Berlin. Die Deutsche Bahn hat neue Vorstandsmitglieder benannt, nachdem Mitte Mai vier Mitglieder zurückgetreten waren. Gewerkschaftsvertreter zeigten sich erfreut über die Entscheidung. Bahnchef Rüdiger Grube hat es nun eilig, die leidige Datenaffäre hinter sich zu lassen.
Die Deutsche Bahn hat die Nachfolger für die Mitte Mai zurückgetretenen vier Vorstandsmitglieder benannt. Gerd Becht, Ulrich Homburg, Karl-Friedrich Rausch und Ulrich Weber nehmen die vakanten Positionen ein, wie der Logistikkonzern am Montag nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrates mitteilte.
Die Gewerkschafter sind erfreut
«Ich bin sehr zuversichtlich, dass die neu formierte Führungsmannschaft die anstehenden Herausforderungen meistern wird», sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Müller. Bahnchef Rüdiger Grube fügte hinzu, dass sich die Bahn jetzt «nach der lähmenden Datenaffäre» zügig an die Arbeit machen könne. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, begrüßte die Neuernennungen.
Die vier neuen Vorstandsmitglieder sind jeweils für fünf Jahre bestellt. Der 59-jährige Ulrich Weber solle spätestens zum 1. Juli zum Vorstand im Ressort Personal ernannt werden, teilte die Bahn mit. Weber arbeite derzeit noch als Vorstand und Arbeitsdirektor bei Evonik Industries. Karl-Friedrich Rausch, bislang Vorstand für Personenverkehr, wechsele zum 1. Juni an die Spitze des Ressorts Transport und Logistik der DB ML AG.
Der Neue für den Datenschutz
Das neue Vorstandsressort Compliance, Recht und Konzernsicherheit werde der 57-jährige Gerd Becht leiten, hieß es weiter. Der Jurist kommt von der Daimler AG in Stuttgart, wo er zurzeit noch als Chief Compliance Officer (CCO) und Chefsyndikus arbeitet. Müller sagte zu der Ernennung: «Gerd Becht wird dafür sorgen, dass künftig bei der DB die höchsten Standards beim Datenschutz und bei der Korruptionsbekämpfung gelten. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir einen solch glänzenden Fachmann.» Sowohl Becht als auch Weber werden für diese Ressorts auch zu entsprechenden Vorständen der DB Mobility Logistics AG bestellt.
In den vergangenen Monaten war die Deutsche Bahn stark in die Kritik geraten. Sie hatte über viele Jahre die Daten von Mitarbeitern zur Korruptionsbekämpfung mit denen von Lieferanten abgeglichen. Auch der E-Mail-Verkehr von Mitarbeitern wurde teilweise überwacht. Die Vorgänge, die nicht mit den Arbeitnehmervertretern abgesprochen worden waren, sorgten für eine Welle der Empörung. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn, der von den Vorgängen nach eigenen Angaben nichts gewusst hat, war im Zuge der Affäre aufgrund des zunehmenden öffentlichen Drucks zurückgetreten.
Bereich Wirtschaft und Politik wird später besetzt
An die Spitze des Ressorts Personenverkehr der DB ML AG rückt nach Bahn-Angaben Ulrich Homburg, seit 2003 Vorstandsvorsitzender der DB Regio AG. Der 53-jährige Diplom-Ingenieur übernimmt seinen Posten am 1. Juni.
Der Vorstandsbereich Wirtschaft und Politik wird nach Bahnangaben erst gegen Ende des Jahres wieder neu besetzt. Bis dahin übernehme die kommissarische Leitung der 61-jährige Joachim Fried, der seit mehr als einem Jahrzehnt in leitenden Funktionen für die Deutsche Bahn tätig sei.
Erst Mitte Mai hatte die Bahn mitgeteilt, dass die bisherigen Vorstandsmitglieder Norbert Bensel (Güterverkehr), Otto Wiesheu (Politik) und Margret Suckale (Personal DB Mobility & Logistics) ihren Rücktritt zum Monatsende angeboten haben, um den Weg für einen Neuanfang freizumachen. Im Zuge der Neuaufstellung des Gremiums Personalvorstand legte Norbert Hansen gesundheitsbedingt sein Amt ebenfalls zum Monatsende nieder.
Keine Aussage zur Datenaffäre
«Mit den neuen Vorstandsbesetzungen ist das Führungsteam der Deutschen Bahn AG und der DB Mobility Logistics AG wieder komplett, so dass die operativen und strategischen Herausforderungen angepackt werden können», teilten Grube und Müller gemeinsam mit. Grube zufolge wird der Vorstand im Herbst die künftige Planung vorstellen. Er sei sehr zuversichtlich, dass die Bahn «eine sehr gute Zukunft» vor sich habe.
Bezüglich der Datenaffäre äußerte sich Grube nicht. Bei seinem Amtsantritt Anfang Mai hatte er den 1. Juni als Stichtag genannt, an dem er erste Ergebnisse der Aufklärungsarbeit vorstellen wolle. (ddp)