Essen. Ob Biogas oder Windrad: Das Essener Landgericht soll Spezialgericht für Zivilprozesse aus dem Bereich “Erneuerbare Energien“ werden.

Die NRW-Justiz will sich der Konkurrenz nichtstaatlicher Schiedsgerichte stellen und bietet richterliches Spezialwissen an mehreren Gerichtsstandorten im Land an. "Quality Law", das heißt Qualitäts-Recht, nennt Justizminister Peter Biesenbach (CDU) das Konzept seines Hauses, das er am Montag im Essener Landgericht vorgestellt hat.

Die Qualitätssteigerung soll durch Schwerpunktgerichte gesichert werden. Neben dem Essener Landgericht sind das Bielefeld, Düsseldorf und Köln. Ausschließlich an diesen Gerichten sollen Rechtsstreitigkeiten aus drei Bereichen mit einem Streitwert von über 100.000 Euro verhandelt werden. Biesenbach: "Unternehmen und Rechtssuchende benötigen staatliche Gerichte, die auch in Spezialmaterien dem Anspruch an eine qualitativ hochwertige, effiziente und schnelle Rechtsprechung gerecht werden."

Sitz mehrerer Energieunternehmen

Die Landgerichte Essen und Bielefeld werden zuständig sein für Zivilprozesse aus dem Bereich "Erneuerbare Energien", Düsseldorf für Unternehmenskäufe, Köln für Medientechnik. Michael Kretschmer, Vizepräsident des Essener Landgerichtes, betonte, dass Essen als Stadt mehrerer Energieunternehmen wie RWE, Eon und Steag bereits jetzt Kompetenz in diesem Rechtsgebiet aufweisen könne.

Bei den Zivilprozessen wird es nicht um Genehmigungsverfahren gehen. Diese werden weiterhin vor den Verwaltungsgerichten verhandelt. Thema werden Streitigkeiten beim Betrieb von Windrädern, Biogasanlagen oder Photovoltaikanlagen sein. Etwa wenn sich Hersteller und Käufer nicht einigen können, ob eine Anlage fehlerhaft ausgeliefert worden ist.

Reaktion auf Schiedsgerichte

Die Justiz reagiert damit auf die vor allem von Unternehmen genutzte Möglichkeit, nichtstaatliche Schiedsgerichte anzurufen. Juristen klagen, dass damit eine einheitliche Rechtsprechung nicht mehr gewährleistet sei. Eine Rolle spielt dabei sicher auch die lukrative Einnahme an Gerichtsgebühren, die der staatlichen Justiz dadurch entgeht.

Im Gegensatz zu den OLG-Bezirken Düsseldorf und Köln mit jeweils einem Spezialgericht gibt es im OLG-Bezirk Hamm für "Erneuerbare Energien" gleich zwei spezialisierte Zivilgerichte. Das ist wohl dem Bemühen geschuldet, auch die eher ländlichen Gebiete zu stärken.

Ruhrgebiet wieder einmal geteilt

Tatsächlich wird dadurch einmal mehr das Ruhrgebiet geteilt. Essen wird für das gesamte Rheinland zuständig sein, aber auch für das westfälische Bochum. Der gesamte Dortmunder Landgerichtsbezirk wird sich bei rechtlichen Auseinandersetzungen dagegen nach Bielefeld begeben müssen.

Aber Minister Biesenbach denkt tatsächlich in anderen Dimensionen: Er glaubt, dass auch streitende Parteien aus dem gesamten Bundesgebiet ihren Konflikt an den NRW-Spezialgerichten austragen werden, um die Kompetenz zu nutzen.