Die IG Metall setzt ein deutliches Zeichen und ein Signal für kommende Tarifrunden: Sie fordert ein Lohnplus von sechs Prozent für die Stahlarbeiter. Die Arbeitgeber sind empört.

Sechs Prozent mehr Geld fordert die IG Metall NRW für die 85 000 Beschäftigten der Stahlindustrie in NRW, Niedersachsen und Bremen. Darauf hat sich am Freitag die Stahl-Tarifkommission in Sprockhövel geeinigt. Die Arbeitgeber wiesen die Forderung umgehend als „nicht akzeptabel“ zurück.

Doch diesmal geht es um mehr als die übliche Lohnfrage. Die IG Metall will im Stahl ein Exempel für Leiharbeiter statuieren. Zum ersten Mal soll tariflich vereinbart werden, dass die derzeit rund 3000 Leiharbeiter die gleichen Löhne erhalten wie Stammarbeitskräfte. Oliver Burkhard, NRW-Chef der IG Metall, fordert: „Wer als Leiharbeitnehmer in den Betrieb geholt wird, muss für gleiche Arbeit auch gleiches Geld bekommen.“

Wie aus Arbeitgeber-Kreisen zu hören ist, wird dies der Knackpunkt der Verhandlungen sein, die am 6. September in Gelsenkirchen beginnen. Die Arbeitgeber halten eine Regelung für Leiharbeiter für überflüssig und verweisen darauf, dass im Stahl mit rund 3,5 Prozent deutlich weniger Leiharbeiter eingesetzt werden als in anderen Branchen. Helmut Koch, Verhandlungsführer der Arbeitgeber, be­zeichnet den Vorstoß deshalb als „unangemessen“. Gegenüber DerWesten sagte er: „Man will uns eine Medizin verordnen, die für andere bestimmt ist.“

Testlauf für die Tarifrunde 2012

Tatsächlich hat sich die IG Metall gezielt die vergleichsweise kleine Stahlbranche ausgesucht, um ein Signal auch für andere Industrien zu setzen. Im Stahl ist sie besonders gut organisiert und entsprechend schlagkräftig. Das wurmt die Arbeitgeber: „Die IG Metall macht das nicht, weil Zeitarbeit bei uns ein Problem wäre, sondern nur, weil sie sich in der Lage sieht, es durchzusetzen. Das ist sachwidrig“, sagt Koch.

Man darf den Vorstoß als Testlauf für die erst 2012 anstehende Tarifrunde in der ungleich größeren Metall- und Elektroindustrie werten. Dort klagt die Gewerkschaft seit Jahren über Leiharbeitsquoten von bis zu 30 Prozent und einen systematischen Abbau von Stammkräften.

Noch zu Jahresbeginn hatte sich Burkhard mit den Metall-Arbeitgebern auf einen Tarifvertrag geeinigt, der eher ein Beschäftigungspakt war als eine Lohnrunde. Das galt auch für den Krisenabschluss beim Stahl 2009. „Nun muss sich zeigen, ob auch ein gutes Aufschwung-Management mit den Stahl-Arbeitgebern geht“, sagt Burkhard. Er hält die Krise für beendet. Die Arbeitgeber nicht. Sie machen geltend, dass sie in der Krise mit massiver Kurzarbeit fast alle Beschäftigten gehalten hätten. Koch: „Das schlägt sich in tiefroten Zahlen nieder. Es ist ein noch langer Weg, da herauszukommen.“