Berlin. .
Deutschland hat die Krise schneller überstanden als andere EU-Länder. Das geht aus dem aktuellen „Herbstgutachten“ hervor. Bundeswirtschaftsminister Brüderle (FDP) zeigt sich mit Blick auf 2011 optimistisch: „Der XL-Aufschwung geht weiter“.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat sich hoch erfreut über das Herbstgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute gezeigt. „Der XL-Aufschwung geht weiter“, sagte er am Donnerstag auf seiner Asienreise im japanischen Nagoya. Auch weiterhin sei „deutliches Wachstum zu erwarten. Die Konjunkturerholung sei klassisch durch den Export angetrieben worden, greife nun über auf Investitionen, Konsum und Reallöhne. Deutschland komme nun schrittweise in einen Fachkräftemangel hinein. Dagegen müssten „strukturelle Maßnahmen“ ergriffen werden.
Wachstum in Deutschland weit über EU-Durchschnitt
Die Institute sehen 3,5 Prozent Wachstum für 2010 und 2,0 Prozent für 2011 vorher. Die Bundesregierung werde am 21. Oktober ihre eigene Wachstumsprognose abgeben, sagte Brüderle. Er hatte in China bereits eine kräftige Aufwärtsrevision angekündigt. Bei ihm werde „mindestens eine zwei mit hoher Zahl hinter dem Komma“ stehen, hatte er gesagt. Im Frühjahr hatte die Regierung nur 1,4 Prozent für 2010 vorhergesagt. Das zweite Quartal war dann aber überraschend stark ausgefallen.
Auf die Frage, ob die von den Instituten für 2011 vorhergesagte Ausweitung des deutschen Zahlungsbilanz-Überschusses nicht erneut Kritik aus den USA und Frankreich hervorrufen werde, sagte Brüderle, dies wäre nicht gerechtfertigt und könnte auch mit dem US-Wahlkampf zu tun haben. Deutschland sei nicht nur Vize-Weltmeister bei den Exporten, sondern auch bei den Importen. Das deutsche Wachstum sei mehr als doppelt so hoch wie im Rest Europas, wo nur 1,6 Prozent erwartet würden. Deutschland ziehe daher seine Nachbarn mit. „Statt Kritik wäre ein Stück Anerkennung angebracht“, sagte Brüderle.
Wie die Wirtschaftsforscher erklärten, wird die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr voraussichtlich auf 3,25 Millionen sinken, im kommenden Jahr dann sogar auf unter drei Millionen. Damit würde die Arbeitslosenquote auf sieben Prozent sinken und so niedrig liegen wie seit 1992 nicht mehr. Der Boom werde auch wieder Geld in die Staatskasse spülen und die Schulden senken. Die Defizitquote werde dieses Jahr noch bei 3,8 Prozent liegen, 2011 aber auf 2,7 Prozent sinken, womit Deutschland die Maastricht-Kriterien der EU dann wieder einhalten würden.
Preise dürften schneller steigen
Zugleich gehen die Wirtschaftsforscher davon aus, dass die Preise wegen des Booms nicht mehr so langsam steigen werden wie im vergangenen und in diesem Jahr: Für 2011 gehen sie von einer Inflationsrate von 1,6 Prozent aus. Im vergangenen Jahr hatte die Inflationsrate noch bei 0,4 Prozent gelegen.
Grund für die rasante Entwicklung der Wirtschaft sei, dass die weltweite Nachfrage nach deutschen Gütern zu Jahresbeginn massiv zugenommen hat. Dieser Boom, der vor allem von den Schwellenländern getragen wird, schwäche sich aber ab. Daher komme den deutschen Verbrauchern eine Schlüsselstellung zu. Sie haben zuletzt nach jahrelanger Zurückhaltung wieder mehr Geld ausgegeben und sind den Forschern zufolge zu einer wichtigen Stütze des Wachstums geworden. Der Boom am Arbeitsmarkt werde wohl dazu führen, dass dieser Trend weiter anhält.
Die Wirtschaftsforscher warnen in ihrem Gutachten allerdings zugleich vor zahlreichen Gefahren, die den Aufschwung abwürgen könnten. „Die strukturellen Risiken sind noch nicht überwunden“, erklärten die Forscher. In Ländern wie Irland, Spanien und Großbritannien gebe es weiter eine hohe Verschuldung. Dies könne sich nicht nur auf die deutschen Exportchancen auswirken.
Forscher warnen vor weiteren Rettungsschirm-Aktionen
Da die Bundesrepublik über den EU-Rettungsschirm für schwere Krisen in diesen Ländern einstehen müsste, würden sich diese auch stark auf Deutschland auswirken. Zudem seien Verschuldung und Arbeitslosigkeit in den USA weiter sehr hoch. Auch eine Immobilienblase in Teilen Chinas, das mit seiner Nachfrage nach deutschen Autos und Maschinen bisher den Boom befeuert, sei ein Risiko.
Die Wirtschaftsforscher forderten die Politik zugleich dazu auf, Maßnahmen zu treffen, um den Risiken zu begegnen. So müssten klare Regeln geschaffen werden, nach denen Staaten und Finanzkonzerne in die Pleite geschickt werden können. Die Forscher warnten vor weiteren Rettungen von Staaten oder Banken. (dapd/afp)