Frankfurt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins auf ein neues Tief gesenkt. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen, wurde um 25 Basispunkte auf 1,00 Prozent zurückgenommen, wie die EZB nach einer Ratssitzung in Frankfurt am Main mitteilte.

Angesichts der weltweiten Finanzmarktkrise und des Vertrauensschwundes auf den Geldmärkten hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins auf ein neues Tief gesenkt. Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen, wurde um 25 Basispunkte auf 1,00 Prozent zurückgenommen, wie die EZB nach einer Ratssitzung in Frankfurt am Main mitteilte. Zudem kündigte die Notenbank «unkonventionelle» geldpolitische Maßnahmen wie längerfristigere Refinanzierungsgeschäfte an. Ökonomen kritisierten die Beschlüsse teils als zu defensiv.

Analysten hatten diese Reduzierung des Hauptrefinanzierungssatzes erwartet. Nach ihrer Einschätzung ist mit der geldpolitischen Lockerung das Ende im Zinssenkungszyklus erreicht worden. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hingegen sagte, dass er weitere Zinssenkungen nicht ausschließen könne. Weitere Schritte hingen von den zukünftigen wirtschaftlichen Bedingungen ab.

Bundesverband Deutscher Banken begrüßt den Zinsschritt

Neben der Zinssenkung auf 1,00 Prozent, die ab 13. Mai gilt, verkündete Trichet ein Bündel «unkonventioneller» geldpolitischer Maßnahmen. Demnach wird die Notenbank ab 23. Juni die Laufzeiten ihrer langfristigen Refinanzierungsgeschäfte auf ein Jahr verlängern. Bisher haben diese eine Laufzeit von maximal sechs Monaten. Zudem stellte Trichet den Kauf von gedeckten Anleihen über 60 Milliarden Euro in Aussicht. Details wollte er allerdings erst auf der kommenden Ratssitzung am 4. Juni bekanntgeben.

Angesichts dieses Maßnahmenbündels betonte Trichet, dass es nicht zum unmittelbaren Ankauf von Staatspapieren oder von staatlich garantierten Wertpapieren kommen werde. Das haben bisher die US-Notenbank und auch die britische Notenbank getan.

Der Zinsentscheid sorgte für unterschiedliche Reaktionen. Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) erklärte, dass die EZB in der Vergangenheit zu defensiv agiert habe. Mit einer Leitzinssenkung auf 1,00 Prozent im April hätte die EZB «bereits früher gegen konjunkturelle Risiken angehen können». Der Bundesverband Deutscher Banken (BdB) und der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken begrüßten den Zinsschritt. Der Geschäftsführende Vorstand des BdB, Manfred Weber, hält auch die unkonventionellen Maßnahmen für richtig: «Damit eröffnet sich den Banken die Möglichkeit, auch etwas längerfristige Kredite günstig zu refinanzieren».

Verzinsung von Sparguthaben sinkt

Kurz vor der EZB hatte die Bank of England mitgeteilt, dass sie ihren Leitzins auf dem historischen Tief von 0,5 Prozent belässt und dabei ihr Programm für den Ankauf britischer Staats- und Unternehmensanleihen erhöht. Demnach steigt das Volumen für Wertpapierkäufe um 50 Milliarden auf 125 Milliarden Britische Pfund (141 Milliarden Euro).

Bei fallenden Leitzinsen sinkt die Verzinsung von Sparguthaben. Dagegen werden Darlehen und Kredite für Verbraucher günstiger. Trichet strebt einen weiteren Rückgang der Zinsen am Geldmarkt an. Seit Oktober vergangenen Jahres ist der Hauptrefinanzierungssatz um 325 Basispunkte gesenkt worden. Begünstigt wurden die jüngsten Zinsschritte durch einen deutlichen Rückgang der Inflation. Im April hatte die Jahresteuerung in der Eurozone lediglich 0,6 Prozent betragen - die niedrigste Rate in der Geschichte der Währungsunion.

Trichet verwies darauf, dass es gegenwärtig zwar zunehmende Anzeichen für eine konjunkturelle Stabilisierung auf niedrigem Niveau gebe, insgesamt befänden sich die Weltwirtschaft und die Eurozone aber weiterhin in einem schwerwiegenden Abschwung. (ddp)

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