Essen. Wer verdient am besten im Westen? Die Chefgehälter bei den großen Ruhrkonzernen sind millionenschwer. Auch ehemalige Vorstände werden bedacht.
Der Spitzenverdiener bei den großen Ruhrgebietskonzernen ist Markus Krebber, der Vorstandschef des Essener Energieversorgers RWE. Wie aus dem Geschäftsbericht hervorgeht, hat sich die Zahlung an Krebber für 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent erhöht – auf 6,23 Millionen Euro. Damit erhielt der RWE-Chef ein deutlich höheres Gehalt als sein Konzernnachbar Leonhard Birnbaum, der den Energieriesen Eon führt. Birnbaums Vorstandsvergütung für das zurückliegende Geschäftsjahr beträgt Unternehmensangaben zufolge 5,42 Millionen Euro – rund 250.000 Euro mehr als im Jahr zuvor.
Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sieht die Gehaltsentwicklung kritisch. „Dass ausgerechnet bei den Energieversorgern die Vergütungen der Chefs gestiegen sind, ist kaum noch zu vermitteln. Es passt nicht ins Gesamtbild einer Energiekrise“, sagte Tüngler unserer Redaktion. „Gerade bei den Energiekonzernen ist die Brisanz mit den Händen zu greifen.“
Bei den Revierkonzernen Vonovia aus Bochum sowie Thyssenkrupp und Evonik aus Essen sind die Chefgehälter im vergangenen Geschäftsjahr allerdings gesunken. Ihrem Chef Rolf Buch überwies Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia rund 4,26 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 6,05 Millionen Euro. Die scheidende Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz bekam mit 2,59 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2021/22 deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum (3,64 Millionen Euro). Auch Christian Kullmann, Chef des Essener Chemiekonzerns Evonik, hat deutliche Gehaltseinbußen. Seine Vorstandsvergütung rutschte von 3,56 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 2,52 Millionen Euro für das vergangene Jahr.
Beim Essener Chemikalienhändler Brenntag blieb das Gehalt für den Chef annähernd stabil. Christian Kohlpaintner erhielt Unternehmensangaben zufolge 3,14 Millionen Euro für seine Arbeit im vergangenen Jahr (Vorjahr: 3,13 Millionen Euro).
Große Unterschiede bei Durchschnittsgehältern in Belegschaften der Ruhrkonzerne
Zum Vergleich werden in den Geschäftsberichten für 2022 teilweise auch die Durchschnittsgehälter der Arbeitnehmer in Deutschland genannt. Am höchsten ist das Niveau unter den großen Revierkonzernen bei der Brenntag SE mit 110.000 Euro (Vorjahr: 101.000 Euro). Einen Rückgang gibt es bei der Stammbelegschaft des Chemiekonzerns Evonik in Deutschland – von 89.000 Euro auf 85.000 Euro. Deutlich darunter liegen Thyssenkrupp mit 68.000 Euro (Vorjahr: 65.000 Euro) und Vonovia mit 66.700 Euro (Vorjahr: 65.100 Euro).
Auffällig sind in den Bilanzen auch teils hohe Zahlungen, die noch an ehemalige Vorstandsmitglieder fließen. Pensionszusagen und nachträglich ausgezahlte leistungsbezogene Gehaltsbestandteile dürften hierbei oft eine Rolle spielen. Genaue Erläuterungen gibt es in den Bilanzen dazu in aller Regel nicht. „Gerade die hohen Zahlungen an ehemalige Vorstände lassen einen argwöhnisch und nachdenklich zurück“, sagt Marc Tüngler dazu.
Rund drei Millionen Euro pro Jahr für ehemalige Chefs von Eon und RWE
Bei Thyssenkrupp ist die Liste der ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder, die noch Geld vom Konzern erhalten, lang: In der jüngsten Jahresbilanz reicht sie von Guido Kerkhoff (2,34 Millionen Euro) über Donatus Kaufmann (1,11 Millionen Euro) und Johannes Dietsch (820.000 Euro) bis Heinrich Hiesinger (695.000 Euro). Auch schon seit Jahren ausgeschiedene Manager wie Ralf Labonte (695.000 Euro) und Edwin Eichler (438.000 Euro) werden laut Geschäftsbericht noch von Thyssenkrupp versorgt.
Bei RWE hat der frühere Konzernchef Rolf Martin Schmitz der Bilanz 2022 zufolge Anspruch auf 3,05 Millionen Euro (Vorjahr: 4,17 Millionen Euro). Der Manager ist Mitte 2021 ausgeschieden. Beim früheren Eon-Chef Johannes Teyssen – ausgeschieden Ende März 2021 – sind es drei Millionen Euro (Vorjahr: 5,96 Millionen Euro). Auch bei Brenntag bekommt mit Markus Klähn ein ehemaliges Vorstandsmitglied eine hohe Zahlung: 2,3 Millionen Euro. Im Vergleich dazu sind 773.000 Euro für den früheren Evonik-Vorstandschef Klaus Engel noch überschaubar.
„Für uns ist klar: Vorstände sollten sich selbst um ihre Altersvorsorge kümmern. Pensionszusagen in Millionenhöhe fallen aus der Zeit und sind fehl am Platze“, sagt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. „Bei den anstehenden Hauptversammlungen werden die Vergütungen sicherlich vielerorts ein Thema sein. Kritische Nachfragen sind zu erwarten.“