Essen. Thyssenkrupp prüft als Alternative zu einem Verkauf der Stahlsparte an Liberty Steel einen Börsengang. Hauptversammlung steht bevor.
Der angeschlagene Essener Industriekonzern Thyssenkrupp prüft Alternativen zu einem Verkauf der Stahlsparte an das britische Unternehmen Liberty Steel und erwägt dabei auch einen Börsengang des Traditionsgeschäfts mit großen Standorten unter anderem in Duisburg, Bochum und Dortmund. In Konzernkreisen erfuhr unsere Redaktion, eine Abspaltung der Stahlsparte werde angesichts der aktuellen Lage in Erwägung gezogen. Allerdings seien noch viele Fragen offen. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg über Pläne für einen Börsengang war der Aktienkurs von Thyssenkrupp deutlich gestiegen.
Das Thyssenkrupp-Management um Vorstandschefin Martina Merz will sich weiterhin mehrere Optionen für den Stahl offenhalten. „Es bleibt bei der Aussage, dass neben dem Verkauf auch die Weiterentwicklung des Stahlgeschäfts aus eigener Kraft eine Option ist“, betonte das Unternehmen auf Anfrage.
Verkauf an Liberty Steel gehört zu den Optionen
Derzeit prüft der Thyssenkrupp-Vorstand ein Übernahmeangebot vom Konzern Liberty Steel, der vom britisch-indischen Unternehmer Sanjeev Gupta kontrolliert wird. In einigen Tagen steht die Hauptversammlung von Thyssenkrupp an, bei der sich Vorstandschefin Merz zur aktuellen Situation des Unternehmens in der Corona-Krise äußern wird.
Die Gewerkschaft IG Metall sieht Liberty Steel überaus skeptisch und hatte sich für einen Staatseinstieg bei der Thyssenkrupp-Stahlsparte stark gemacht. Angesichts eines erforderlichen Umbaus der Werke ist der Kapitalbedarf enorm.
Spekulationen über "Deutsche Stahl AG"
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) brachte vor einigen Wochen die Gründung einer „Deutschen Stahl AG“ ins Gespräch. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte indes: „Wenn Nordrhein-Westfalen sich nicht an Thyssenkrupp beteiligen will, wird das seine Gründe haben.“ Es könne dann doch eigentlich „nicht sonderlich verwunderlich sein“, dass die Salzgitter AG und das Land Niedersachsen als ihr größter Anteilseigner der Bildung einer „Deutschen Stahl AG“ aus beiden Firmen eher skeptisch gegenüber stehen.
Unterdessen hat Thyssenkrupp den ersten Großauftrag für den Bau einer Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff an Land gezogen. Die Konzerntochter Uhde werde in Kanada einen Elektrolyseur mit einer Leistung von 88 Megawatt installieren, teilte Thyssenkrupp mit. Auftraggeber sei das staatliche Energieunternehmen Hydro-Québec, einer der größten Wasserkraftversorger in Nordamerika. Zum Investitionsvolumen machte Thyssenkrupp keine Angaben.