München. Die finanzielle Lage von Porsche ist Medienberichten zufolge dramatischer als bisher bekannt. Unterdessen hat der VW-Betriebsrat angekündigt, die Sonderregeln des VW-Gesetzes absichern und Porsche einbeziehen zu wollen. Die EU hatte zuvor das VW-Gesetz wieder in Frage gestellt.

Die finanzielle Lage des Sportwagenherstellers Porsche ist dem Nachrichtenmagazin «Focus» zufolge dramatischer als bisher bekannt. Porsche sprach zuletzt von einer Verschuldung in Höhe von neun bis zehn Milliarden Euro. Doch bei der Marathonsitzung in der Nacht zum Donnerstag seien andere Zahlen auf den Tisch gekommen, berichtet das Magazin am Samstag vorab. Demnach haben die Stuttgarter einen Schuldenberg von rund 14 Milliarden Euro angehäuft, vor allem durch den Kauf von VW-Aktien auf Pump sowie den Rückgang im Autogeschäft. Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern wäre Porsche ohne Einigung mit VW in etwa zwei Wochen zahlungsunfähig gewesen.

Dabei sei längst nicht klar, welche finanziellen Risiken sich noch beim Luxuswagenbauer verbergen, schreibt «Focus» weiter. Bereits im April seien Arbeitsgruppen mit Vertretern beider Unternehmen eingesetzt worden, die sich um die Details einer Verschmelzung kümmern sollten. Doch die VW-Truppe habe intern beklagt, sie habe bis heute keine konkreten Zahlen über die finanzielle Situation von Porsche erhalten. In den nächsten Tagen wollen die VW-Experten anfangen, alle Bilanzen und Berichte von Porsche sorgfältig zu prüfen. Erst danach entscheide sich, wie hoch der Kaufpreis sein werde. VW will spätestens bis Jahresende 49,9 Prozent der Porsche AG übernehmen, den Rest im nächsten Jahr.

Erst 2011 wird der neue Konzern dem Magazin zufolge wohl endgültig geformt sein. Laut internen VW-Unterlagen sehen die Besitzverhältnisse dann wie folgt aus: Den Familien Porsche und Piech sollen rund 34 Prozent gehören, dem Land Niedersachsen etwas über 20 Prozent sowie dem Staatsfonds aus Katar 19 Prozent. Zu den Eigentümern des geplanten Fahrzeuggiganten sollen dann auch die Arbeitnehmer gehören. Die Beschäftigten sollen einen Anteil von zwei bis fünf Prozent am Konzern erhalten.

VW-Betriebsrat will Sonderregeln absichern und Porsche einbeziehen

Der Betriebsrat von Volkswagen will die Sonderregeln für das Unternehmen, die dem Land Niedersachsen und der Belegschaft spezielle Rechte garantieren, zusätzlich absichern. Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte der «Süddeutschen Zeitung», die Regeln des VW-Gesetzes sollten im neuen Unternehmen, das zusammen mit Porsche entsteht, von allen Beteiligten in einer Grundlagenvereinbarung festgeschrieben werden. «Wir haben das VW-Gesetz immer für alle Standorte angewandt. Und das wird auch so bleiben. »Insofern werde das VW-Gesetz dann auch für die Porsche-Belegschaft gelten.

«Gegen die Stimmen der Belegschaftsvertreter im Aufsichtsrat können dann keine Werke verlagert oder gar geschlossen werden.» Die Belegschaft wolle sicher gehen, dass der Zusammenschluss der Unternehmen und die künftige finanzielle Lage nicht zu Lasten der Arbeitnehmer und ihrer Jobs gingen.

Osterloh sagte weiter, er gehe auch davon aus, dass der Europäische Gerichtshof - wenn die EU-Kommission das noch mal aufs Tableau heben wolle - zu der Überzeugung kommen würde, dass das VW-Gesetz europarechtskonform sei. «Aber wenn irgendwo Gefahr droht, ist es besser, dass man mit zwei Auffangnetzen arbeitet. Wenn es um Arbeitnehmerrechte geht am besten drei.»

EU stellt VW-Gesetz wieder in Frage

Nach dem Vereinigungsbeschluss von Volkswagen und Porsche will die EU-Kommission die Rechtmäßigkeit des VW-Gesetzes nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» erneut prüfen. Ein Kommissionssprecher sagte, seine Behörde werde im September beraten, ob sie Deutschland wegen des Gesetzes zum zweiten Mal nach 2007 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt.

Die Sonderregelung war in den 60er Jahren geschaffen worden, um eine feindliche Übernahme des Konzerns auszuschließen. Sie sichert dem Land Niedersachsen ein Vetorecht in wichtigen strategischen Fragen sowie bei Standortentscheidungen und war auch ausschlaggebend dafür, dass der Versuch von Porsche, VW zu kaufen, scheiterte. Stattdessen erwirbt nun Volkswagen Porsche.

Der EuGH hatte das Gesetz bereits 2007 für unvereinbar mit europäischem Recht erklärt, weil es den freien Kapitalverkehr einschränke. Die Bundesregierung besserte die Regelung daraufhin nach, ließ den Passus, wonach wichtige Beschlüsse einer Kapitalmehrheit von 80 Prozent bedürfen, aber bestehen. Damit behielt das Land Niedersachsen seine Sperrminorität. Es hält 20,01 Prozent.

Der Sprecher von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy sagte, es sei «offen, ob auch das nachgebesserte Gesetz gegen die Europäischen Verträge verstößt». Die zuständigen Gremien würden im September über einen neuen Anlauf beraten. McCreevy hatte ein neues Vertragsverletzungsverfahren bereits angedroht, wurde aber nicht tätig. (ddp)