Köln. Rewe rechnet mit weiter steigenden Preisen für Lebensmittel, will sie aber nicht voll weitergeben. Hohe Nachfrage nach Eigenmarken.

Obwohl sich die Kurve der Preissteigerungen abgeflacht hat, werden sich Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland auf eine weitere Verteuerung von Lebensmitteln einstellen müssen. „Wir sehen aktuell extrem viele Preiserhöhungen, die zum Teil unverständlich sind“, sagt Hans-Jürgen Moog, Einkaufsvorstand des Kölner Handelsriesen Rewe, im Hinblick auf laufende Verhandlungen mit großen Herstellern wie Nestlé, Mars oder Unilever.

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Während die Ketten Edeka und Netto wegen des Preispokers mit dem Mars-Konzern bereits Produkte wie Miracoli, Snickers und Frolic ausgelistet haben, hat der US-Konzern mit Rewe und Aldi Süd eine Einigung erreicht. „Wir haben in allen Bereichen in der Regel eine Lösung erreicht“, meint Moog. Hersteller und Händler von Lebensmitteln leiden gleichermaßen unter gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen, die seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor gut einem Jahr deutlich in die Höhe geschnellt sind.

Rewe hat Preise für über 300 Artikel gesenkt

Trotz aller Preiserhöhungen, die Produzenten im laufenden Jahr werden durchdrücken wollen, sieht Rewe-Chef Lionel Souque aber auch Entspannungstendenzen. „Wir haben im vergangenen Jahr für mehr als 300 Artikel die Preise wieder gesenkt“, sagte er am Dienstag bei der Vorlage der Bilanz der Rewe Group in Köln. So koste eine Flasche Sonnenblumenöl bei Rewe inzwischen nicht mehr 3,99 Euro wie auf dem Höhepunkt der Lieferengpässe im vergangenen Jahr, sondern nur noch 2,69 Euro. Damit koste Sonnenblumenöl aber immer noch rund 50 Prozent mehr als vor dem Krieg. Eine Entspannung sieht Souque auch beim Weizenpreis. Zucker habe sich 2022 indes um 102 Prozent verteuert, Reis um 39 Prozent.

Rewe-Chef Lionel Souque bezeichnet die Bilanz für das vergangene Jahr als solide.
Rewe-Chef Lionel Souque bezeichnet die Bilanz für das vergangene Jahr als solide. © dpa | Rolf Vennenbernd

Bei der Bilanzvorlage vor einem Jahr hatte Souque angekündigt, dass er Preiserhöhungen nicht in vollem Umfang an seine Kundinnen und Kunden weiterreichen und dafür auf Marge verzichten wolle. Er scheint Wort gehalten zu haben: Im vergangenen Jahr steigerte die Rewe-Gruppe zwar ihren Umsatz um 10,4 Prozent auf fast 85 Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss des Kölner Konzerns – also ohne die in den Zahlen der Rewe-Gruppe berücksichtigten selbstständigen Rewe-Händler und ohne Beteiligungsunternehmen – lag mit 503,5 Millionen Euro um 33,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

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Allein in Deutschland habe Rewe „einen dreistelligen Millionenbetrag investiert“, um die Preissprünge in Grenzen zu halten. Auf Dauer könne sein Unternehmen die Preissprünge aber nicht deckeln, so Souque. Die hohe Inflation spürt der Konzern auch an anderen Stellen in seiner Bilanz. „Die Discounter wachsen stärker als die Supermärkte“, sagt Souque. Während die 2135 Penny-Filialen in Deutschland ein Umsatzplus von 8,9 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro einfuhren, steigerten die mehr als 3700 Rewe-Supermärkte ihre Erlöse nur um 6,1 Prozent auf 28,4 Milliarden Euro. Der Löwenanteil des Wachstums wird den Preissteigerungen zugeschrieben.

Nachfrage nach Eigenmarken explodiert

„Die Kunden sind sehr preissensibel“, meint Einkaufschef Moog. Aus diesem Grunde wachse auch in den Supermärkten das Geschäft mit den Eigenmarken. „Für unsere Marke ,ja‘ sehen wir ein großes Umsatzpotenzial, das zeitweise sogar explodiert“, sagt Moog. „Zeitweise können wir die Nachfrage gar nicht bedienen.“ Vor einigen Jahren sei Rewe mit rund 700 ja-Artikeln gestartet. Inzwischen seien es bis zu 1300. „Es gibt einen totalen Fokus auf Eigenmarken“, erklärt der Rewe-Vorstand. „Wir müssen schon darauf aufpassen, dass wir auch noch Marken verkaufen.“

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Nach zwei Jahren Corona-Pandemie hat sich auch das Touristikgeschäft, das Rewe unter dem Namen DER führt, erhöht. Der Umsatz habe sich 2022 auf 5,7 Milliarden Euro mehr als verdoppelt und fast das Vorkrisenniveau erreicht, teilte Konzernchef Souque mit. Sein Unternehmen hat Interesse bekundet, denn Wettbewerber FTI übernehmen. Von Journalisten darauf angesprochen sorgte Souque für Verwirrung, als er antwortete, „mit FTI und Schauinsland ist nichts unterschrieben. Wir sind aber gesprächsbereit.“ Ein Rewe-Sprecher erklärte auf Anfrage, bei der Antwort sei es zu einem „Missverständnis“ gekommen.

Verwirrung um Rewe-Interesse an Schauinsland

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Ob Rewe tatsächlich Interesse am Duisburger Familienunternehmen Schauinsland hat, blieb offen. Sein geschäftsführender Gesellschafter Gerald Kassner jedenfalls zeigte sich verwundert. „Wir gehen von einem Versprecher von Herrn Souque aus. Rewe und Schauinsland sind in dieser Hinsicht nicht in einem Dialog“, sagte Kassner unserer Redaktion.