Duisburg/Essen. Die Schließung des Grobblech-Werks in Duisburg schürt Sorgen um Thyssenkrupp. Neben der IG Metall fordern auch die Grünen einen Staatseinstieg.

Als die Nachricht vom bevorstehenden Aus des Grobblech-Werks die Runde macht, versammeln sich einige hundert Beschäftige vor dem Werkstor in Duisburg-Hüttenheim. Schnell hat sich herumgesprochen, dass die Suche nach einem erhofften Käufer für den traditionsreichen Produktionsstandort im Duisburger Süden erfolglos geblieben ist. Auch Thyssenkrupp-Stahlchef Bernhard Osburg ist gekommen. Gekleidet in einer grell-orangefarbenen Warnschutzjacke verkündet der Manager, dass es kaum noch Hoffnung gibt für einen Erhalt des Werks mit seinen rund 800 Arbeitsplätzen. „Es ist frustrierend“, sagt Osburg, „wir hatten damit gerechnet, einen neuen Eigentümer zu finden, der auf Grobblech fokussiert ist.“ Doch daraus wurde nichts.

Der Thyssenkrupp-Vorstand hatte schon vor einigen Monaten angekündigt, das Werk im September 2021 zu schließen, sollte sich bis Ende des Jahres kein Investor finden. „Das ist ein schmerzhafter Einschnitt“, sagt Dieter Lieske, der Geschäftsführer der IG Metall-Geschäftsstelle Duisburg-Dinslaken. „Das tut richtig weh.“

Das Grobblech-Werk im Duisburger Süden ist Teil der Thyssenkrupp-Einheit „Multi-Tracks“, in der Geschäfte mit rund 20.000 Mitarbeitern gebündelt sind. Der Vorstand spricht von Konzernbereichen, in denen es „keine nachhaltigen Zukunftsperspektiven“ innerhalb der Thyssenkrupp-Gruppe gebe.

„Schwarzer Tag für den Stahlstandort NRW“

In der Grobblech-Fertigung werden massive Stahlbleche unter anderem für die Bauindustrie, den Schiffbau oder Pipelines hergestellt. Der Geschäftsbereich stand schon vor der Corona-Krise unter Druck. Der Betriebsrat und die IG Metall werfen dem Thyssenkrupp-Management vor, seit Jahren zu wenig in den Standort investiert zu haben. Einen offiziellen Beschluss gibt es noch nicht, aber im Umfeld des Unternehmens wird kein Zweifel daran gelassen, dass es auf ein Ende der Produktion hinausläuft.

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„In einem mehrmonatigen intensiven Verkaufsprozess haben wir mit verschiedenen Interessenten Gespräche geführt. Leider bisher ohne Ergebnis“, heißt es in einem internen Schreiben des Vorstands der Thyssenkrupp-Stahlsparte an die Beschäftigten. Damit steige die Wahrscheinlichkeit einer Schließung der Grobblech-Produktion bis spätestens zum 30. September nächsten Jahres. „Die zuständigen Gremien werden sich in den kommenden Wochen hiermit beschäftigen und Beschlüsse fassen.“

Der nordrhein-westfälische IG Metall-Chef Knut Giesler spricht von einem „schwarzen Tag für den Stahlstandort NRW und die Beschäftigten“. Die aktuelle Situation zeige, „wie dringend notwendig eine Staatsbeteiligung für den Stahlbereich von Thyssenkrupp“ sei.

800 Arbeitsplätze im Grobblech-Werk fallen weg

Bei der IG Metall gibt es die Erwartung, dass die rund 800 Beschäftigten aus dem Grobblech-Werk an anderer Stelle bei Thyssenkrupp Steel Arbeitsplätze erhalten. Dieter Lieske verweist auf einen Tarifvertrag, der in der Stahlsparte von Thyssenkrupp betriebsbedingte Kündigungen bis zum Ende März 2026 ausschließt. In dem Schreiben des Thyssenkrupp-Stahlvorstands wird betont: „Mit der Schließung des Werks wären keine Entlassungen verbunden.“

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Als „fatal“ bezeichnet die nordrhein-westfälische Grünen-Vorsitzende Mona Neubaur die drohende Werksschließung. „Erneut sind es die Beschäftigten, die die Folgen jahrelanger Management-Fehler und dadurch unterlassener Investitionen bei Thyssenkrupp tragen müssen.“ Neubaur fordert die NRW-Landesregierung und die Konzernleitung dazu auf, dafür zu sorgen, dass möglichst viele Beschäftigte eine Perspektive erhalten. Das Ziel müsse der Aufbau einer klimaneutralen Stahlproduktion sein. „Wir fordern, dass der Bund über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds bei Thyssenkrupp einsteigt“, sagte Neubaur. „Daran geknüpft sein muss aber der Verzicht auf Dividenden und Boni.“

„Geschieht dies nicht, sind tausende weitere Jobs in Gefahr“

Außerdem müsse das Land NRW „die Zukunft der Krupp-Stiftung sichern“, fügte Neubaur hinzu. Die Stiftung ist die größte Einzelaktionärin von Thyssenkrupp – und damit abhängig von Dividenden des Unternehmens. Doch in den vergangenen Jahren hielten sich die Gewinnausschüttungen des Konzerns in engen Grenzen.

Grünen-Chef Neubaur mahnt: „Es muss vertraglich ein planbarer Transformationspfad für den Umbau der Stahlproduktion auf den Energieträger Wasserstoff festgelegt werden. Geschieht dies nicht, sind tausende weitere Jobs in Gefahr.“

Am Donnerstag will der Thyssenkrupp-Vorstand seine Bilanz für das Geschäftsjahr 2019/2020 vorstellen, das bis Ende September lief. Vorstandschefin Martina Merz macht schon jetzt keinen Hehl daraus, wie ernst die Lage ist. Gut möglich also, dass es bald weitere schlechte Nachrichten bei Thyssenkrupp gibt.