Düsseldorf. KlöCo-Chef Guido Kerkhoff mahnt einen schnellen Aufbau einer klimafreundlichen Stahlproduktion an. Grüner Stahl werde gebraucht, auch für Panzer.

Guido Kerkhoff zeigt sich überzeugt, dass in naher Zukunft grüner Stahl in allen Lebensbereichen zum Einsatz kommen wird – in Autos, Waschmaschinen und Windrädern zum Beispiel, aber auch in Panzern. Wenn die Bundesrepublik Deutschland überall eine Dekarbonisierung wolle, werde sie auch bei der Beschaffung von Werkstoffen für Waffen entsprechend handeln, sagt der Chef des Duisburger Stahlhändlers Klöckner & Co (KlöCo). Ein anderes Vorgehen werde sich ein Land, das CO2-Neutralität anstrebe, „nicht leisten können“. Bei Panzern werde hauptsächlich Grobblech verwendet – schwere Platten, die künftig auch CO2-frei sein sollten.

Vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) zeichnet der frühere Thyssenkrupp-Chef das Bild einer Branche im Umbruch. Das Duisburger Unternehmen KlöCo gehört mit mehr als 100.000 Kunden zu den weltweit größten produzentenunabhängigen Stahl- und Metallhändlern. Dabei agiert KlöCo an der Schnittstelle von international tätigen Stahlkochern wie Thyssenkrupp und Arcelor-Mittal sowie den Abnehmern aus der Autoindustrie oder der Maschinen- und Anlagenbaubranche. Konzernchef Kerkhoff, der KlöCo seit etwas mehr als einem Jahr führt, will die Produktpalette seines Unternehmens möglichst schnell auf klimafreundliche Werkstoffe umstellen. Dabei habe Stahl bessere Voraussetzungen als beispielsweise Aluminium oder Kohlenstofffaser.

„Ich möchte gerne, dass Thyssenkrupp das schafft“

Die Geschäftsbeziehungen von KlöCo und Thyssenkrupp sind seit Jahren eng. Entsprechend aufmerksam verfolgt Kerkhoff auch die Entwicklung am Standort Duisburg. Hier will Thyssenkrupp eine erste Anlage zur Stahlproduktion unter Einsatz von Wasserstoff statt Kohle errichten. Thyssenkrupp-Finanzchef Klaus Keysberg erklärte vor wenigen Wochen, noch bis zum Jahr 2025 könne der Hochofen 9 in Duisburg weiter betrieben werden, dann solle er durch die neue grüne Technologie abgelöst werden.

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„Ich möchte gerne, dass Thyssenkrupp das schafft und mir wettbewerbsfähig grünen Stahl anbieten kann“, sagt KlöCo-Chef Kerkhoff, wenn er auf die Pläne für den Umbau der Produktion in Duisburg angesprochen wird. Wichtig sei, dass sich Thyssenkrupp mit dem neuen Produkt im internationalen Wettbewerb behaupten könne, betont Kerkhoff in diesem Zusammenhang auch. Wenn das Material in Zukunft billiger bei gleicher Qualität anderswo hergestellt werde, „dann nehme ich doch das, was ich auf dem Markt machen muss“. Einem Händler wie KlöCo bleibe dann keine andere Wahl.

Schon frühzeitig hat KlöCo eine Partnerschaft mit dem schwedischen Unternehmen H2 Green Steel geschlossen, das sich als Produzent von grünem Stahl etablieren will. Bereits im Herbst vergangenen Jahres erklärte KlöCo, jährlich seien bis zu 250.000 Tonnen ab dem Jahr 2025 vorgesehen, was einem erheblichen Anteil am derzeitigen Jahresabsatz in Deutschland entspreche. Die Verarbeitung des von H2GS gelieferten Flachstahls soll vorwiegend die KlöCo-Konzerntochter Becker Stahl-Service übernehmen, die im nordrhein-westfälischen Bönen ein Verteilzentrum mit rund 500 Beschäftigten betreibt. Als potenzielle Kunden für den ersten grünen Stahl hat Kerkhoff insbesondere Kunden in der europäischen Automobil- und der Haushaltsgeräteindustrie im Blick.

„Manchmal ist Deutschland langsam“

Ob er wie beim schwedischen Projekt auch offen für eine Partnerschaft mit Thyssenkrupp sei, wenn grüner Stahl aus Duisburg komme? „Ja, selbstverständlich“, sagt Kerkhoff. Das schwedische Projekt starte voraussichtlich mit einer jährlichen Produktion von 2,5 Millionen Tonnen. „Daran wird nun Thyssenkrupp in Duisburg sicherlich nicht kaputtgehen.“ Thyssenkrupp sei schon jetzt einer der größten Lieferanten von Klöcker & Co. „Wir hoffen, dass die das möglichst schnell, gut und zu wettbewerbsfähigen Konditionen hinkriegen“, sagt Kerkhoff an Thyssenkrupp Steel adressiert.

Deutschlands Branchenprimus Thyssenkrupp Steel hat zuletzt jährlich etwa elf Millionen Tonnen Rohstahl hergestellt. Ab 2030 will Thyssenkrupp pro Jahr rund drei Millionen Tonnen CO2-neutralen Stahl produzieren. Duisburg ist derzeit Europas größter Stahlstandort. Der Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel warnte unlängst davor, dass Deutschlands Stahlindustrie abhängt werden könnte. Die Bundesrepublik dürfe nicht einfach dabei zuschauen, „wie andere Länder auf der grünen Wiese ein Stahlwerk bauen wollen“, sagte Tekin Nasikkol, der Gesamtbetriebsratschef von Thyssenkrupp Steel. Auch KlöCo-Chef Kerkhoff mahnt insgesamt Tempo beim Umbau der heimischen Stahlindustrie an. „Manchmal ist Deutschland langsam“, sagt er.