Brüssel. Das VW-Gesetz ist ein Zankapfel zwischen der deutschen Regierung und der EU-Kommission. Theoretisch könnte die Kommission Deutschland nun vor den Europäischen Gerichtshof zitieren. Danach sieht es jedoch nicht aus: Die Kommission schreckt im Augenblick vor Ärger zurück.
Die EU-Kommission ist mit der Neufassung des VW-Gesetzes durch die Bundesregierung nicht zufrieden. Eigentlich könnte sie Deutschland deswegen schon am Donnerstag erneut auf die Anklagebank des EU-Gerichtshofs zerren. Eigentlich. Aber es gibt mehrere Hinweise, dass sich die EU-Kommission damit noch Zeit lässt. Mindestens bis zur Wahl des Europäischen Parlaments am 7. Juni. Wahrscheinlich sogar noch bis zum EU-Gipfel im Juli. Womöglich sogar bis Herbst.
Die Kommission hat es offenbar nicht eilig
Hinweis Nummer eins: Die EU-Behörde hat bereits seit Ende Januar die Möglichkeit, die zuvor mehrfach angedrohte Klage einzureichen – und hat es trotzdem bisher nicht getan.
Hinweis Nummer zwei: In ihren offiziellen Stellungnahmen verweisen Sprecher der EU-Kommission plötzlich auf die „große Komplexität“ der Rechtsfragen, die eine besonders sorgfältige Prüfung erforderlich mache. Das ist bemerkenswert, weil es ganz anders klingt als im Vorjahr. Damals hatte der zuständige EU-Kommissar Charlie McCreevy immer wieder gesagt, dass der Fall aus Sicht der EU-Behörde eindeutig sei.
Hinweis Nummer drei: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich gerade wieder diese Woche öffentlich zum VW-Gesetz bekannt – bei einer Wahlkampfveranstaltung in Wolfsburg. Das spricht dafür, dass auch die Bundesregierung nicht damit rechnet, schon in Kürze auf der Anklagebank in Luxemburg zu landen.
Hinweis Nummer vier: In Brüssel verlautet aus unterschiedlichen Quellen, die mit dem Verfahren zu tun haben, dass es die EU-Kommission nicht eilig hat.
Eine Klage käme gerade jetzt ungelegen
Die Geduld, mit der die EU-Binnenmarktshüter den Fall bearbeiten, könnte damit zu tun haben, dass ein offener Streit mit der Bundesregierung jetzt zur Unzeit käme. Brüssel dürfte wenig Interesse daran haben, unmittelbar vor der EU-Parlamentswahl Bundesbürger gegen Europa aufzubringen.
Zudem würde eine Klage gegen Deutschland wenige Monate vor der Bundestagswahl in Berlin zu Verstimmungen führen, weil sie Kanzlerin Angela Merkel den Wahlkampf nicht gerade erleichtern würde. Eine über die EU-Kommission verärgerte Kanzlerin wiederum kann EU-Kommissionschef José Manuel Barroso derzeit überhaupt nicht brauchen. Schließlich bemüht sich der Portugiese gerade um eine zweite Amtszeit.