Essen. Die elektronische Gesundheitskarte kommt mit drei Jahren Verspätung. Ab heute wird die E-Card im Krankenkassen-Bezirk Nordrhein gestartet. Bis Ende 2010 soll die Einführung deutschlandweit abgeschlossen sein. Die wichtigsten Fragen und Antworten haben wir zusammengestellt.

Wer muss zuerst die elektronische Gesundheitskarte beim Arztbesuch vorlegen?

Die E-Card wird zuerst im Bezirk Nordrhein eingeführt, etwa in Duisburg, Essen, Mülheim, Oberhausen, Düsseldorf und Köln. Nach und nach werden acht Millionen gesetzlich Versicherte im Bezirk die neue Karte erhalten. Zum Ende des Jahres hält die E-Card laut NRW-Gesundheitsministerium dann auch in Westfalen-Lippe Einzug.

Welche Änderungen bringt die neue Karte mit sich?

Auf der Karte werden in der ersten Version zunächst nur Name, Anschrift und Geburtsdatum gespeichert. Neu ist das Foto des Versicherten, das Versicherungs-Betrug vorbeugen soll. Später soll die Karte der Schlüssel zu weiteren Leistungen sein. Geplant ist, dass Patienten sich in Arztpraxen mit einer Geheimnummer anmelden, um dem Arzt Zugriff auf eine elektronische Patientenakte zu gewähren. Erprobt wird auch, ob auf dem Speicherchip der Karte ein elektronisches Rezept abgespeichert werden kann.

Wo hakt es noch?

70 Millionen Fotos

Die Kassen stehen zurzeit vor dem Problem, Bilder von rund 70 Millionen Versicherten anzufordern, die auf die neue elektronische Gesundheitskarte gedruckt werden. In der Testphase hat sich allerdings gezeigt, dass Versicherte oft ungenügende Fotos einreichen, die nicht biometrischen Anforderungen genügen. Die Gesundheitskarte wird allerdings nur mit einem biometrisch korrekten Bild ausgeliefert.

Die elektronische Gesundheitskarte liegt nicht im Zeitplan, hinkt gut drei Jahre hinterher. Nach Informationen der Freien Ärzteschaft sind im Bezirk Nordrhein erst ein Drittel der Arztpraxen mit entsprechenden Lesegeräten für die Karten ausgestattet, nur ein Bruchteil der Versicherten habe bereits eine entsprechende E-Card erhalten. „Zudem werden die Fotos nicht auf ihre Echtheit geprüft”, sagt Martin Grauduszus, Präsident der Freien Ärzteschaft. Probleme gibt es auch noch beim elektronischen Rezept und dem elektronischen Arztbrief. Beide Anwendungen kosteten Ärzte in der Testphase wesentlich mehr Zeit als die bisherigen papiergestützten Methoden. Nach Willen des NRW-Gesundheitsministeriums werden nur Anwendungen den Weg auf die Karte finden, die sich auch im Testbetrieb als ausgereift erwiesen haben.

Laut Branchenverband Bitkom geht allerdings kein Weg an der Einführung der E-Card vorbei. „Bislang herrschten schon fast anachronistische Zustände im deutschen Gesundheitswesen”, sagt Verbandspräsident Prof. August-Wilhelm Scheer. Bei der Datenverarbeitung habe das deutsche Gesundheitssystem einen Rückstand von mehr als zehn Jahren gegenüber der Wirtschaft. „Deshalb ist die Einführung der Gesundheitskarte ein notwendiger Schritt”, so Scheer zur WAZ.

Sind die Daten auf der E-Card überhaupt sicher?

Nach bisherigen Planungen sollen zahlreiche Daten wie die elektronische Patientenakte nicht dezentral auf dem Chip der Karte, sondern auf einem zentralen Rechner gespeichert werden. Der Patient gibt bei einem Arztbesuch dann den Zugriff auf seine Daten frei. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, bezeichnete das Verfahren jüngst als ausgereift.

Was kostet die Einführung der Gesundheitskarte?

NRW bezuschusst die Einführung der E-Card jährlich mit rund 500 000 Euro. Laut NRW-Gesundheitsministerium gibt es zehn verschiedene Kostenträger, insofern lasse sich nur schwer ermitteln, wieviel Geld in das Projekt geflossen sei. Nach Informationen des Branchendienstes Bitkom hätten am Projekt beteiligte Unternehmen bereits 325 Millionen Euro investiert, einige seien bereits ausgestiegen.

Nach einem bereits 2006 vorgestellten Gutachten der Beratungsgesellschaft Booz Allen Hamilton summieren sich die Kosten für die Einführung der Gesundheitskarte auf über 13,5 Milliarden Euro. Dem stünde ein Nutzen im Wert von 14 Milliarden Euro gegenüber – unter dem Strich eine Einsparung von rund einer halben Milliarde Euro. Allerdings, so das Gutachten, rechne sich die Einführung der Karte nur, wenn weitere Leistungen wie das elektronische Rezept auch genutzt würden.