Essen. Galeria-Eigner René Benko scheint zum Rückzug aus der Signa-Gruppe bereit. Warum Sanierer Arndt Geiwitz der starke Mann bei Signa werden soll.
Der Machtkampf in der wirtschaftlich angeschlagenen Signa-Gruppe spitzt sich zu. Der Gründer und Selfmade-Milliardär René Benko scheint zum Rückzug bereit zu sein. Alle Hoffnungen der Investoren ruhen nun auf dem Sanierer Arndt Geiwitz, der bereits zweimal den Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof durch Insolvenzverfahren gebracht hat. Dort geht die Unsicherheit weiter.
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Über Jahre konnte René Benko mit seinem immer weiter wachsenden Firmengeflecht aus Immobilien, Handelsketten und Beteiligungen an Medienhäusern auskömmlich leben. Ein Schloss in Österreich, eine Yacht in Südfrankreich und viele Champagner-Partys warfen die Geschäfte ab. Benkos Erfolgsrezept, unter Wert genutzte Immobilien in guten Lagen aufzumöbeln und mit Gewinn wieder zu verkaufen, zog zahlreiche Geldgeber in den Bann der Signa-Gruppe, deren Wert auf 20 Milliarden Euro geschätzt wird. Unter ihnen sind auch die Essener RAG-Stiftung und der Duisburger Unternehmer und Fressnapf-Gründer Torsten Toeller.
Baustelle Carschhaus in Düsseldorf betroffen
Hohe Kreditzinsen, steigende Baukosten und eine durch die Inflation gesunkene Konsumneigung setzen nun aber auch Signa zu. Nach Medienberichten soll die wirtschaftliche Lage des verschachtelten Benko-Imperiums so schlecht sein, dass Rechnungen wie beim Carschhaus in Düsseldorf nicht mehr bezahlt werden können, in Hamburg und Stuttgart Baustellen stillgelegt werden und Signa prestigeträchtige Immobilien verkaufen muss.
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Die Signa-Holding, schreibt der Spiegel, soll schon im vergangenen Jahr eine halbe Milliarde Euro Verlust angehäuft haben. Die Nachrichtenagentur Bloomberg meldet, dass die Entwicklungsgesellschaft Development, an der die RAG-Stiftung beteiligt ist, unter Liquiditätsproblemen zu leiden habe. Zudem sollen Schulden in Milliardenhöhe die Signa-Gruppen belasten.
Über die schlechte Lage soll Benko seine Gesellschafter aber nur sehr nebulös informieren. Er sei abgetaucht, berichten Medien. Am vergangenen Dienstag sollen sich laut Spiegel dann die wichtigsten Geldgeber in einer Videokonferenz zusammengeschaltet haben – erstmals ohne Benko: Lindt & Sprüngli-Präsident Ernst Tanneri, Strabag-Großaktionär Hans Peter Haselsteiner, Kaffeemaschinen-Unternehmer Arthur Eugster sowie Fressnapf-Gründer Torsten Toeller und Mitglieder der südamerikanischen Logistik-Kette Arduini. Erstmals in der Runde war offenbar der Schlecker- und Galeria-Sanierer Arndt Geiwitz, der Benko schon eine Weile beraten soll.
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Die vermögenden Gesprächsteilnehmer verfassen einen Brief an den Signa-Gründer, in dem sie ihm das Vertrauen entziehen. Am Freitag dann tritt Investor Haselsteiner, der 15 Prozent an der Signa-Holding hält, im österreichischen Hörfunk auf. Im Mittagsjournal des Senders Ö1 erklärt der Unternehmer, Benko sei zum Rückzug bereit. Die operative Führung des Imperiums solle Sanierer Geiwitz übernehmen. „Die Gesellschafter haben den Schritt zustimmend und auch positiv zur Kenntnis genommen, weil das Vertrauen in Herrn Geiwitz vorhanden ist“, sagte Haselsteiner dem Radiosender.
Poker um Macht und Milliarden bei Signa
Eine Meldung der Wiener Kronen Zeitung von Freitagmittag, der zufolge Benko seine Stimmrechte bereits an Geiwitz übertragen habe, scheint offenbar voreilig verbreitet worden zu sein. Auf Anfrage unserer Redaktion will ein Geiwitz-Sprecher die Nachricht nicht bestätigen. Und auch Haselsteiner sagt im Radio, dass es bis zu einer finalen Entscheidung noch einige Tage dauern könne. Der Poker um Macht und Milliarden im Signa-Reich scheint noch anzudauern.
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In Deutschland dürften vor allem die 12.500 Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof den „Putschversuch gegen Benko“, wie einige Medien schreiben, mit Unbehagen verfolgen. Sie haben zwei Insolvenzverfahren in nur drei Jahren hinter sich. Tausende Arbeitsplätze und Dutzende Warenhäuser sind seither von der Bildfläche verschwunden. Die Frauen und Männer verzichten immer noch auf bis zu 5000 Euro pro Jahr, um ihr Unternehmen zu unterstützen. Nun stellen sie sich die Frage, ob die von Benko zugesagten 200 Millionen Euro zur Modernisierung der Filialen tatsächlich an die Essener Konzernzentrale überwiesen werden.
Wieder Unsicherheit bei Galeria
Sollte Sanierer Geiwitz tatsächlich der neue starke Mann bei Signa werden, muss er das Tochterunternehmen Galeria jedenfalls nicht lange durchleuchten. Er kennt jeden Winkel in Deutschlands einzig verbliebenem Warenhauskonzern, nachdem Benko ihn beide Insolvenzen hat managen lassen. Geiwitz brachte die Galeria-Gläubiger dazu, auf insgesamt mehr als drei Milliarden Euro zu verzichten. Als größter Gläubiger verlor der deutsche Staat in diesem Jahr mit rund 600 Millionen Euro am meisten.
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Im Sommer 2014 hatte Benko Karstadt von der einstigen Lichtgestalt Nicolas Berggruen übernommen. 2019 holte er sich den Konkurrenten Kaufhof hinzu. Die Erwartungen an den Milliardär aus Wien waren groß. Zwei Insolvenzen später sorgt nun die Krise von Benkos Immobilien-Imperium erneut für Unsicherheit unter den Galeria-Beschäftigten.