Düsseldorf. Nach der Corona-Pandemie erwartet Metro-Chef Olaf Koch einen Boom bei Neueröffnung von Restaurants. Der Weg dahin sei aber steinig.

Wenn der deutsche Einzelhandel am Mittwoch zum zweiten Mal in diesem Jahr in den Shutdown geht, werden die Metro-Großmärkte wieder eine besondere Rolle spielen. Bis zum 31. Januar dürfen sie in der Corona-Pandemie auch an Endkunden in Nordrhein-Westfalen verkaufen. Für den Düsseldorfer Handelsriesen ist das in diesen Krisenzeiten ein wichtiges Standbein, hat er sich doch im Sommer mit dem Verkauf der SB-Warenhauskette Real ganz auf das Geschäft mit Gastronomen und Hoteliers konzentriert, die bereits Anfang November erneut schließen mussten.

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„Wir sind dankbar, auf diesem Wege auch zur Entzerrung des Kundenaufkommens zwischen den Jahren beizutragen“, sagte Olaf Koch im Gespräch mit unserer Redaktion. An Silvester hat der Metro-Chef seinen letzten Arbeitstag in Düsseldorf. Wie kein anderer hat er die Neuausrichtung des einstigen Gemischtwarenladens, zu dem Praktiker-Baumärkte, Kaufhof-Warenhäuser, Adler-Modemärkte, Media Markt und Saturn und vieles mehr gehörten, zum reinen Großhändler vorangetrieben. Mit dem Verkauf von Real an den russischen Finanzinvestor SCP ist die Metro wieder am Ausgangspunkt ihrer internationalen Expansion angelangt, als Otto Beisheim und Wilhelm Schmidt-Ruthenbeck in Mülheim und Essen in den 60er Jahren die ersten modernen Cash&Carry-Märkte nach US-Vorbild eröffnet hatten.

Metro öffnet bis 31. Januar für Endkunden

Doch Koch erreichte sein Ziel des umfassenden Konzernumbaus mitten in der Corona-Pandemie, unter der die Gastronomie wie kaum eine andere Branche leidet. Das macht sich auch in der Metro-Bilanz bemerkbar. Der scheidende Vorstandsvorsitzende ist dennoch davon überzeugt, für die Metro den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. „Wir sind besser vorbereitet auf die zweite Corona-Welle“, sagt Koch. Die Metro profitiere von dem Mix aus stationärem Verkauf und Belieferungsgeschäft und dem internationalen Potenzial der Gastronomie. „Auch haben wir im Frühjahr viele neue Kunden, vor allem Gewerbetreibende, dazu gewonnen, die uns treu geblieben sind. Das alles zahlt sich jetzt aus“, so der Manager. Als bereits im Frühjahr die meisten Geschäfte schließen mussten, konnte die Metro mit ihrem breiten Angebot aus Lebensmitteln, Haushaltswaren, Textilien und Elektrogeräten punkten. Beim zweiten Shutdown wiederholt sich das jetzt.

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Der Umsatz mit Betreibern von Restaurants und Hotels, auf die Metro den neuen Fokus gesetzt hat, brach freilich ein. Koch zeigt sich dennoch zuversichtlich. „Die Pandemie hat den Gastronomen einiges abverlangt. Viele von ihnen haben uns überrascht mit kreativen Ideen und Mut zur Innovation. Im März und April waren noch nahezu alle Küchen kalt geblieben. Jetzt spielt beispielsweise das Abhol- und Zustellgeschäft eine wachsende Rolle“, erklärt er und erwartet einen Wandel in der Gaststätten-Szene. Koch: „In der französischen Gastronomie hat es im Frühjahr eine Untergangsstimmung geben. Das hat sich im zweiten Lockdown komplett verändert. Die Franzosen setzen jetzt auch auf Gerichte to go.“

Koch: Lage für kleine Gastronomen brenzlig

Der 50-Jährige erwartet, dass sich die Lage nach Ende der Pandemie wieder normalisieren werde. „Ich bin fest davon überzeugt, dass nach dem Winter ein neuer Boom für die Gastronomie kommen wird. Die Menschen werden sich wiedersehen wollen und die Gastronomie als Ort der Begegnung wird weiter an Stellenwert gewinnen“, wagt er eine Prognose, wenngleich er auch nicht verschweigen will, dass der lange Weg aus der Krise steinig sein werde. „Die Lage für kleine Gastronomen ist jedoch wirklich brenzlig. Viele von ihnen warten immer noch auf die angekündigte Unterstützung. Das geht richtig an die Nerven“, sagt Koch im Hinblick auf die November-Hilfen, die der Bund erst im Januar auszahlen will, weil noch keine Software vorliegt.

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„Ich befürchte, dass wir aufgrund der Pandemie mehr Geschäftsaufgaben in der Gastronomie sehen werden, wenngleich man die Durchhaltefähigkeit und Leistungsbereitschaft niemals unterschätzen sollte“, erklärt der Metro-Chef. „Die große Mehrheit wird auch diese Situation meistern und nach der Pandemie erwarte ich eine Welle von Neueröffnungen.“ Die Investitionshürden für Gastronomen seien in der Regel nicht sehr hoch. Zudem werde der Trend zum Außer-Haus-Verkauf zusätzliche Impulse bringen. „Wir werden eine noch modernere und digitalere Gastronomie erleben“, prophezeit Koch.

Kurs der Metro-Aktie halbiert

Vieles wird freilich davon abhängen, wann die Ausbreitung des Coronavirus eingedämmt werden kann. Diese Unsicherheit bekommt auch die Metro zu spüren. Die Aktie ist an den Börsen innerhalb eines Jahres von 16 auf acht Euro abgestürzt. Kurz vor seinem Abschied macht Koch kein Hehl daraus, dass ihn die Entwicklung bedrückt. „Wir haben alle Schwachstellen behoben, die der Kapitalmarkt kritisiert hat: Real verkauft, die Mehrheitsanteilsverkauf von Metro China an Wumei abgeschlossen, und unser Geschäft in Russland wächst wieder dynamisch. Und trotzdem ist der Aktienkurs im Laufe des Jahres um 50 Prozent gefallen und nicht mehr signifikant gestiegen, obwohl wir durch die Transaktionen etwa zwei Milliarden Euro Mittelzufluss hatten“, sagt er und verweist auf andere Branchen. „Unter Covid-19 leiden Großhändler, Gastronomen und Touristikunternehmen gleichermaßen.“

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Der niedrige Aktienkurs ist Wasser auf die Mühlen des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky, der gegen den Willen Kochs seinen Einfluss bei der Metro ausbauen will. Anfang November war es ihm gelungen, durch ein Angebot an die Aktionäre seinen bisherigen Anteil am Konzern von 29,99 Prozent deutlich zu steigern. Es wird erwartet, dass Kretinsky nun einen zweiten und dritten Sitz im Aufsichtsrat der Metro beanspruchen und mehr Mitspracherecht einfordern wird.

Mit der neuen Konstellation werden sich die Interimschefs des Konzerns, Christian Baier und Rafael Gasset, auseinandersetzen müssen. Olaf Koch tritt ab. „Ich werde die Zeit ab Januar nutzen, um erst einmal Abstand zu gewinnen nach elf bewegenden Jahren bei der Metro“, kündigt er an. „Ich will aber auch jungen Unternehmen in der Gründerszene helfen und mich möglicherweise auch beteiligen. Eine Wagniskapitalgesellschaft werde ich aber sicher nicht gründen.“