet dies als Linienverkehr. Das Frankfurter Landgericht will am 21. Januar 2011 sein Urteil verkünden. (dapd)