Essen. Grüner Wasserstoff soll von Essen aus Kohle, Gas und Erdöl ablösen. Dieses Ziel hat sich der H2UB gesetzt. Was sich dahinter verbirgt.

Uwe Kerkmann hat ein neues Auto. Das allein wäre keine Zeile wert, würde der Neue aus japanischer Produktion nicht Wasserstoff tanken statt Diesel, Benzin oder Strom aus der Steckdose. Und wäre Uwe Kerkmann nicht Geschäftsführer des H2UB. Ha-zwei-was? Hinter den Buchstaben und der Zahlenkonstruktion verbirgt sich eine neue Anlaufstelle für Unternehmen, Start-ups und Forschungseinrichtungen, die sich mit Wasserstoff beschäftigen.

Uwe Kerkmann und sein Team wollen sie zusammenbringen. Es geht um nichts Geringeres als um die ganz großen Fragen, die uns derzeit bewegen: Wie stoppen wir den Klimawandel? Wie kann die Energiewende gelingen? Für den erfahrenen Wirtschaftsförderer aus Düsseldorf lautet die Antwort: mit Hilfe von Wasserstoff. Denn Wasserstoff kann fossile und umweltschädliche Energieträger wie Kohle, Gas oder Öl ersetzen.

Grüner Wasserstoff wird aus erneuerbarer Energie gewonnen

Wasserstoff lässt sich aus Gas gewinnen, aber durch den Einsatz von Strom per Elektrolyseverfahren auch aus Wasser. Wird der dabei eingesetzte Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen, entsteht Wasserstoff CO2-neutral. „Grüner Wasserstoff, das ist das Ziel“, sagt Uwe Kerkmann.

Andre Boschem (l.), Geschäftsführer der EWG, und Uwe Kerkmann (r.), Geschäftsführer H2UB, unterzeichnen den Kooperationsvertrag.
Andre Boschem (l.), Geschäftsführer der EWG, und Uwe Kerkmann (r.), Geschäftsführer H2UB, unterzeichnen den Kooperationsvertrag. © Anders/EWG

Der Bedarf an grünem Wasserstoff wird sich auch auf Jahre gesehen in Deutschland nicht decken lassen, weiß Kerkmann. Dafür wird hierzulande noch zu wenig Strom aus erneuerbarer Energie gewonnen. Leichter herstellen lässt sich grüner Wasserstoff dort, wo ständig die Sonne scheint oder der Wind stetig weht, wie es Kerkmann formuliert, was hierzulande nur selten der Fall ist. Und von dort, wo der Wind kräftig bläst wie an Nord- und Ostsee, muss die gewonnene Energie aufwendig über Hunderte Kilometer gen Süden transportiert werden.

Der Bedarf an sauberer Energie aber ist groß, gerade im Ruhrgebiet. So ist es alles andere als ein Zufall, dass der Gasnetzbetreiber Open Grid Europe, die RAG-Stiftung und der TÜV Süd Gründer des neuen Wasserstoffzentrums sind. Im Beirat sind große Energie- und Industrieunternehmen vertreten, von RWE über Evonik bis Thyssenkrupp. Essens Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG) ist Kooperationspartner. Für deren Geschäftsführer, Andre Boschem, liegt es auf der Hand, dass Essen den Zuschlag für das neue Wasserstoffzentrum erhalten hat. „Wir sind nun mal die Energiehauptstadt.“ Außerdem findet alljährlich in der Messe Essen die E-World statt, die internationale Fachmesse für die Energie- und Wasserwirtschaft.

Perspektivisch soll das Wasserstoff-Zentrum ins ehemalige Colosseum-Theater ziehen

Uwe Kerkmann und sein Team beziehen in diesen Tagen ihre Räume im Funkemedien-Turm am Berliner Platz. Perspektivisch soll das H2UB ins ehemalige Colosseum-Theater ziehen. Von dort wollen sie Netzwerke knüpfen, damit innovative Ideen praktische Anwendungen finden in Unternehmen oder Forschungseinrichtungen. Die Energieeffizienz bei der Herstellung von Wasserstoff wird eine der Fragen sein, mit denen sich Start-ups beschäftigen, so Kerkmann. Denn bei der Elektrolyse gehen bis 40 Prozent der eingesetzten Energie verloren. Die Weiterentwicklung leistungsfähiger Brennstoffzellen wäre eine weitere Herausforderung.

Das Land NRW ist mit im Boot

Am neuen Wasserstoff-Zentrum H2UB sind der Gasnetzbetreiber Open Grid Europe und die RAG-Stiftung mit jeweils 40 Prozent beteiligt, der TÜV Süd hält 20 Prozent. Das Projekt ist auf fünf Jahre angelegt. Das Budget beträgt neun Millionen Euro, von denen das Land NRW die Hälfte übernimmt. Das H2UB soll zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.

Die Ruhrbahn bringt 2024 die ersten Wasserstoffbusse auf die Straße. 2035 könnte der Aluminium-Hersteller Trimet laut EWG statt Kokereigas Wasserstoff einsetzen. Es geht also um Theorie und Praxis - und letztlich um die Wettbewerbsfähigkeit dieser Region, wie Boschem betont.

Mit seinem neuen Wasserstoff-Auto ist Uwe Kerkmann übrigens bislang sehr zufrieden. Eine Tankfüllung reicht für 650 Kilometer, das ist mehr als ein herkömmliches E-Auto schafft. Und aufgetankt hat Kerkmann seinen Japaner innerhalb weniger Minuten. Nur Wasserstoff-Tankstellen sind noch rar gesät. Das könnte sich ändern, wenn sich der Energieträger erst einmal durchsetzt. Uwe Kerkmann und sein Team wollen ihren Beitrag dazu leisten.