Essen. .
Konkurrenz für den designierten Karstadt-Käufer Nicolas Berggruen: Nun will auch der italienische Investor Maurizio Borletti die insolvente Warenhaus-Kette kaufen. Wortreich wirbt er für sein Angebot. Das Problem: Karstadts Insolvenzverwalter zeigt ihm die kalte Schulter.
Borletti, dessen Investmentfirma Borletti Group bereits zwei Kaufhausketten gehören, wirbt mit seiner Vergangenheit. Er komme von einer Familie, deren Unternehmer-Vergangenheit bis ins Jahr 1860 zurückreiche. Er selbst sei langem im Einzelhandelsbereich tätig, sagte der 1967 geborene Borletti am Mittwoch in einer kurzfristig angesetzten Telefonkonferenz mit Journalisten.
2005 habe er die italienische Kaufhauskette „La Rinascente“ gekauft, dann das französische Warenhaus-Unternehmen Printemps. Beide Unternehmen wüchsen, ungeachtet der Wirtschaftskrise. Zuvor, von 1993 bis 2000, war er Chef der französischen Luxusladen-Kette Christofle – „Deutschland ist ihr zweitwichtigster Markt“, betont der Italiener. Und: „Ich verbringe mein Leben damit, in Kaufhäuser hinein- und hinauszugehen – nur so kann man verstehen, wie Kaufhäuser funktionieren.“
Mit der Essener Pleite-Kette befasse er sich seit längerem. „Ich habe mich darauf konzentriert, zu analysieren, wie man Karstadt zurück in die Spur und zurück ins Leben bringen kann“, sagt Borletti. „Das war mein einziges Ziel in den letzten sechs Monaten.“ Er könne alle für den Karstadt-Kauf nötigen Dokumente sofort vorlegen, sie seien fertig ausgearbeitet.
Fusion mit Karstadt kein Thema
Eine mögliche Verschmelzung Karstadts mit dem Rivalen Kaufhof, dessen Mutterkonzern Metro – ein Düsseldorfer Handelsriese – sei für ihn aber kein Thema gewesen. Auch wenn er Metro-Topmanager sowie Metro-Chef Eckhard Cordes natürlich kenne. Metro will sich von Kaufhof trennen, legte jüngst die Verkaufspläne aber auf Eis.
Ein „topqualifizierter Experte“ für den deutschen Einzelhandelsmarkt, der als noch umkämpfter gilt als der in anderen Ländern, sei er aber nicht, räumt Borletti ein. Doch er könne ja aus reichlich Erfahrung aus anderen Ländern schöpfen, betont er. Und den deutschen Markt beobachte er schon „seit Jahren“.
„Belastbare Angebote sehen anders aus“
Trotz aller Verweise auf seine Erfahrungen und Erfolge findet Borletti bei Karstadts Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg kein Gehör mit seinem am Freitag vorgelegten Kaufangebot. „Qualitativ belastbare Angebote sehen anders aus“, moniert ein Sprecher von Görg. Angeblich reichte Borletti lediglich vier Papierseiten ein.
Der Insolvenzverwalter ließ den Italiener jedenfalls abblitzen. Es gebe einen unterschriebenen Kaufvertrag mit dem deutsch-amerikanischen Investor Nicolas Berggruen, betont Görgs Sprecher. „Den gilt es zu vollziehen.“ Borletti darf also seine Pläne auch nicht auf dem Gläubigertreffen an diesem Donnerstagnachmittag in Essen vorstellen.
Noch keine Einigung über Mieten
Bis Berggruens Kaufvertrag aber endgültig steht, vergeht eventuell aber mehr Zeit, als bisher veranschlagt ist. Der Milliardär
hat bis Sonntagnacht Zeit, sich mit dem Hauptvermieter, dem Highstreet-Konsortium, über niedrigere Filial-Mieten zu einigen – und dies Insolvenzverwalter Görg mitzuteilen.
Highstreet gehören 86 der 120 Karstadt-Häuser. Im Konsortium sitzen unter anderem die Deutsche Bank, die US-Investmentbank Goldman Sachs sowie die kleine Essener Valovis Bank. Auch Karstadt-Interessent Borletti ist im Konsortium vertreten, allerdings lediglich mit einem Anteil von zwei Prozent.
Verlängert Gericht Frist erneut?
Ob Berggruen die Frist bis Sonntagnacht einhalten kann, gilt als fraglich. Noch sind nicht alle Punkte geklärt, ist zu hören. Dabei wollte das Amtsgericht Essen am nächsten Dienstag über Karstadts Insolvenzplan entscheiden. Bedingung ist allerdings, dass der Mietstreit gelöst und damit der Kaufvertrag gültig ist.
Eventuell verschiebt das Gericht den Termin erneut – das wäre dann bereits das dritte Mal. „Rechtlich und theoretisch ist das möglich“, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Es gebe keine gesetzliche Regelung, wie oft so ein Termin verschoben werden könnte. Und: „Karstadt ist kein Insolvenzverfahren wie jedes andere.“ Sprich: Komplexe Verfahren können schon mal länger dauern.
Das Traditionsunternehmen mit Firmensitz in Essen hatte im Juni 2009 Insolvenz angemeldet. Nun bangen etwa 25.000 Karstadt-Beschäftigte um ihre Arbeitsplätze.
Kaufversuch Nummer 2…
Borletti hatte schon einmal für Karstadt geboten, mit Goldman Sachs im Namen von Highstreet. Die Gruppe war allerdings nicht zum Zuge gekommen. Borlettis jüngstes Zögern bei Karstadt, bevor er vor wenigen Tagen überraschend seinen Hut in den Ring warf, lag an der lange fehlenden Finanzierung.
Seine Kaufhausketten La Rinascente und Printemps sind mit zusammen 10.500 Mitarbeitern und 2,1 Milliarden Euro Umsatz deutlich kleiner als Karstadt. Zusammen erzielten sie einen Jahresgewinn von 135 Millionen Euro – allerdings vor Steuern, Zinsen und Firmenwert-Abschreibungen. Ob die beiden Ketten auch unterm Strich Gewinn machen, wollte Borletti nicht sagen.
… nun mit einem US-Investor
Beim zweiten Versuch hat Borletti einen neuen Mitstreiter: den US-Einzelhandelsinvestor Gordon Brothers. Der will mit Krediten und Eigenkapital einsteigen. In Deutschland ist Gordon Brothers kein unbekannter Name: Der Investor war zuletzt im Bieterstreit um Woolworth der Tengelmann-Holding unterlegen.
Borletti will die Bedingungen für den Kauf der insolventen Warenhauskette nicht nachverhandeln. Er fordere keine weiteren Nachlässe der Karstadt-Gläubiger. Zusätzliche Entlassungen oder Gehaltskürzungen werde es mit ihm nicht geben, denn die Belegschaft solle hinter Borletti und seinem Partner stehen. Auch akzeptiere er das Mietangebot, das der Filialvermieter Highstreet `allen Interessenten“ im Bieterwettrennen angeboten habe.
Borlettis Pläne
Zudem will Borletti – falls er bei Karstadt zum Zug kommt – in den ersten fünf Jahren keine Gewinne ausschütten, sondern alles Geld ins Unternehmen stecken. Er und sein Partner Gordon Brothers wollen 100 Millionen Euro in Karstadt investieren, um das kriselnde Unternehmen fit für den Wettbewerb zu machen. Zerschlagen solle Karstadt nicht werden, betont Borletti. Auch plane er weder Filial-Schließungen noch einen Stellenabbau.