Washington. .
Begleitet vom Streit über Währungspolitik und Handelsungleichgewichte haben die Finanzminister und Notenbankchefs am Freitag ihre Beratungen auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington aufgenommen.
Im hitziger werdenden Währungsstreit um Handelsvorteile auf dem Weltmarkt nimmt Europa nun nach China auch die Vereinigten Staaten ins Visier. Der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, bezeichnete den Dollar am Freitag zum Beginn der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington als unterbewertet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ von ihrem Sprecher Steffen Seibert andeuten, dass die niedrigen Zinsen in den USA der größten Volkswirtschaft der Welt Wettbewerbsvorteile verschaffen könnten. Das Abwertungsrennen am Devisenmarkt zählt am Wochenende zu den Top-Themen des Treffens IWF, Weltbank und den führenden Industrienationen (G7).
„Nichts hier ist besorgniserregend“
Juncker stellte infrage, dass die aktuelle Euro-Stärke von knapp 1,40 Dollar gerechtfertigt ist. „Ich glaube, der Dollar steht nicht in Einklang mit den zugrundeliegenden Fundamentaldaten“, sagte er. Die Äußerungen Junckers setzten den Euro unter Druck. Die Gemeinschaftswährung fiel binnen weniger Minuten um mehr als einen halben US-Cent auf 1,3868.Ähnlich äußerte sich auch Merkels Sprecher Seibert. Es gebe amerikanische Kritik am Stand der chinesischen Währung Yuan, die die Bundesregierung teile. „Man kann nun aber natürlich auch argumentieren, dass auch die amerikanische Währung, indem extrem viel Liquidität in den Markt dort gepumpt wird, tendenziell dadurch abgewertet wird. Und auch das entspricht vielleicht nicht einem ganz realen Wert“, sagte Seibert in Berlin.
IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard warnte unterdessen vor Nervosität wegen der Euro-Stärke. Der Kursanstieg zum Dollar sei nicht besorgniserregend, sagte er im franzöischen Fernsehen. Er rechne nicht mit einer weiteren Aufwertung, sondern erwarte, dass sich das Kursverhältnis von Euro und Dollar wieder auf dem Niveau vor der Euro-Schuldenkrise im Frühjahr einpendeln werde. „Nichts hier ist besorgniserregend.“
Der Chef der brasilianischen Notenbank, Henrique Meirelles, bezeichnete die Turbulenzen an den Devisenmärkten dagegen als ernst. Die Wirtschaft müsse vor zu viel Liquidität geschützt werden. Eine internationale Abstimmung sei wünschenswert. Die brasilianische Wirtschaft leidet unter einem Zustrom von Kapital aus dem Ausland, was den Real stärkt und brasilianische Güter auf dem Weltmarkt verteuert. Auch die Exporteure in Europa stöhnen unter der Stärke des Euro auf dem Weltmarkt.
Suche nach Lösungen
Zum Auftakt der IWF-Jahrestagung waren Rufe nach einer besseren internationalen Zusammenarbeit zur Abwendung eines Währungskriegs laut geworden. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn nannte es zwar nachvollziehbar, dass einzelne Länder angesichts von Wechselkursnachteilen Kapitalimporte begrenzen wollten. Dies könne aber nur eine Zwischenlösung sein. „Was wir brauchen, ist mehr Kooperation in der Währungspolitik“. National könne dieses Problem nicht gelöst werden. US-Finanzminister Timothy Geithner forderte eine stärkere Rolle des IWF bei der Überwachung der Devisenpolitik, um künftige Krisen zu vermeiden.
Strauss-Kahn wiederholte seinen Vorschlag vom Vortag für eine „Art von systemischer Stabilitäts-Initiative“ am Freitag nicht. Damit ist dem Vernehmen nach ein internationaler Prozess gemeint, um die Gefahr eines Abwertungsrennens zu verringern. Dazu sollten die USA, führende europäische Staaten, China und andere für das Finanzsystem wichtige Schwellenländer in einem neuen Gremium zusammenkommen. Bei den Konsultationen sollen offenbar Länder mit großen Handelsüberschüssen wie China überzeugt werden, ihr Wachstum stärker auf die Binnenwirtschaft statt auf den Export zu konzentrieren.
China wird von den USA und Europa seit längerem vorgeworfen, den Wechselkurs der Landeswährung Yuan künstlich niedrig zu halten und sich damit Außenhandelsvorteile zu verschaffen. Hinzu kommt, dass Japan kürzlich erstmals seit Jahren am Devisenmarkt interveniert hatte, um den Höhenflug des Yens zu stoppen. Auch mehrere Schwellenländer wie beispielsweise Brasilien griffen in jüngster Zeit zu Maßnahmen zur Abwertung der Landeswährung, um damit die eigene Wirtschaft zu stützen.
Frankreich will sich im Rahmen seiner bevorstehenden G20-Präsidentschaft 2011 für eine Reform des Währungssystems einsetzen. Ziel sei es, die Abstimmung in der Geldpolitik zu verbessern und Kapitalflüsse einzudämmen, die zu Turbulenzen an den Märkten führten, sagte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. „So wie sich das internationale Währungssystem derzeit darstellt, scheint es nicht sonderlich zu funktionieren.“ Auch Japan forderte eine bessere Abstimmung. Ein Wettbewerb um niedrigere Wechselkurse nutze lediglich den Spekulanten an den Finanzmärkten, sagte der stellvertretende Finanzminister Fumihiko Igarashi. (rtr)