Essen/Kiel. Thyssenkrupp erhält aus Israel einen milliardenschweren Auftrag für den Bau von drei U-Booten. Auch die Bundesregierung steuert Geld bei.
Es sollen die größten U-Boote werden, die Thyssenkrupp jemals gebaut hat. Aus Israel hat der Essener Industriekonzern einen milliardenschweren Auftrag erhalten, von dem die Thyssenkrupp-Werft in Kiel über Jahre hinweg profitieren dürfte. Drei U-Boote bestellt die israelische Regierung in Deutschland. Ein Volumen von umgerechnet drei Milliarden Euro habe das Rüstungsgeschäft, teilte das israelische Verteidigungsministerium mit.
Auf dem Gelände von Thyssenkrupp an der Kieler Förde haben die Arbeiten für den Bau einer neuen Produktionshalle und einer Brennstoffzellenfertigung schon begonnen. In Vorbereitung auf den zu erwartenden Auftrag aus Israel investiert der Essener Konzern eigenen Angaben zufolge bereits rund 250 Millionen Euro in seine Werft. Jahrelang dürfte das Vorhaben für eine gute Auslastung am Thyssenkrupp-Standort Kiel sorgen, denn das Projekt bietet eine lange Perspektive. Innerhalb von neun Jahren soll das erste U-Boot nach Israel geliefert werden.
„In Kiel ist die Stimmung gerade sehr gut“, heißt es bei Thyssenkrupp. Erst vor wenigen Monaten feierte das Unternehmen einen Großauftrag für den Bau von sechs baugleichen U-Booten, von denen vier an die norwegische und zwei an die deutsche Marine geliefert werden sollen. Rund 5,5 Milliarden Euro beträgt das Auftragsvolumen.
Neue „Dakar-Klasse“ soll „Dolphin-Klasse“ ersetzen
Bei den neuen U-Booten der „Dakar-Klasse“ handle es sich um eine neue Konstruktion, die speziell auf die Anforderungen der israelischen Marine zugeschnitten sein werde, teilte Thyssenkrupp mit. Die drei neuen U-Boote sollen die israelischen Schiffe der „Dolphin-Klasse“ ersetzen, die zum Teil in die Jahre gekommen sind. Israel verfügt bereits über sechs U-Boote aus deutscher Fertigung. Die drei neuen U-Boote sollen nach und nach ältere Modelle ersetzen und sollen dem Vernehmen nach ein Design erhalten, das auch eine Ausstattung mit Atomwaffen zulässt.
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Die größten U-Boote, die Thyssenkrupp bislang entwickelt hat, sind 70 Meter lange Schiffe mit Diesel-Motor für die Marine von Singapur. Die U-Boote für Israel bekommen einen Brennstoffzellenantrieb.
Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums trägt Deutschland gemäß einem Abkommen aus dem Jahr 2017 einen Teil der Kosten für den Bau der U-Boote. Zu der Vereinbarung beider Länder gehöre, dass Deutschland Investitionen in den israelischen Rüstungssektor und andere Industriezweige in Höhe von 850 Millionen Euro tätigt. Die Bundesregierung begründete ihr Engagement in der Vergangenheit mit der besonderen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels.
Antrieb für U-Boote mit Brennstoffzellen
Ein Antrieb mit Brennstoffzellen mache Unterseeboote leistungsfähiger und ermögliche es ihnen, länger unter Wasser zu bleiben, erläutert Thyssenkrupp auf einer Konzern-Website. Zu technischen Details im Zusammenhang mit dem Auftrag aus Israel äußert sich das Unternehmen indes nicht. „Mit der neuen U-Boot-Klasse wird Israel mit innovativer Spitzentechnologie ausgestattet“, sagt Rolf Wirtz, der Vorstandschef von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS). Zuletzt hatte TKMS vier Korvetten an die israelische Marine geliefert. „Insofern freuen wir uns sehr auf die erneute Zusammenarbeit mit unserem langjährigen Partner“, betont Wirtz.
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In der Schiffbausparte sind rund 6500 der insgesamt etwa 100.000 Thyssenkrupp-Beschäftigten tätig. 3600 Mitarbeitende gehören zum Standort Kiel, der damit der größte Werft-Standort Deutschlands ist. Im Thyssenkrupp-Vorstand ist Arbeitsdirektor Oliver Burkhard zuständig für das Marine-Geschäft. Er ist auch Aufsichtsratschef von TKMS.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach von einer sehr guten Nachricht für den Kieler Betrieb und den gesamten Werftenstandort. Davon profitierten in unruhigen Pandemiezeiten die Beschäftigten der gesamten Schiffbaubranche.
Projekt lag lange wegen Korruptionsvorwürfen auf Eis
Wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit deutsch-israelischen U-Boot-Geschäften hat sich das Neubauprojekt jahrelang verzögert. In Israel läuft ein Korruptionsverfahren. Ex-Regierungschef Benjamin Netanjahu wurde dazu ebenfalls befragt, galt aber nicht als Verdächtiger. Die derzeitige Regierung unter Ministerpräsident Naftali Bennett plant zudem einen Untersuchungsausschuss. Dass es nun grünes Licht für das aktuelle Geschäft gibt, kommt insofern überraschend.
U-Boot-Geschäfte haben stets auch eine politische Dimension. Vor wenigen Monaten trübte ein geplatzter U-Boot-Deal das Verhältnis zwischen Frankreich und den USA ein. Zuvor hatte die australische Regierung erklärt, lieber die nuklearbetriebenen U-Boote der USA zu kaufen als – wie vereinbart – konventionelle U-Boote aus Frankreich. Ursprünglich hatte sich auch Thyssenkrupp Hoffnungen auf den milliardenschweren Auftrag aus Australien gemacht.