Essen. Der Zorn der Milchbauern ist geweckt: Nach Aldi haben wie erwartet weitere Lebensmittelketten die Preise für Milchprodukte drastisch gesenkt. Der Bauernverband verurteilte die Aktion als "Werte vernichtende Preisdruckpolitik" und rief eine Krisensitzung ein.

Nach dem Vorstoß vom größten deutschen Discounter Aldi purzeln die Preise für Milch und Milchprodukte erneut auf breiter Front. Auch bei Edeka kostet die Vollmilch ab sofort nur noch 48 statt 55 Cent je Liter. Bei fettarmer Milch werden die Preise um 7 Cent auf 42 Cent gesenkt, wie ein Unternehmenssprecher am Dienstag sagte. Der Deutsche Bauernverband kritisierte den erneuten Preiskampf scharf und rief den erweiterten Verbandsrat zu einer Krisensitzung Ende der Woche nach Berlin zusammen.

«Die Milchpreissenkung ist mehr als ein Schlag ins Gesicht unserer Milchviehhalter», sagte der Vizepräsident des Hessischen Bauernverbands, Armin Müller. Die Milchbauern müssten jetzt damit rechnen, dass die ohnehin schon auf einem unterirdischen Niveau befindlichen Erzeugerpreise weiter abrutschen. «Diese Werte vernichtende Preisdruckpolitik treibt unsere Bauernfamilien in den Ruin», sagte Müller. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten sprach von einer enormen Wertevernichtung in der gesamten Lebensmittelkette.

Penny und Edeka ziehen nach

Aldi hatte die Milchpreise am Montag gleich um sieben Cent gesenkt. Auch für andere Milchprodukte wie Quark, Schlagsahne oder Kondensmilch müssen die Verbraucher nun weniger zahlen. Der zum Rewe-Konzern gehörende Konkurrent Penny zog laut «Lebensmittel-Zeitung» noch am Montag nach und verbilligte unter anderem Sahne auf 29 Cent und Quark in der 250-Gramm-Packung auf 32 Cent.

In den Edeka-Märkten soll Schlagsahne nun ebenfalls nur noch 29 statt 33 Cent kosten. «Wir verhalten uns natürlich marktkonform», sagte der Unternehmenssprecher. Auch beim Edeka-Discounter Netto sei davon auszugehen, dass die Preissenkungen nachvollzogen würden. Lidl wollte sich am Dienstag nicht zu möglichen Milchpreissenkungen äußern.

Bauernverband will Preissenkungen nicht akzeptieren

Eine Zuspitzung des Preiskampfes war erwartet worden, nachdem Aldi erst kürzlich in Verhandlungen mit den Molkereien günstigere Einkaufskonditionen durchgesetzt hatte. Das Ausmaß der Preisabschläge überraschte jedoch selbst Branchenkenner.

Der Bauernverband erklärte, er werde diese zweistellige Preissenkung nicht akzeptieren. Sie erfordere eine «klare Antwort des Berufsstandes». Dem erweiterten Verbandsrat gehören die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der 18 Landesbauernverbände an. Erst vergangene Woche waren Vertreter von Bauernverbänden, Lebensmittelindustrie und Molkereien zu einem Krisengipfel bei Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zusammengekommen.

Die CSU-Politikerin hatte den Landwirten Bürgschaften, Steuererleichterungen und vorgezogene Direktbeihilfen in Aussicht gestellt. Für Milch wird zur Zeit nur noch ein Preis von rund 20 Cent pro Kilogramm gezahlt. Dies ist ein Drittel weniger als noch vor einem Jahr. Damals hatten Bauern mit massiven Protesten vorübergehend eine Erhöhung des Milchpreises erreicht. (ap)

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