Essen. Unternehmer halten Austritt Deutschlands aus der EU, wie ihn die AfD fordert, für Irrsinn. Initiativkreis Ruhr warnt im Podcast vor Populisten.

Wenige Tage vor der Europawahl am 9. Juni warnen hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Ruhrwirtschaft vor populistischen Parteien und rufen zur Wahl auf. Ein Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union, wie ihn die AfD fordert, wäre „Wahnsinn“ und „eine Katastrophe“, sagt Vonovia-Chef Rolf Buch in seiner Eigenschaft als Moderator des Wirtschaftsbündnisses Initiativkreis Ruhr im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“. Die Abwendung Deutschlands von der EU wäre „irre“, meint auch Co-Moderator Andreas Maurer, der hauptberuflich als Unternehmensberater für die Boston Consulting Group arbeitet.

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Sie schalten Anzeigen in Tageszeitungen und veröffentlichen in den sozialen Medien eindringliche Bekenntnisse zu Europa und gegen Populisten. Unter www.initiativeeuropa.de sind die Statements von Vertreterinnen und Vertretern der 70 Mitgliedsunternehmen des Initiativkreis Ruhr wie Thyssenkrupp, Hochtief, RWE, Eon, Evonik, Uniper oder Klöckner & Co abrufbar.

Auch BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer unterstützt den Aufruf des Initiativkreises Ruhr, am 9. Juni zur Eurpawahl zu gehen.
Auch BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer unterstützt den Aufruf des Initiativkreises Ruhr, am 9. Juni zur Eurpawahl zu gehen. © Jürgen Fromme /firo Sportphoto | Jürgen Fromme

„Auch wenn die Bundesliga unser Brot und Butter-Geschäft ist (...), so ist der europäische Wettbewerb besonders reizvoll“, sagt etwa Carsten Cramer, Geschäftsführer des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund, in seinem Video. „Wir haben es in der Champions-League mitbekommen, was wir bewegen können, welche Stärken in Europa liegen. (...) In diesem Sinne lebt ein starker nationaler Wettbewerb von einer tollen internationalen Umgebung. Deshalb halten wir Europa für eine tolle Sache, nicht nur im Fußball.“

Im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ betonen die beiden Moderatoren des Initiativkreises Ruhr, dass der Anstoß zu der Europa-Kampagne von den Mitgliedsfirmen selbst gekommen sei. „Das kommt aus dem tiefen Herzen der Überzeugung“, sagt Rolf Buch. „Wir alle sind sehr davon überzeugt, dass Europa nicht egal ist, und deswegen haben wir uns zu Wort gemeldet.“

Initiativkreis Ruhr warnt vor Populisten

Buch, der hauptberuflich den Bochumer Dax-Konzern Vonovia führt, der mit mehr als einer halben Million Wohnungen als größter Vermieter in Europa gilt, zeichnet ein düsteres Bild und hält das Szenario „Dexit“ für schier undenkbar. Sollten sich Rechtspopulisten wie die AfD aber durchsetzen und Deutschland aus der EU austreten, sieht er nicht nur die Ruhrwirtschaft vor dem Abgrund. „Für die nordrhein-westfälische Wirtschaft, die mitten im Zentrum sitzt, wäre das der Exitus“, warnt der Top-Manager. Kein Unternehmen bliebe „ungeschoren“. Viele Unternehmen würden dann aufgeben müssen.

Andreas Maurer (l.) und Rolf Buch sind Moderatoren des Wirtschaftsbündnisses Initiativkreis Ruhr.
Andreas Maurer (l.) und Rolf Buch sind Moderatoren des Wirtschaftsbündnisses Initiativkreis Ruhr. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Andreas Maurer erinnert im Podcast an die weitreichenden Konsequenzen, die der Austritt Großbritanniens aus der EU, der sogenannte Brexit, vor einigen Jahren hatte. „Auf einmal hatten die Engländer zu wenige Lkw-Fahrer und zu wenige Krankenschwestern. Da stand ein Teil des Gesundheitssystems vor dem Zusammenbruch, weil die Leute keine Arbeitserlaubnis mehr hatten.“ Der Co-Moderator des Initiativkreises Ruhr mag sich gar nicht ausmalen, was ein solches Szenario für „unseren Schmelztiegel Ruhrgebiet“ bedeuten könnte. Maurer: „Die Leute würden ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie nicht mehr EU-Bürger wären. Da könnten wir aber hier mal gucken, wie wir die Infrastruktur am Laufen halten. Allein schon der Gedanke wäre irre.“

Um die skizzierten Verwerfungen zu verhindern, ruft der Initiativkreis Ruhr dazu auf, am 9. Juni wählen zu gehen und auf dem Stimmzettel das Kreuz bei einer pro-europäischen Partei zu machen. Rolf Buch appelliert, Politikerinnen und Politiker zu wählen, „von denen wir glauben, dass sie die Fähigkeit haben, die Probleme richtig zu analysieren und die richtigen Entscheidungen zu fällen. „Am Ende des Tages wird kein Populist die Handynetze im Zug verbessern. Und die Wohnungsnot ist auch nicht mit populistischen Maßnahmen zu beheben, sondern indem wir neue Häuser bauen“, erklärt der Manager.

Vonovia-Chef Rolf Buch: Populisten sind gefährlich für unser Land

Nach Buchs Überzeugung gibt es in diesen Kriegszeiten keine einfachen Antworten auf die vielen Krisen. „Deshalb sind Menschen, die jetzt mit einfachen Antworten schnell Stimmen sammeln, gefährlich für unser Land, für den europäischen Zusammenhalt und letztlich auch für unsere gesellschaftliche Stabilität“, so Buch.

Die Moderatoren des Initiativkreises Ruhr machen im Podcast deutlich, dass auch sie sich weniger Bürokratie und schnellere Entscheidungen in Europa und Deutschland wünschen. Andreas Maurer, der als Sohn eines EU-Beamten in Brüssel aufgewachsen ist, bricht aber auch eine Lanze für den vielfach kritisierten Verwaltungsapparat in Europa. „Diese Bürokratie hat durchaus auch Gutes vollbracht“, sagt der Unternehmensberater und nennt als Beispiel den Klimaschutz. Einheitliche Abgasgrenzwerte für Autos in allen EU-Ländern helfe der Umwelt und erleichtere die Arbeit der Autoindustrie. Maurer betont, dass das Problem ganz woanders liege: „Die Wirtschaft fühlt sich gegängelt, weil zu viel eingegriffen wird, statt zu sagen, Politik setzt jetzt die richtigen Anreize.“

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