Frankfurt/Main. Bundesbank-Chef Axel Weber will dem Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin nach dem Skandal um dessen kritische Äußerungen über Einwanderer offenbar Kompetenzen entziehen. Wie das Nachrichtenmagazin "Focus" vorab berichtete, stehe dies in einer Vorlage für den Bundesbankvorstand.
Bundesbankchef Axel Weber will Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin nach dessen umstrittenen Äußerungen einem Medienbericht zufolge wesentliche Kompetenzen entziehen. Wie das Nachrichtenmagazin «Focus» am Samstag vorab berichtete, sieht eine Vorlage für die Sitzung des Bundesbankvorstandes am Dienstag vor, dass Sarrazin die Zuständigkeit für Bargeldumlauf und Risiko-Controlling verliert. Er bliebe demnach nur noch für den Bereich Informationstechnologie verantwortlich.
Das vertrauliche Schreiben sei den Bundesbankvorständen am Dienstag zugegangen, schreibt «Focus». Die Bundesbank wollte den Bericht auf Anfrage nicht kommentieren.
Rücktritt nahegelegt
Sarrazin, der bereits als Berliner Finanzsenator mit provokanten Äußerungen polarisiert hatte, sorgte zuletzt mit Aussagen in einem Interview der Zeitschrift «Lettre International» für Empörung. Vor allem zwei Sätze werden kritisiert: «Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate.» Und: «Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert.»
Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft deshalb, ob ein Anfangsverdacht der Volksverhetzung vorliegt. Der Zentralrat der Juden in Deutschland wirft Sarrazin geistige Nähe zu den Nazis vor. Sarrazin selbst lehnt einen vielfach geforderten Rücktritt als Bundesbankvorstand ab. Indirekt hatte ihm das auch Bundesbankpräsident Weber nahe gelegt. Medienberichten zufolge hatte Weber offenbar vergeblich versucht, Sarrazin von der Veröffentlichung seiner umstrittenen Interviewäußerungen abzubringen. (ap)