Essen. Beim Essener Energieversorger Steag steht eine Aufspaltung an: Es sollen zwei Teilkonzerne entstehen – für den grünen und den schwarzen Bereich.

Der Essener Energieversorger Steag wird aufgeteilt. Durch die Aufspaltung sollen zwei Teilkonzerne entstehen: ein Unternehmen mit Geschäften rund um erneuerbare Energien und ein Betreiber von Kohlekraftwerken. Steag-Chef Andreas Reichel spricht von einer Aufteilung „in einen grünen und einen schwarzen Bereich“. Zum Jahreswechsel wolle die Steag mit beiden Teilkonzernen an den Start gehen.

Derzeit gehört die Steag mehreren Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet, die vor mehr als zehn Jahren eingestiegen sind. Für insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro übernahmen die kommunalen Betriebe den traditionsreichen Essener Energieversorger vom Chemiekonzern Evonik. Mittlerweile wollen die Steag-Städte – Essen, Bochum, Duisburg, Dortmund, Oberhausen und Dinslaken – wieder aussteigen.

„Nach der Aufteilung der Steag sind wir für jedes denkbare Investorenszenario vorbereitet“, betont Steag-Chef Reichel im Gespräch mit unserer Redaktion. „Durch die Zweiteilung eröffnen sich uns mehrere Optionen: ein getrennter Verkauf der Teilkonzerne ebenso wie eine Veräußerung der Steag als Ganzes.“ Energiemanager Reichel, der vor seinem Wechsel zur Steag jahrelang in Diensten des Branchenriesen Eon stand, bezeichnet es als wahrscheinlich, dass Investoren sowohl am grünen als auch am schwarzen Bereich der Steag interessiert sein werden.

„Ein mögliches Szenario ist auch, dass wir unsere Kraftwerke in eine Stiftung einbringen, wenn dies von der Politik gewollt ist. Zu Gesprächen mit der Bundesregierung sind wir bereit“, sagt Reichel. Schon vor einigen Wochen hatte er erklärt, auch eine „Gesellschaft für Versorgungssicherheit“ wäre denkbar. Ähnlich äußerte sich

Steag-Chef Andreas Reichel: „Durch die Zweiteilung eröffnen sich uns mehrere Optionen: ein getrennter Verkauf der Teilkonzerne ebenso wie eine Veräußerung der Steag als Ganzes.“
Steag-Chef Andreas Reichel: „Durch die Zweiteilung eröffnen sich uns mehrere Optionen: ein getrennter Verkauf der Teilkonzerne ebenso wie eine Veräußerung der Steag als Ganzes.“ © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

unlängst RWE-Vorstandschef Markus Krebber, der in diesem Zusammenhang auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP verwies, in dem ein Stiftungsmodell als mögliche Option für die Kohlekraftwerke genannt wird. Im Ruhrgebiet hat die Steag unter anderem in Herne und Duisburg große Kraftwerksstandorte.

5700 Stellen bei der Steag betroffen

Nach Darstellung von Reichel sollen die Beschäftigten der Steag im Laufe der kommenden Monate den beiden Konzern-Bereichen zugeordnet werden, „in enger Abstimmung mit unseren Arbeitnehmervertretern“, wie er betont. „Die Zuordnung der Beschäftigten innerhalb weniger Monate ist ein anspruchsvoller Prozess. Dessen sind wir uns bewusst.“ Nach derzeitigem Stand sollen zunächst rund 1900 Beschäftigte zum schwarzen und 3800 zum grünen Bereich gehören.

„Vor dem Start der neuen Teilkonzerne müssen wir noch eine Fülle steuerlicher und gesellschaftsrechtlicher Fragen klären“, erklärt Reichel. „Dazu gehört auch, ob die neuen Unternehmen ebenso wie die bisherige Steag eine GmbH sein werden.“ Veränderungen mit Blick auf den Unternehmenssitz in Essen seien nicht geplant. Auch die Geschäfte, die in Saarbrücken beheimatet sind, sollen dort weiterhin ihren Sitz haben.

Kohlekraftwerke im Ausland stehen zum Verkauf – Ausnahme Türkei

Die Steag war viele Jahre lang Deutschlands größter Produzent von Strom aus Steinkohle. Doch mit der Energiewende und wachsender Konkurrenz durch Windkraft und Photovoltaik geriet das Unternehmen stark unter Druck. Angesichts des Krieges in der Ukraine ändert sich die Lage abermals. Es habe „eine Neubewertung des Kohlegeschäfts“ gegeben, sagt Reichel. „Wir sehen, dass unsere Kohlekraftwerke gebraucht werden. Das hilft uns bei der Neuaufstellung unseres Unternehmens.“ Klar sei aber auch: „Es bleibt beim Kohleausstieg. Das Zukunftsgeschäft ist der grüne Bereich.“ Auch das Kohlegeschäft im Ausland wolle der Essener Energiekonzern veräußern, mit Ausnahme des Steag-Kraftwerks im türkischen Iskenderun. In Kolumbien und auf den Philippinen betreibt der kommunale Energiekonzern derzeit ebenfalls Kohlekraftwerke.

Das Ziel von Steag-Chef Reichel ist, das Erneuerbare-Energien-Geschäft so schnell wie möglich auszubauen. Die Steag ist zudem das größte Fernwärmeunternehmen Nordrhein-Westfalens. „Die grüne Steag ist das Wachstumsgeschäft. Schon jetzt trägt dieser Bereich rund 100 Millionen Euro zum operativen Ergebnis bei“, sagt Reichel.

Bis zum Abschied der Ruhrgebiets-Stadtwerke von der Steag werden noch einige Monate ins Land gehen. „Den Verkaufsprozess möchten wir Mitte nächsten Jahres starten“, kündigt Reichel an. „Es gibt spürbares Interesse von potenziellen Investoren, aber noch keine Gespräche.“ Das Management habe auch geprüft, ob ein Börsengang sinnvoll wäre, sagt er auf Nachfrage. „Ein Börsengang wäre allerdings sehr komplex und würde mehr Zeit erfordern als das, was wir nun vorhaben.“

Aufwärtstrend im vergangenen Jahr

Im vergangenen Geschäftsjahr verzeichnete die Steag einen Aufwärtstrend. Wie aus dem nun vom Aufsichtsrat gebilligten Konzernabschluss hervorgeht, erhöhte sich der Konzernumsatz Unternehmensangaben zufolge um rund 37 Prozent auf knapp 2,8 Milliarden Euro – nach rund zwei Milliarden Euro im Vorjahr. Das Konzernergebnis nach Steuern, das im Jahr 2020 noch bei minus 170,3 Millionen Euro lag, verbesserte sich auf 307,6 Millionen Euro.

Auch der Personalabbau, der bei der Steag mit Blick auf die seit 2020 gesetzlich verankerte Beendigung der Kohleverstromung in Deutschland beschlossen worden sei, komme „planmäßig voran“, so die Steag. Geplant sei ein Abbau von rund 1000 Stellen im Inland. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt um knapp 400 auf rund 5700 gesunken. Für das aktuelle Geschäftsjahr erwartet die Steag-Geschäftsführung bei allen relevanten Kennzahlen eine Verbesserung gegenüber den Jahreswerten von 2021.

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