Essen. . Nach der Niederlage in Australien hat Thyssen-Krupp in Norwegen Erfolg: Frankreich zieht den Kürzeren. Thyssen-Krupp winkt Milliardengeschäft.

Heinrich Hiesinger scheint etwas geahnt zu haben. Dass Thyssen-Krupp in absehbarer Zeit einen Auftrag für den Bau von U-Booten erhalten könnte, ließ der Konzernchef schon bei der Hauptversammlung in Bochum durchblicken. Und tatsächlich: Ein milliardenschwerer Auftrag aus Norwegen ist Thyssen-Krupp so gut wie sicher. Mehr noch: Auch die deutsche Marine bestellt neue U-Boote, die aller Voraussicht nach von Thyssen-Krupp kommen. Nach der Niederlage im Wettbewerb um einen Großauftrag aus Australien kann der Essener Industriekonzern einen Erfolg vermelden.

„Deutschland und Norwegen beschaffen gemeinsam sechs identische U-Boote, davon zwei für die deutsche Marine und vier für die norwegische“, heißt es in einer Mitteilung des von Ursula von der Leyen geführten Bundesverteidigungsministeriums. Damit ziehe Deutschland seine bisherige Planung bei der Beschaffung neuer U-Boote deutlich vor. Das norwegische Verteidigungsministerium teilte nahezu zeitgleich mit, es habe Deutschland als strategischen Partner ausgesucht.

Brennstoffzelle gilt als Schlüsseltechnologie

Aus dem Ministerium in Berlin ist zu hören, dass die Boote mit dem Design der Klasse 212 A entstehen sollen. Das Kürzel steht für U-Boote mit einem Antrieb, der auf Brennstoffzellen basiert. Die norwegische Entscheidung werde dazu beitragen, eine Schlüsseltechnologie für die nächsten Jahrzehnte in Deutschland zu sichern und weiter auszubauen, betonte das deutsche Verteidigungsministerium.

Peter Feldhaus, Chef von Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS), spricht von einem „bedeutenden Auftrag“. Für Norwegen solle das Modell 212 A weiterentwickelt werden. Kein anderes konventionelles U-Boot könne so lange abtauchen und unbemerkt operieren, wirbt der Konzern.

Scharfe Konkurrenz mit Staatskonzern DCNS

Im Frühjahr vergangenen Jahres war Thyssen-Krupp noch im Wettbewerb mit dem französischen Staatskonzern DCNS leer ausgegangen: Australien bestellte zwölf U-Boote. Seinerzeit hieß es, das Auftragsvolumen könnte sich auf umgerechnet rund 34 Milliarden Euro belaufen. Auch diesmal hatte Thyssen-Krupp mit den Franzosen konkurriert.

Im vergangenen Geschäftsjahr verbuchte TKMS nur kleinere Aufträge. Die Werke der Thyssen-Krupp-Tochter mit mehr als 3000 Mitarbeitern an Standorten in Kiel, Hamburg und Emden sind damit nicht voll ausgelastet. Immer wieder wird spekuliert, Thyssen-Krupp könnte sich vom Rüstungsgeschäft trennen. Finanzchef Guido Kerkhoff betonte indes vor den Aktionären in Bochum, es gebe keine Verkaufsabsicht.

Thyssen-Krupp baut Rüstungsgeschäft aus

Thyssen-Krupp baut sein Rüstungsgeschäft durch einen Zukauf sogar noch aus. Durch die Übernahme von Anteilen aus der Hand des Airbus-Konzerns wird Thyssen-Krupp alleiniger Eigentümer des Bremer Rüstungsunternehmens Atlas Elektronik. Die Firma mit rund 2100 Mitarbeitern ist unter anderem auf Marine-Elektronik und Torpedos spezialisiert.

Das Geschäft mit U-Booten ist zuweilen heikel. Atlas geriet unlängst in die Schlagzeilen, weil Staatsanwälte wegen möglicher Schmiergeldzahlungen bei U-Boot-Geschäften mit Griechenland ermitteln. Bei Thyssen-Krupp löste ein Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit einem Verkauf von U-Booten nach Israel Unruhe aus. Auch der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu geriet dabei unter Druck.

Warnung vor „Korruptions- und Reputationsrisiken“

Die Fondsgesellschaft Union Investment sieht das U-Boot-Geschäft von Thyssen-Krupp kritisch. Portfoliomanager Ingo Speich verweist auf „Korruptions- und Reputationsrisiken“ und rät zu einer Trennung. „Nachdem der lukrative Deal mit Australien verpasst wurde und die Auftragsbücher beinahe leer sind, gibt es erst recht keinen Grund mehr, das U-Boot-Geschäft weiterzuführen“, sagte er bei der Hauptversammlung. Entsprechende Genugtuung dürfte dem Management von Thyssen-Krupp der Auftrag aus Norwegen bescheren.

Bis Geld in die Kassen des Revierkonzerns fließt, dürfte es allerdings noch einige Jahre dauern. Der Vertrag mit Norwegen soll 2019 unterzeichnet werden, ab Mitte der 20er Jahre könnten die U-Boote ausgeliefert werden.