Essen. Eon, RWE, Evonik und Thyssenkrupp: Welcher Chef hat wie viel Geld erhalten? Millionengehälter steigen teils trotz einer Krise.
Einen großen Gehaltssprung verzeichnet Eon-Chef Leonhard Birnbaum. Um mehr als 18 Prozent ist die Vergütung für den Vorstandsvorsitzenden von Deutschlands größtem Energiekonzern gestiegen – auf rund 6,42 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2023. Ein Jahr zuvor waren es 5,42 Millionen Euro. Innerhalb von zwei Jahren konnte der Manager für seine Tätigkeit an der Konzernspitze mehr als 11,8 Millionen Euro verbuchen.
Mit dem Zuwachs bei seiner Vergütung überholt Birnbaum auch seinen Konzernnachbarn Markus Krebber, der den Essener Energieversorger RWE führt. Mit rund 6,4 Millionen Euro für das Jahr 2023 verzeichnet der RWE-Chef nur eine leichte Gehaltsverbesserung – nach knapp 6,23 Millionen Euro ein Jahr zuvor.
Das geht aus den Vergütungsberichten der Unternehmen hervor, die nun vorliegen. Zwischen seitenlangen Erläuterungen und teils komplexen Tabellen veröffentlichen die Konzerne, wie viel Geld die Vorstandsmitglieder jeweils bekommen.
Auch die im Frühjahr 2023 ausgeschiedene Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hat im zurückliegenden Geschäftsjahr 2022/23 eine Gehaltssteigerung erhalten. Die Gesamtvergütung für die Managerin lag bei knapp drei Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 2,59 Millionen Euro. Dabei war der Vertrag von Martina Merz Unternehmensangaben zufolge zum 31. Mai 2023 aufgelöst worden. Im zurückliegenden Geschäftsjahr führte sie den Konzern also lediglich acht Monate lang. Beim Rückzug von Merz hatte das Unternehmen erklärt, dass die Managerin auf eine Abfindung verzichte.
Ihr Nachfolger Miguel López erhielt zum Start einen Drei-Jahres-Vertrag. Die Gesamtvergütung von López im Geschäftsjahr 2022/23 beträgt 931.000 Euro, wie Thyssenkrupp in der Jahresbilanz erklärt. Der frühere Siemens-Manager ist allerdings erst ab Juni für den Essener Industriekonzern tätig. Da bei Thyssenkrupp das Geschäftsjahr traditionell im September endet, handelt es sich also um die Bezahlung für vier Monate.
Ein spürbares Gehaltsplus verbucht auch der Chef des Essener Chemikalienhändlers Brenntag, Christian Kohlpaintner, der 3,81 Millionen Euro für seine Arbeit im Jahr 2023 erhält – zuvor waren es 3,14 Millionen Euro. Beim Chef des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger, bleibt die Vergütung mit 3,56 Millionen Euro stabil (Vorjahr: knapp 3,59 Millionen Euro).
Vier Millionen Euro für Vonovia-Chef Rolf Buch – weniger als im Jahr zuvor
Es gibt auch Vorstandsvorsitzende, die Gehaltseinbußen verzeichnen, wenngleich die Vergütung nach wie vor millionenschwer bleibt. So muss sich der Chef des Bochumer Wohnungskonzerns Vonovia, Rolf Buch, mit etwa 4,02 Millionen Euro für das Jahr 2023 begnügen. Im Geschäftsjahr zuvor standen ihm Unternehmensangaben zufolge noch knapp 5,29 Millionen Euro für seine Managertätigkeit zu. Angesichts gesunkener Immobilienpreise hat Vonovia im vergangenen Geschäftsjahr vor allem aufgrund von Abschreibungen auf den Gebäudebestand einen Verlust von knapp 6,8 Milliarden Euro verbucht.
Auch Deutschlands Chemieindustrie steht unter Druck. Gleichwohl steigt die Vergütung von Evonik-Chef Christian Kullmann um knapp 39 Prozent auf rund 3,5 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der Pensionszusagen liegt die Gesamtvergütung für Kullmann bei rund vier Millionen Euro.
Auf Anfrage erklärt Evonik, die Festvergütung von Kullmann habe sich im Jahr 2023 nicht geändert. Die Jahrestantieme für den Vorstandschef, also die kurzfristige erfolgsabhängige Vergütung, sei mit 581.000 Euro etwa halb so hoch gewesen wie 2022, da es zuletzt im Unternehmen wirtschaftlich deutlich schlechter gelaufen sei als zuvor. Positiv für Kullmann hätten sich hingegen „langfristige Gehaltskomponenten“ („long-term incentives“) ausgewirkt. Diese seien 2022 nicht ausgezahlt worden, 2023 habe Kullmann aus dieser Vergütungskategorie etwa 1,5 Millionen Euro erhalten. So erkläre sich die höhere Zahlung an den Chemiemanager.
