Die Elektronische Gesundheitskarte erweist sich im Praxistest in Bochum und Essen als wenig gangbare Lösung.

Bochum. „Insellösungen bringen uns nicht weiter.” Hans-Peter Peters Urteil über die elektronische Gesundheitskarte fällt vernichtend aus. Der ärztliche Projektleiter der Modellregion Essen-Bochum ist enttäuscht von den Verantwortlichen, die das Projekt kordinieren: „Das sind Techniker, die leben in einer völlig anderen Welt.” Und: „Berlin bremst uns aus.”

Gemeint ist die in der Hauptstadt ansässige Gematik, die Firma, die die Datenautobahnen baut, die die Gesundheitskarte erst möglich machen. Zu oft seien Vorgaben und Software-Lösungen verändert worden. Und die Firmen, die die Systeme für die Praxen programmierten, seien bis auf wenige Ausnahmen nicht mit vollem Einsatz dabei. Die Systeme arbeiteten unzureichend mit der Technik für die neue Karte zusammen. Das hemme auch den Datenfluss zwischen den Praxen.

Der Bochumer Urologe fürchtet, dass die Gesundheitskarte in ihrer jetzigen Form nicht einmal eine Ausweitung der Patientenzahlen in der Testphase von derzeit 10 000 auf 100 000 in der Modellregion standhalten wird.

Auch der Patient, der eigentlich einen Nutzen von der Gesundheitskarte haben sollte, könnte zu einem Bremsklotz für das Prestigeprojekt des Bundesgesundheitsministeriums werden. Die geplante Karte speichert nämlich nicht nur so genannte Stammdaten eines Versicherten wie seinen Namen, den Wohnort und sein Geburtstag, sondern soll auch mögliche Vorerkrankungen, Medikamentierungen und eventuelle Allergien und Infektionen dokumentieren. Jeder Eintrag in diese elektronische Akte bedarf aber der Zustimmung des Patienten. Projektleiter Peters fürchtet, viele Patienten könnten aus Angst vor Datenschutzlücken darauf verzichten, Angaben zu machen, was eine Behandlung nur mit Daten vom Karten-Chip unmöglich macht.

„Doch nur, wenn all diese Optionen genutzt werden, macht die Karte erst Sinn”, so Mediziner Peters. „Bislang ist sie nur eine Krankenkassenkarte mit Foto.” Damit sei es zwar möglich, den Missbrauch von Leistungen vorzubeugen, den Mehraufwand, der in den Praxen entstehe, werde das System aber nicht gerecht.

„Zum Glück bleibt uns nach Einführung der Gesundheitskarte noch immer die Möglichkeit, ein Papierrezept auszustellen”, sagt Peters. Wenn sich nichts an den Missständen ändere, würden die Kollegen davon wohl auch rege Gebrauch machen.