Essen. Vor dem Verkauf wird der Energiekonzern Steag aufgeteilt. Auch die Fernwärme und Geschäfte rund um Atomkraftwerke wechseln zur „grünen Tochter“.
Angesichts von Verkaufsplänen für den Essener Energieversorger Steag formuliert Konzernchef Andreas Reichel Wachstumsziele für die Firmentochter Iqony, die zum Jahreswechsel gestartet ist. In dem Unternehmen mit neuem Namen bündelt die Steag Solar-, Wind-, Geothermie-, Energiespeicher und Wasserstoff-Projekte sowie Gaskraftwerke und Ingenieur-Dienstleistungen.
Der bereinigte Gewinn (Ebitda) von Iqony soll bis zum Jahr 2027 auf 350 Millionen Euro steigen, sagte Reichel im Gespräch mit unserer Redaktion. Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis seinen Angaben zufolge bei rund 240 Millionen Euro – bei einem Umsatz von rund 1,3 Milliarden Euro. „Wir haben anspruchsvolle Wachstumsziele“, sagte Reichel.
Im Zuge der Aufspaltung soll ein großer Teil der Belegschaft zur neuen Tochterfirma wechseln. Zu Iqony (gesprochen „Eikoni“) sollen Unternehmensangaben zufolge rund 2300 Beschäftigte gehören, davon gut 2000 in Deutschland. Das Kraftwerksgeschäft der Steag (3200 Beschäftigte) – unter anderem mit großen Standorten in Duisburg, Herne, im Saarland und im türkischen Iskenderun – werde künftig den Namen Steag Power tragen.
Die Steag will auch ihr Fernwärme-Geschäft umbenennen. Es soll Iqony Fernwärme heißen, wie Reichel sagte. Das Essener Unternehmen ist einer der größten Fernwärme-Anbieter im Ruhrgebiet. Rechnerisch versorgt die Steag etwa 275.000 Haushalte. Auch große Wohnungsbau-Unternehmen gehören zu den Kunden. Für die Fernwärme-Haushalte ändere sich nichts, betonte Reichel.
Rund 1000 Steag-Beschäftigte in Indien
Geschäftsaktivitäten rund um den Rückbau von Atomkraftwerken siedelt die Steag ebenfalls bei der neuen Tochterfirma Iqony an. Rund 1000 Mitarbeitende in Indien sollen indes – anders als zunächst geplant – bei Steag Power angesiedelt werden. Steag-Chef Reichel zeigte sich offen dafür, das indische Geschäft zu verkaufen.
Ralf Schiele, einer der Steag-Geschäftsführer, erklärte, die neue Tochterfirma Iqony wolle die
Wachstumsziele unter anderem durch Investitionen in Solar-, Wind- und Speicherprojekte erreichen. Einen eigenen Iqony-Chef beruft die Steag nicht, stattdessen soll die bisherige Führung auch den Teilkonzern leiten.
Mit dem ähnlichen Namen Icony firmiert bereits eine „Flirt-, Partner- und Freizeitbörse“ im Internet. Die Steag-Führung betont, in der Namensähnlichkeit kein Problem zu sehen.
Steag-Chef Reichel hatte die Aufspaltung im Frühjahr 2022 angekündigt. Zum damaligen Zeitpunkt ging er noch davon aus, dass zunächst rund 1900 Beschäftigte zum schwarzen Bereich gehören – und 3800 zum grünen. Dass nun deutlich weniger Mitarbeitende zu Iqony wechseln als zunächst geplant, hat dem Vernehmen nach insbesondere mit einer Zuordnung des indischen Energieservice-Geschäfts zum schwarzen Konzernteil zu tun.
Zweiteilung – aber Konzern soll als Ganzes verkauft werden
Die aufwändige Zweiteilung der Steag, die den Projektnamen „Sunrise“ – Sonnenaufgang – trägt, ist bemerkenswert, schließlich soll das Unternehmen nach Darstellung der Konzernleitung als Ganzes verkauft werden. Noch gehört die Steag sechs Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet, die vor mehr als zehn Jahren eingestiegen sind. Für insgesamt etwa 1,2 Milliarden Euro übernahmen die kommunalen Betriebe den Energieversorger vom Chemiekonzern Evonik.
Nach einigen Querelen wollen die Stadtwerke aus Essen, Bochum, Duisburg, Dortmund, Oberhausen und Dinslaken wieder aussteigen. Die Gründung eines grünen Teilkonzerns solle „Investoren eine Finanzierung erleichtern“, hatte unter anderem Bochums Stadtwerke-Chef Dietmar Spohn erklärt. Schließlich würden einige Investoren ihr Geld nur noch in grüne Unternehmen stecken. Zwar erleben die Steag-Kohlekraftwerke angesichts des Ukraine-Kriegs kurzfristig einen Aufschwung, sie gelten aber weiterhin als Auslaufmodell. Sollte nur noch – so wie es sich mit dem derzeitigen Plan abzeichnet – das Wachstumsgeschäft der Marke Iqony übrigbleiben, könnte auch der Name Steag Geschichte sein.