Auch Covestro-Chef verzeichnet trotz Branchenkrise Zuwächse
Beim Chemiekonzern Covestro verzeichnet der Vorstandschef ebenfalls einen deutlichen Zuwachs. Die Vergütung von Markus Steilemann steigt von knapp 2,53 Millionen Euro auf rund 4,34 Millionen Euro. Auch das Gehalt von Steilemann setzt sich aus festen und variablen Bestandteilen zusammen. Das feste Jahresgehalt des Covestro-Chefs beträgt Unternehmensangaben zufolge rund 1,3 Millionen Euro und ist im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent erhöht worden.
Die einjährige variable Vergütung für das Jahr 2023 erreicht aufgrund des erzielten Geschäftsergebnisses 645.000 Euro, während Aufsichtsrat und Vorstand für das Vorjahr 2022 aufgrund des schlechten Geschäftsverlaufs beschlossen hatten, dass weder Vorstand noch Belegschaft einen kurzfristigen variablen Bonus erhalten sollten.
Variable Vergütung gibt Ausschlag für hohen Gehaltsanstieg
Eine langfristige variable Vergütung, die Steilemann erhält, soll die Kursentwicklung der Covestro-Aktie über einen Zeitraum von vier Jahren widerspiegeln, erklärt das Unternehmen. Diese habe sich sowohl in absoluten Zahlen als auch im Vergleich zu einem Branchenindex zwischen den Jahren 2020 und 2023 erheblich besser entwickelt als zwischen 2019 und 2022, weshalb sich auch diese Gehaltskomponente stark erhöht habe, und zwar von 418.000 Euro im Vorjahr auf knapp 1,89 Millionen Euro. Die Aktie von Covestro ist auch angesichts von Spekulationen über eine mögliche Übernahme durch die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) gestiegen.
Der Wert zur Bilanzierung der betrieblichen Altersversorgung für Covestro-Chef Steilemann, der sogenannte „Dienstzeitaufwand“, sei indes aufgrund des gestiegenen Rechnungszinses im Vergleich zum Vorjahr gesunken – von 835.000 auf 487.000 Euro. Unter dem Strich stehe ein Anstieg der Vergütung für den Manager von knapp 2,53 Millionen Euro auf 4,34 Millionen Euro.
Um sicherzustellen, dass die Vergütung der Vorstandsmitglieder „in einem angemessenen Verhältnis zu anderen Unternehmen und zur Covestro-Belegschaft“ stehe, gebe es vom Aufsichtsrat regelmäßig eine gesetzlich vorgeschriebene Prüfung mithilfe eines unabhängigen externen Beratungsunternehmens, betont der Konzern.
Beim Leverkusener Pharma- und Chemiekonzern Bayer ist der Vergütungsbericht geprägt vom Führungswechsel an der Spitze des Unternehmens. Der US-Manager Bill Anderson ist vom Pharmakonzern Roche nach NRW gewechselt, was bei Bayer millionenschwere Ausgaben ausgelöst hat. So hat Bayer dem neuen Vorstandschef Anderson eigenen Angaben zufolge unter anderem 3,8 Millionen Euro als „einmalige Ausgleichszahlung“ für entgangene Vergütungsansprüche beim vorherigen Arbeitgeber überwiesen. Insgesamt beziffert das Unternehmen die Vergütung, die seit dem Amtsantritt Anfang April für das Jahr 2023 geflossen sei, mit 6,49 Millionen Euro.
Thyssenkrupp, Bayer und Eon – noch ehemalige Vorstandsmitglieder auf Gehaltsliste
Auf der Gehaltsliste von Bayer stand auch noch der mittlerweile ausgeschiedene Vorstandschef Werner Baumann. Als Vergütung für Baumann im Jahr 2023 sind laut Geschäftsbericht 8,09 Millionen Euro vorgesehen. Davon seien knapp 2,6 Millionen Euro ausgezahlt worden, so das Unternehmen, darüber hinaus habe der Konzern Rückstellungen für künftige Überweisungen an den Manager vorgenommen.
Auch bei andern Großkonzernen können sich frühere Vorstandsvorsitzende teils noch Jahre nach ihrem Ausscheiden über hohe Zahlungen ihrer einstigen Arbeitgeber freuen. So erhielt der einstige Chef des Essener Energieversorgers Eon, Johannes Teyssen, Unternehmensangaben zufolge rund 4,37 Millionen Euro im vergangenen Jahr – davon etwa 1,06 Millionen Euro als „Ruhegeld“ und „Übergangszahlung“. Hinzu kommen Überweisungen, die sich durch variable Vergütungen für mehrere Jahre in der Vergangenheit ergeben.
Im Geschäftsbericht von Thyssenkrupp taucht noch das ehemalige Vorstandsmitglied Donatus Kaufmann mit einem Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von rund 1,85 Millionen Euro auf. Der Name des einstigen Vorstands Johannes Dietsch findet sich sowohl bei Thyssenkrupp (557.000 Euro) als auch bei Bayer (120.000 Euro) im Vergütungsbericht. Dokumentiert sind unter anderem auch Zahlungen an die früheren Top-Manager Klaus Engel (Evonik, 780.000 Euro), Marijn Dekkers (Bayer, 716.000 Euro) und Bernhard Reutersberg (Eon, 598.000 Euro).