Düsseldorf. Mit einem Kohlendioxid-Minderungskonzept für das Ruhrgebiet wollte Wulf Bernotat, der Moderator des Initiativkreises Ruhr und EON-Chef, punkten. Doch anstatt auf die große Lösung fürs gesamte Revier verständigten sich die Mitglieder des Initiativkreises jetzt nur auf eine kleine.
Große Gedanken scheitern nicht selten an kleinen Hindernissen. Dieses insbesondere im Ruhrgebiet nicht ganz neue Phänomen hat jetzt der Moderator des Initiativkreises Ruhr, Wulf Bernotat, schmerzhaft zu spüren bekommen. So sollte eines der maßgeblichen Projekte seiner Amtszeit sein, das Ruhrgebiet als Innovations-Trendsetter auch in Sachen Klimaschutz darzustellen. Ein Kohlendioxid-Minderungskonzept fürs gesamte Ruhrgebiet sollte her, Low Carbon Ruhr genannt. So ward es im März beschlossen von den Oberen des Initiativkreises, dem so ziemlich alle Unternehmen und deren Chefs angehören, die an Rhein und Ruhr einen Namen haben. So weit der große Gedanke.
Eine Beerdigung erster Klasse
Was folgte, war eine Beerdigung erster Klasse. Zu groß war die Sorge einiger Initiativkreis-Mitglieder, die wie Thyssen-Krupp, RWE oder Evonik zu den Großemittenten von CO2 zählen, das Industriegebiet an der Ruhr säge sich mit Hilfe einer Potenzialanalyse des Wuppertal Instituts den vielzitierten eigenen Ast ab.
Zwar heißt es in internen Papieren, die Studie solle sehr wohl berücksichtigen, dass das Ruhrgebiet keine Dienstleistungsregion ist. Zugleich ist aber die Rede von der „Bestimmung einer gleichermaßen ambitionierten wie realistischen Zielgröße für eine Minderung der Treibhausgasemissionen bis 2050”. Besser gesagt: Es war die Rede davon.
Die Irritationen darüber, dass sich Industriekonzerne in die Hand einer Analyse ausgerechnet des als grün und kohlefeindlich geltenden Wuppertal Instituts begeben solle, bekamen sodann eine eigene Dynamik. Vorvergangenen Mittwoch beerdigte die entsprechende Arbeitsgruppe das Vorhaben mit dem trockenen Satz: „Eines der ursprünglichen Ziele der Potenzialstudie, quantifizierbare Potenziale der CO2-Reduzierung bis 2050 für die gesamte Metropole Ruhr darzustellen, wird im Rahmen dieses Projektes nicht weiterverfolgt.”
Am Montag segnete die Chef-Ebene wichtiger beteiligter Großunternehmen den neuen Kurs ab, anwesend von den Vorstandvorsitzenden waren neben Bernotat Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz, Hochtief-Boss Herbert Lütkestratkötter. RWE schickte einen Bereichsleiter, Evonik den Steag-Chef, Initiativkreis-Geschäftsführer Peter Lampe war im Urlaub.
Moderator Wulf Bernotat, im Hauptberuf Eon-Chef, will von einem Scheitern nichts wissen. Davon „kann überhaupt keine Rede sein. Aufgrund einer nicht belastbaren Datenbasis haben wir uns entschieden, keine groß angelegte Potenzialstudie zur Emissionsminderung für das gesamte Ruhrgebiet zu erstellen. Die Studie zur Innovation in den Bereichen Energieeffizienz und Ressourcenschonung konzentriert sich jetzt auf eine Pilotregion.”
Eine Niedrig-Energiestadt als Vorzeigeprojekt
Diese Niedrig-Energiestadt, genannt „Innovation City”, soll nun im Ruhrgebiet an einem noch nicht ausgewählten Ort Technologien bündeln und exemplarisch aufzeigen, was alles geht in Sachen Energieeffizienz: von Wärmedämmung, Niedrigenergiehäusern, Elektromobilität bis hin zur Sonnenenergie.
„Wir wollen alle für den Pilotraum relevanten Innovationen gebündelt an einem Standort im Ruhrgebiet präsentieren und umsetzen. Das kann eine kleine Stadt, ein Stadtteil oder ein Quartier sein, in dem die Menschen leben, arbeiten und auch weiterhin ihre Güter produzieren.” Bernotat: „Alle 33 Mitgliedsunternehmen die sich im Projekt Low Carbon Ruhr engagieren, wollen hiermit ein Zeichen setzen und Perspektiven aufzeigen, wo die Zukunft des Ruhrgebiets als innovative Industrieregion liegen kann.”