Essen/Düsseldorf. Ministerpräsident Wüst äußert sich zu einem möglichen Einstieg des Landes bei Thyssenkrupp Steel skeptisch. Er sieht die EU-Kommission gefordert.

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat sich mit Blick auf einen möglichen Einstieg des Landes NRW beim Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel skeptisch gezeigt. „Dem sind durch EU-Recht sehr, sehr enge Grenzen gesetzt“, sagte der CDU-Politiker vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. Als „erste Aufgabe“ bezeichnete der NRW-Regierungschef, alle energieintensiven Unternehmen in die Lage zu versetzen, die Transformation hin zu einer möglichst klimafreundlichen Produktion „aus eigener Kraft zu schaffen“.

Eine entscheidende Rolle spielten in diesem Zusammenhang Pläne der EU-Kommission, in der Industrie die freie Zuteilung von Zertifikaten zum CO2-Ausstoß in den kommenden Jahren zu reduzieren. Damit werde Unternehmen wie Thyssenkrupp Kapital entzogen, das für den Bau der Hochofen-Nachfolgetechnologie für die Stahlproduktion mit Wasserstoff erforderlich sei.

Wüsts Herausforderer Thomas Kutschaty (SPD) hatte sich offen für eine Landesbeteiligung an Thyssenkrupp Steel gezeigt. „Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung erklärt, auch eine Landesbeteiligung bei einem nordrhein-westfälischen Stahlkonzern wäre eine Option“, sagte Kutschaty kurz vor Weihnachten im Gespräch mit unserer Redaktion. Ähnlich wie die Gewerkschaft IG Metall argumentiert Kutschaty, es sei staatliche Unterstützung für eine solide Ausstattung mit Eigenkapital erforderlich, damit die Stahlkonzerne die Transformation hin zur Klimaneutralität bewältigen könnten. Kutschaty sprach sich auch für einen milliardenschweren Transformationsfonds für den industriellen Umbau aus.

Thyssenkrupp Steel verursacht 2,5 Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes

Wüst sagte hingegen, es sei nicht nachvollziehbar, den energieintensiven Unternehmen zunächst bei den CO2-Zertifikaten das Geld abzunehmen und über einen staatlichen Fonds dann wiederzugeben.

Auch Stahl-Präsident Hans Jürgen Kerkhoff betonte in einem Statement, es sei wichtig, „dass sich die Bundesregierung umgehend in die Beratungen in Brüssel einschaltet, um geeignete Rahmenbedingungen für die Transformation auch auf der europäischen Ebene zu erreichen“. Allein Thyssenkrupp Steel verursacht derzeit Unternehmensangaben zufolge 2,5 Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes.

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NRW-Regierungschef Wüst verwies vor der WPV darauf, dass den energieintensiven Unternehmen hohe Kosten durch die Pläne der EU drohten. Es dürfe nicht sein, dass die Industrie so viel für ihre Emissionen bezahlen müsste, dass sie nicht mehr in saubere Prozesse investieren könnte. Das betreffe alle energieintensiven Industriestandorte. „Deshalb hoffe ich, dass wir da nicht alleine unterwegs sind“, sagte Wüst.

„NRW-Tradition, Arbeitnehmer und Arbeitgeber möglichst nah beieinander zu halten“

Der Ministerpräsident erklärte, in den kommenden Tagen sei ein Treffen mit dem nordrhein-westfälischen IG Metall-Chef Knut Giesler geplant. Dabei dürfte es auch um die Stahlindustrie gehen. „Es ist NRW-Tradition, Arbeitnehmer und Arbeitgeber möglichst nah beieinander zu halten“, betonte Wüst. Dies gehöre zur „nordrhein-westfälischen DNA“.

Kurz nach seinem Amtsantritt im Oktober vergangenen Jahres war Wüst bei einer Kundgebung von Stahl-Beschäftigten vor der Zentrale von Thyssenkrupp Steel in Duisburg. Insbesondere der lautstarke Protest von Auszubildenden, die sich für ihre Arbeitsplätze stark machten und in einem ähnlichen Alter wie die Aktivisten von Fridays For Future gewesen seien, habe er in Erinnerung behalten, sagte Wüst. Er wolle nicht, dass – bildlich gesprochen – „die Leute von Fridays For Future irgendwann gegen die von Thyssenkrupp marschieren“. Hier gebe es „eine Versöhnungsaufgabe“, um gemeinsam den Klimawandel zu bekämpfen und Deutschland als Industriestandort mit sozialer Sicherheit und Wohlstand zu erhalten.