Berlin. .
Mit einem Gutachten wehren sich Bahn-Unternehmen und der Deutsche Städtetag gegen einen bundesweiten Test von „Gigaliner“-Lastzügen. Zur vom Bund für Anfang 2011 geplanten Praxis-Erprobung hätten auch die Länder befragt werden müssen, meinen sie.
Gegen die von der Bundesregierung für Anfang 2011 geplanten bundesweiten Testfahrten mit Riesen-Lastzügen formiert sich Widerstand. Nach einem am Mittwoch vorgestellten Gutachten des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) wäre es rechtswidrig, diesen Versuch auf dem Verordnungswege ohne Beteiligung von Bundestag und Bundesrat zu starten. Das Gutachten wurde im Auftrag des Deutschen Städtetags, der Allianz pro Schiene und des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erstellt.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Andreas Scheuer, reagierte erstaunt. Dieses Gutachten gehe von einer falschen Tatsachengrundlage aus und daher am Thema vorbei. Das Gutachten nehme zu einem noch nicht finalisierten Rechtsetzungsvorhaben Stellung.
Difu-Leiter Klaus Beckmann sagte: „Nach unserer Einschätzung ist die Lage eindeutig.“ Das Verkehrsministerium dürfe bundesweite Testfahrten nicht ohne die Beteiligung von Bundestag und Bundesrat auf dem Wege der Ausnahmeverordnung erlauben. Laut Rechtsgutachten ist die maximale Fahrzeuglänge vom Verordnungsgeber auf 18,75 Meter begrenzt worden, um alle Verkehrsteilnehmer vor den Gefahren gerade durch überlange Fahrzeuge zu schützen. „Mit einer einfachen Ausnahmeverordnung kann das Verkehrsministerium dieses Schutzziel nicht außer Kraft setzen“, meinte Beckmann. „Doch genau dies ist bei den geplanten Testversuchen mit Riesen-Lkw der Fall.“
Bundesverkehrsministerium verurteilt „Panikmache“
Scheuer sagte hingegen, dass das Ministerium eine „solide Basis“ wolle. Daher seien alle Länder eingeladen, „aktiv an der rechtlichen Ausgestaltung der Ausnahmeverordnung mitzuwirken“, sagte er. Allerdings liege noch kein konkreter Verordnungsentwurf vor. Scheuer zeigte sich jedoch zuversichtlich, „dass einzelne Bundesländer, vereinzelte Verbände oder bestimmte Interessenvertretungen anderer Verkehrsträger ihre noch zögerliche bis ablehnende Haltung gegenüber diesem Probebetrieb aufgeben werden, sobald sie den konkreten Arbeitsentwurf in den Händen halten“.
Zugleich versicherte Scheuer, dass die Gigaliner „nicht in einer Innenstadt zu finden sein“ werden. Alle anderen Behauptungen seien „reine Panikmache“. Der Verkehrsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Uwe Beckmeyer, schloss sich der Gutachterauffassung an und verlangte: „Die Bundesregierung sollte die Testfahrten für Gigaliner stoppen und lieber Initiativen ergreifen, wie der Güterverkehr vermehrt auf die Schiene verlagert werden kann.“
Zahlreiche Bundesländer sperren sich gegen einen solchen Versuch, andere befürworten ihn massiv. Die Schienenlobby befürchtet Verluste im Güterverkehr für den Fall, dass die bisherigen maximalen Längen- und Gewichtsvorgaben aufgeweicht werden. Umweltverbände sind ebenso dagegen, aber die Speditionsbranche und Hersteller von Sattelzugmaschinen und Aufliegern plädieren dafür. Sie führen ins Feld, dass eine größeres Ladevolumen auch die Zahl der Lastwagen auf den Straßen verringern könnte. (dapd)