Bochum. Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist nach Ansicht der am Projekt beteiligten Ärzte in der Modellregion Bochum-Essen gescheitert. Die Karte soll Ärzte, Krankenkassen und Apotheken stärker miteinander vernetzen und Kosten senken. Doch im Alltag gibt es massive Probleme.
Die Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte ist nach Ansicht der am Projekt beteiligten Ärzte in der Modellregion Bochum-Essen gescheitert. Software-Pannen, ein geringer Nutzwert für Patienten und Ärzte und massive Schwierigkeiten im alltäglichen Betrieb seien nur einige Probleme, mit denen die Mediziner in der Testregion zu kämpfen hätten. Darüber hinaus gibt es starke sicherheitstechnische Bedenken. Die FDP fordert deshalb, das Projekt grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen.
„Nach den vorliegenden Erkenntnissen erschließt sich für keinen der Testärzte der Mehrwert der elektronischen Gesundheitskarte”, sagt Hans-Peter Peters, Bochumer Urologe und ärztlicher Projektleiter in der Testregion Bochum-Essen. Seit über zwei Jahren wird die Gesundheitskarte in 24 Praxen der beiden Städte getestet. Die Karte soll Ärzte, Krankenkassen und Apotheken stärker miteinander vernetzen und durch einen schnellen elektronischen Datenaustausch die Kosten im Gesundheitswesen senken.
Sorgenkind elektronisches Rezept
Die beteiligten Ärzte hatten sich damals freiwillig gemeldet, um an dem Projekt teilzunehmen. „Weil wir vom Sinn der Gesundheitskarte überzeugt waren”, sagt Hans-Peter Peters. Doch jetzt zeige sich, dass es im Alltagsbetrieb massive Probleme gebe.
Sorgenkind ist vor allem das elektronische Rezept. „In unserer Testregion ist das elektronische Rezept gestorben”, sagt Peters. Schuld daran sei vor allem die mangelnde Geschwindigkeit bei der Datenverarbeitung. Bei einem einwandfrei funktionierenden System dauere das Ausstellen eines Rezepts 30 Sekunden, bei vielen Kollegen dauere es mehr als zwei Minuten, sagt Peters. Benötige ein Patient mehr als ein Medikament, verdoppele oder verdreifache sich die Zeit der Rezeptausstellung. Das sei im Alltag völlig inakzeptabel. „Nicht auszudenken, was passiert, wenn die Gesundheitskarte bundesweit eingeführt wird und an einem Montagmorgen 3,5 Millionen Menschen in die Praxen strömen”, so Peters.
Probleme mit Datenschutz
Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Gesundheitskarte heftig umstritten. Bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages konnten die Vertreter der bei der Planung federführenden Firma Gematik nach Angaben von Teilnehmern nicht glaubhaft machen, dass das System keine Sicherheitslücken aufweist. „Auf Nachfragen reagierte die Gematik ausweichend”, sagt Daniel Bahr, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, der WAZ. Auch aus diesem Grund fordern die Liberalen die Prüfung von Alternativen mit einer dezentralen Speicherung von Daten.
Im NRW-Gesundheitsministerium gibt man sich derweil zurückhaltend. „Wir moderieren die Einführung der Gesundheitskarte nur”, sagte gestern eine Sprecherin.