Essen. Ein Hoffnungsschimmer für das Duisburger Grobblech-Werk von Thyssenkrupp: Der neue Saarstahl-Chef Karl-Ulrich Köhler zeigt Interesse.
Kurz vor der drohenden Schließung der Grobblech-Produktion von Thyssenkrupp in Duisburg-Hüttenheim will sich der neue Chef der saarländischen Stahlindustrie, Karl-Ulrich Köhler, mit einer möglichen Übernahme des Werks im Ruhrgebiet befassen. „Das ist sicherlich für alle nochmal eine Gelegenheit, ihre Argumentationslage zu überprüfen und sich mit der Frage zu befassen“, sagte Köhler mit Blick auf die aktuelle Lage.
Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass die Gespräche mit potenziellen Bietern für das Thyssenkrupp-Werk mit rund 800 Arbeitsplätzen zu keinem Ergebnis geführt haben. Der Vorstand des Revierkonzerns hatte bereits vor einigen Monaten angekündigt, das Werk im September 2021 zu schließen , sollte sich bis Ende des Jahres kein Investor finden.
Überraschend übernimmt der ehemalige Thyssenkrupp-Stahlchef Karl-Ulrich Köhler nun die Führung der Stahlwerke Dillinger Hütte und Saarstahl. Köhlers Vorgänger Tim Hartmann lege seine Ämter „im gegenseitigen Einvernehmen aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über die künftige strategische Ausrichtung des Unternehmens“ nieder, teilte die Montan-Stiftung-Saar als Eigentümerin der Stahlwerke mit. Köhler beginne seine neue Tätigkeit am 1. Januar 2021. Er ist seit 2019 Mitglied im Kuratorium der Montan-Stiftung-Saar. Zuvor war Köhler unter anderem Chef der Thyssenkrupp-Stahlsparte sowie Chef von Tata Steel.
Saarländer hoffen auf Schub für Grobblech-Produktion durch Wasserstoff-Projekte
Köhler sagte, er kenne die Grobblech-Produktion im Duisburger Süden aus seiner Zeit bei Thyssenkrupp gut. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Montan-Stiftung-Saar, Reinhard Störmer, betonte, die Saarländer seien europäischer Marktführer in der Grobblechproduktion. Störmer hob hervor, dass die saarländischen Stahlwerke die Rohrbleche für die Nordstream-Gaspipelines geliefert haben. Potenziale gebe es unter anderem, wenn künftig Rohrleitungen für neue Wasserstoff-Pipelines benötigt würden.
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Er sehe „echtes Zukunftspotenzial“ im Unternehmen, sagte der neue Konzernchef Köhler in einer gemeinsamen Videokonferenz mit Störmer. Derzeit befinde sich die Stahlindustrie allerdings „in einer schweren Krise“. Ein Programm zum Abbau von 1500 Arbeitsplätzen läuft. Dillinger und Saarstahl beschäftigen derzeit mehr als 13.000 Mitarbeiter.
„Offen, über Partnerschaften nachzudenken“
Köhler sagte auf Nachfrage, er sei grundsätzlich „offen, über Partnerschaften nachzudenken“. Den Spekulationen über einen Zusammenschluss in Deutschland wolle er aber nichts hinzufügen. Störmer erklärte, er sehe es als Aufgabe, die Eigenständigkeit der saarländischen Stahlindustrie zu erhalten. Thyssenkrupp ist in der Vergangenheit häufig mit dem niedersächsischen Konzern Salzgitter in Verbindung gebracht worden. Die IG Metall in NRW wünscht sich ausdrücklich einen solchen Zusammenschluss.
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Das traditionsreiche Grobblech-Werk von Thyssenkrupp mit rund 800 Arbeitsplätzen ist Teil der Konzerneinheit „Multi-Tracks“, in der Geschäfte mit rund 20.000 Mitarbeitern gebündelt sind. Der Vorstand um Konzernchefin Martina Merz spricht von Bereichen, in denen es „keine nachhaltigen Zukunftsperspektiven“ innerhalb der Thyssenkrupp-Gruppe gebe.
Zuletzt kaum noch Hoffnung für Grobblech von Thyssenkrupp
„Bei Grobblech hatten wir uns eine Frist bis Ende des Jahres gesetzt – Schließung oder Verkauf waren die Alternativen“, sagte Merz bei der Jahrespressekonferenz. „Seit wenigen Tagen wissen wir: Eine Schließung ist jetzt deutlich wahrscheinlicher, da sich kein Interessent mehr im Bieterprozess befindet.“
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In der Grobblech-Fertigung werden massive Stahlbleche unter anderem für die Bauindustrie, den Schiffbau oder Pipelines hergestellt. Der Geschäftsbereich stand schon vor der Corona-Krise unter Druck. Der Betriebsrat und die IG Metall werfen dem Thyssenkrupp-Management vor, seit Jahren zu wenig in den Standort investiert zu haben.
IG Metall pocht auf Ersatzarbeitsplätze
Auch die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) in Duisburg dürften von der Schließung der Grobblech-Produktion betroffen sein, schließlich ist HKM – ein Gemeinschaftsunternehmen der beiden deutschen Konzerne Thyssenkrupp und Salzgitter mit dem französischen Unternehmen Vallourec – über enge Lieferbeziehungen mit dem benachbarten Werk verbunden.
Bei der IG Metall gibt es die Erwartung, dass die rund 800 Beschäftigten aus dem Grobblech-Werk im Fall einer Schließung an anderer Stelle bei Thyssenkrupp Steel Arbeitsplätze erhalten. Der örtliche IG Metall-Geschäftsführer Dieter Lieske verwies auf einen Tarifvertrag, der in der Stahlsparte von Thyssenkrupp betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. März 2026 ausschließt.