Essen. An dieser Stelle kommentieren Professoren aus dem Ruhrgebiet ökonomische Themen. Diesmal: Christoph M. Schmidt vom Rat der Wirtschaftsweisen und Chef des Essener RWI-Instituts. Er warnt vor staatlichen Hilfen in der Krise und erklärt, warum solche Subventionen falsch sind.
Mit der Entscheidung des Staates, bei der Restrukturierung von Opel großzügig Hilfe zu leisten, scheinen nun alle Dämme gebrochen: Die Zahl der Unternehmen, die um Unterstützung angefragt haben, geht inzwischen in die Tausende. Trotz gegenteiliger Bekundungen besteht die Gefahr, dass die Politik in einem Wahljahr nicht die Kraft aufbringen wird, sich ihnen zu widersetzen. Doch die notwendigen Erneuerungsprozesse müssen gerade in der Krise eine Chance bekommen.
Die Soziale Marktwirtschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie strukturelle Veränderungen zulässt, jedoch gleichzeitig aktiv fördert und durch soziale Sicherungssysteme abfedert. Die Anpassungen auf Seiten der Arbeitnehmer werden dabei durch vergleichsweise hohe Lohnersatzleistungen bei gleichzeitiger Qualifizierung und Arbeitsvermittlung unterstützt. In der aktuellen Ausnahmesituation ist die Politik zusätzlich gefordert, die weiterhin angespannte Situation im Finanzsektor anzugehen, um zu gewährleisten, dass die Realwirtschaft mit Liquidität versorgt wird.
Warum Subventionen bedenklich sind
Subventionen hingegen, die alte Strukturen bewahren wollen, welche die Kunden offenbar nicht mehr genügend attraktiv finden, sind nicht zu rechtfertigen. Vielmehr laufen sie Gefahr, Anpassungen zu behindern und die langfristige Wachstumsdynamik zu beeinträchtigen:
Erstens mutet sich die Politik eine objektive Entscheidungskompetenz zu, die sie in der Praxis gar nicht besitzt: Spektakuläre staatliche Unterstützung wird großen Unternehmen eher zuteil als kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Zweitens setzen staatliche Rettungsmaßnahmen das Prinzip der Haftung außer Kraft, wenn immer Eigentümer sich bei der Rettung ihres Unternehmens selbst zurückhalten. Eigentümer und Gläubiger werden also durch Staatshilfen an ihre Unternehmen vor Verlusten geschützt, die durch das von ihnen eingesetzte Management zu verantworten sind. Diese Sozialisierung von Verlusten ist besonders deshalb ungerecht, weil Gewinne im Erfolgsfall privat verbucht werden.
Wettbewerb wird verzerrt
Drittens ist es nahezu unvermeidlich, dass die direkte Staatshilfe den Wettbewerb verzerrt, wenn der Staat an den Kundenwünschen vorbei eingreift. Erfolgreichen Unternehmen und ihren Mitarbeitern die Früchte guter Arbeit zu verwehren, ist kaum zu rechtfertigen. Viertens wird den betreffenden Unternehmen der Druck genommen, ihr Geschäftsmodell so umzustellen, dass sie die Kunden tatsächlich ansprechen. Dies führt langfristig zu noch größeren Verlusten. Fünftens kann auch eine Insolvenz ein Neuanfang sein, für die Fortführung der Geschäfte mit neuen Eigentümern, einer neuen Unternehmensstruktur oder einem neuen Geschäftsmodell.
Letztlich handelt es sich bei solchen Staatshilfen also um eine Umverteilung von Wohlstand und Lebensqualität von den Steuerzahlern, solide wirtschaftenden Unternehmen und ihren Mitarbeitern hin zu erfolglosen Unternehmen. Die Politik sollte deshalb diese Strategie keinesfalls fortsetzen.