Berlin. Mit seiner Ausländerschelte war Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin in die Schusslinie geraten. Jetzt ergibt eine Umfrage, dass eine Mehrheit der Deutschen Sarrazin Recht gibt. Ein Großteil der arabischen und türkischen Einwanderer sei "weder integrationswillig noch integrationfähig".

Mit seinen umstrittenen Äußerungen zu Ausländern stößt Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin einer Umfrage zufolge mehrheitlich auf Zustimmung. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage für die «Bild am Sonntag» stimmten 51 Prozent der 501 Befragten Sarrazins Aussage zu, ein Großteil der arabischen und türkischen Einwanderer sei «weder integrationswillig noch integrationsfähig». 39 Prozent der Befragten lehnten diese These ab. Nur Grünen-Wähler stimmen der Aussage mit 64 Prozent mehrheitlich nicht zu (Ja: 24 Prozent).

Die größte Zustimmung gibt es mit 59 Prozent bei Unionswählern (Nein: 31 Prozent), gefolgt von Linke-Wählern, von denen 55 Prozent Sarrazins Ansicht teilen (Nein: 36 Prozent). Von den Anhängern der FDP stimmten 54 Prozent Sarrazin zu (Nein: 42 Prozent), bei den SPD-Wählern waren es 50 Prozent (Nein: 42 Prozent). 69 Prozent der Befragten finden sogar, es sei richtig, dass Sarrazin eine Debatte über Integration angestoßen hat. Nur 22 Prozent meinen, er hätte besser seinen Mund gehalten. Die Befragung fand am vergangenen Donnerstag statt.

Der Agent provocateur

Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), schreibt in der «Super Illu», Sarrazins «Rundumschlag zur Integrationsproblematik» sei zwar «nicht wirklich hilfreich, sondern verstärkt nur die Gräben zwischen den Sozialromantikern und denen, die eine gleichermaßen engagierte wie intervenierende Integrationspolitik fordern, weil Integration nun einmal nicht von selbst geschieht». Gleichwohl sei seine Analyse «den Realitäten sicherlich schon sehr nahe gekommen».

Sarrazin habe «einmal mehr den Agent provocateur gegeben. Schade, dass ihm seine Analysen erst jetzt aufgegangen sind», schreibt Buschkowsky. In Deutschland lebende Ausländer hätten eine «Verpflichtung zur Integration». Die «Adoption des Sozialsystems als alleinige Lebensgrundlage und die Konservierung tradierter Lebens- und Familienriten reichen dazu nicht aus», erklärte der SPD-Politiker. «Dort, wo der Integrationswille zu schwach ist, müssen wir einschreiten und klarmachen, dass gesellschaftliche Leistungen auch mit der Erwartung einer Gegenleistung verbunden sind.»

DIW-Präsident fordert Integrationsministerium auf Bundesebene

Im Umfeld von Sarrazins Ausländerschelte äußerte sich auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann. Er hat die Einrichtung eines Bundesministeriums für Zuwanderung und Integration gefordert. «Eine wachsende Facharbeiterlücke bedroht Wohlstand und Wachstum. Die Wende schaffen wir nur, wenn wir unseren Arbeitsmarkt weit öffnen», schreibt Zimmermann in «Bild am Sonntag». Deshalb seien «gesteuerte Zuwanderung und Integration zentrale Zukunftsfragen» und Aufgaben, die wie in anderen Staaten oder etwa in Nordrhein-Westfalen in einem Ministerium gebündelt werden müssten. Ein solches Ministerium wäre ein «kräftiges Signal für eine neue Politik».

Zimmermann kritisierte, dass «viel zu lange» verdrängt worden sei, «dass wir längst ein Einwanderungsland sind». Viele der in Deutschland lebenden Migranten seien, «obwohl lange im Land, weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich hinreichend integriert». Deutschland brauche «in Zukunft mehr denn je die besten Köpfe aus aller Welt, um im globalen Wettbewerb mithalten zu können».

Die Äußerungen des Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin zur Ausländerfrage versteht Zimmermann «als ernsten Weckruf": Dass wir nämlich unsere Hausaufgaben nicht erledigt und eine verfehlte Zuwanderungs- und Integrationspolitik betrieben haben.» So dürften Kinder nicht schon in eine Spirale des sozialen Abstiegs geraten, nur weil sich ihre Eltern für Deutschland entschieden hätten. (ap/afp)

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