Düsseldorf. Die militärische Bedrohungslage in Europa beschert Rheinmetall Rekordzahlen. Warum der Wert der Aktie immer weiter nach oben geht.

Angesichts der unsicheren militärischen Lage in Europa will der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall seine Produktion von Waffenmunition insbesondere für die Ukraine massiv ausweiten und zum Marktführer in der westlichen Welt aufsteigen. „Deutschland und Europa waren nie so unsicher nach dem Kalten Krieg“, sagt Vorstandschef Armin Papperger am Donnerstag in Düsseldorf bei der Vorlage der Rekordbilanz für das Geschäftsjahr 2023.

Papperger spricht vom Anbruch einer „neuen sicherheitspolitischen Dekade“. Rheinmetall sei „dankbar, entscheidende Beiträge dazu leisten zu können, die Wehrfähigkeit unseres Landes wieder herzustellen“. Dabei hat der Manager nicht nur die Kriege in Israel und in der Ukraine im Blick. Sorge machen ihm auch die „Polarisierung in den USA“ und niemand wisse, was im Pazifik vor sich gehe, sagt Papperger und kündigt an: „Wir werden schnell zur Verfügung stellen, was Soldaten brauchen.“

Rheinmetall plant Munitionsfabrik in der Ukraine

Im laufenden Jahr strebt Rheinmetall an, 600.000 bis 700.000 Schuss Munition zu produzieren. „Fast alle gehen in die Ukraine“, erklärt der Rheinmetall-Chef. In Kürze sei der erste Spatenstich für eine Munitionsfabrik in der Ukraine geplant. Im niedersächsischen Unterlüß läuft der Aufbau einer weiteren Fertigungsstätte. Bis Mitte 2027 will das Unternehmen global 1,1 Millionen Schuss Munition pro Jahr herstellen.

„Ich sehe niemand in der westlichen Welt, der dazu in der Lage ist“, hebt Papperger die führende Rolle des Düsseldorfer Konzerns hervor. Die deutsche Bundesregierung habe einen Rahmenvertrag über 2,2 Millionen Schuss Munition in Aussicht gestellt, allein in diesem Jahr wolle die Ampel-Koalition „weit mehr als zehn Milliarden Euro“ bereitstellen. Schätzungen zufolge ist allein die Ukraine auf 1,8 bis 2,4 Millionen Artilleriegranaten pro Jahr angewiesen, um russische Angriffe abzuwehren.

Rheinmetall-Chef Armin Papperger will den Umsatz im laufenden Jahr auf zehn Milliarden Euro steigern.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger will den Umsatz im laufenden Jahr auf zehn Milliarden Euro steigern. © dpa | Henning Kaiser

Rheinmetall will nicht nur die Munition, sondern auch den dazugehörenden Sprengstoff selbst herstellen. „Nitroglycerin produzieren wir selbst, um Pulver zu machen“, sagt Papperger. Das „größte Risiko“ sei Linter. Das Nebenprodukt der Herstellung von Baumwolle kommt in erster Linie aus China und ist für die Produktion von Patronen unerlässlich. Der Vorstandsvorsitzende will nicht ausschließen, dass Rheinmetall eine eigene Linter-Fertigung aufbaut.

In Zeiten einer veränderten Bedrohungssituation in Europa verbucht Rheinmetall nicht nur zahlreiche Großaufträge der Bundeswehr und anderer Streitkräfte für Munition. Die Düsseldorfer liefern auch Panzer, Militär-Lastwagen und Flugabwehr-Technik. Auch der Ukraine ist Rheinmetall nach eigenen Angaben ein wichtiger Partner geworden und liefert taktische Fahrzeuge, Munition für Gepard-Flakpanzer und mobile Feldlazarette.

Ladebordstein für E-Autos

Der Konzernumsatz erhöhte sich im vergangenen Jahr vor allem im Geschäft mit den militärischen Kunden. Als führender Ausrüster der Landstreitkräfte bedient Rheinmetall kurz- und mittelfristig den signifikant gestiegenen Bedarf insbesondere mit Kampffahrzeugen, Militär-Lkw und Munition, aber auch bei Drohnen und im Feld der Digitalisierung. Im zivilen Geschäft hingegen verzeichnet der Konzern nur leichtes Umsatzwachstum. In seiner Automotive-Sparte bietet der Konzern den sogenannten Ladebordstein an, der Elektrofahrzeuge günstiger und schneller mit Strom betanken könne als herkömmliche Ladesäulen.

Für das Geschäftsjahr 2024 prognostiziert Rheinmetall angesichts des sicherheitspolitischen Umfelds ein anhaltend starkes Umsatz- und Ergebniswachstum. Erstmals in der Konzerngeschichte soll das prognostizierte Umsatzvolumen die Größenordnung von zehn Milliarden Euro erreichen. Rheinmetall konnte den Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) im vergangenen Geschäftsjahr auf fast eine Milliarde Euro steigern. Beim operativen Ergebnis verzeichnete der Konzern ein Plus von 19 Prozent auf 918 Millionen Euro.

„Die Weichen sind auf weiteres Wachstum und steigende Profitabilität gestellt“, so Papperger. „Bei allem, was wir tun, ist es unser vorrangiges Ziel, der Bundeswehr und den Streitkräften unserer Verbündeten und Freunde ein leistungsfähiger Partner zu sein und so vor allem dem Frieden in Europa zu dienen. Dabei ist es uns ein Herzensanliegen, der Ukraine mit allen Kräften bei ihrem Überlebenskampf zu helfen. Dieser Verantwortung stellen wir uns aus voller Überzeugung.“

Rheinmetall: Auftragsbestand bei 38,3 Milliarden Euro

Der Rheinmetall-Konzern erzielte im Geschäftsjahr 2023 einen Konzernumsatz von 7,176 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von zwölf Prozent. Der Auslandsanteil am Konzernumsatz erhöhte sich im Berichtsjahr auf rund 76 Prozent, nach 71 Prozent im Vorjahr. Am 31. Dezember 2023 lag der Rheinmetall-Auftragsbestand bei 38,3 Milliarden Euro und erreichte damit nach 26,6 Milliarden Euro im Vorjahr einen neuen Höchstwert. Auf dieser Grundlage wird der am 14. Mai 2024 stattfindenden Hauptversammlung vorgeschlagen, für das Geschäftsjahr 2023 eine Dividende von 5,70 Euro je Aktie auszuzahlen, nach 4,30 Euro im Jahr zuvor.

Die guten Zahlen treiben auch den Aktienkurs. Im vergangenen Jahr lag das Plus bei insgesamt fast 55 Prozent. Am Donnerstag, 14. März, legte das Rheinmetall-Papier zeitweise noch einmal um 4,63 Prozent auf 440,80 Euro zu.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier: