Essen. Der britische Konzern Liberty Steel will die Stahlsparte von Thyssenkrupp kaufen. Das ist Zündstoff für die Kundgebung der IG Metall.
Der britische Konzern Liberty Steel greift nach der Stahlsparte von Thyssenkrupp. Das Unternehmen teilte am Freitagvormittag mit, es habe heute ein Angebot für den Erwerb der Stahlaktivitäten von Thyssenkrupp abgegeben. „Aus wirtschaftlicher Sicht gibt es ein starkes industrielles Konzept“, warb der britische Konzern für seine Offerte. „Werke, Produktportfolio, Kunden und geografische Präsenz beider Unternehmen ergänzen sich sehr gut.“
Durch einen möglichen Zusammenschluss könnten Liberty und Thyssenkrupp Steel „den Herausforderungen der europäischen Stahlindustrie besser begegnen und die Entwicklung hin zu grünem Stahl vorantreiben“. Dies sei „wirtschaftlich, sozial und ökologisch der richtige Schritt“. Thyssenkrupp Steel beschäftigt mehr als 27.000 Menschen und ist insbesondere in NRW aktiv – mit großen Standorten in Duisburg, Bochum, Dortmund und Südwestfalen.
Es handle sich um ein nicht-bindendes Angebot, erklärte das Unternehmen Liberty Steel, das Teil der britischen Firmengruppe GFG Alliance ist. Eigenen Angaben zufolge erwirtschaftet Liberty Steel jährliche Umsätze von rund 13 Milliarden Euro und beschäftigt 30.000 Mitarbeiter an mehr als 200 Standorten auf vier Kontinenten. Der Konzern GFG Alliance ist im Besitz des in Indien geborenen britischen Geschäftsmanns Sanjeev Gupta und seiner Familie.
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Thyssenkrupp erklärte, die Offerte prüfen zu wollen. „Wir haben heute ein indikatives Angebot für einen Erwerb des Stahlgeschäfts erhalten. Dieses Angebot schauen wir uns jetzt sorgfältig an“, teilte das Unternehmen in Essen mit. „Gleichzeitig werden wir die Gespräche mit anderen potenziellen Partnern in gleicher Weise wie bisher konsequent fortsetzen. Unser Ziel ist es, das Stahlgeschäft nachhaltig zukunftsfähig zu machen. Es kommt für uns darauf an, dafür die beste Lösung zu finden“.
IG Metall äußert sich bislang ablehnend
Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hatte vor Monaten erklärt, sie wolle die Chancen für eine Stahlfusion ausloten. Dabei sei auch eine Trennung von der Mehrheit der Anteile kein Tabu. Interesse an einem Erwerb der Thyssenkrupp-Stahlsparte werden auch dem schwedischen Stahlkonzern SSAB und Baosteel aus China nachgesagt. Auch eine Neuauflage der gescheiterten Fusionspläne mit dem indischen Konzern Tata in Europa gilt als Option.
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Die IG Metall äußert sich mit Blick auf die Offerte von Liberty Steel ablehnend. „Wir brauchen keinen neuen Eigentümer, sondern zusätzliches Kapital – und das hat Liberty auch nicht“, sagte IG Metall-Bundesvorstand Jürgen Kerner am Freitag am Rande der Kundgebung in Düsseldorf zur Nachrichtenagentur dpa. Eine Übernahme durch Liberty löse keines der Probleme, betonte Kerner.
IG Metall spricht im Zusammenhang mit Liberty Steel von „Ein-Euro-Laden“
Der nordrhein-westfälische Bezirksleiter der IG Metall, Knut Giesler, reagierte mit den Worten: „Wer meint, in einem Ein-Euro-Laden Thyssenkrupp billig kaufen zu können, ist nicht der richtige Partner.“ Liberty habe kein industrielles Konzept, sondern betreibe bislang nur Billigstandorte.
Schon vor einigen Tagen gab es ähnliche Signale der IG Metall. „Generell stellen wir fest: Wir sehen derzeit keine Perspektiven außer ein Verramschen, Zerschlagen oder Resteverwerten“, sagte Detlef Wetzel, der frühere IG Metall-Chef, der Vize-Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp Steel ist. „Jetzt muss der Staat einsteigen. Es gibt keinen anderen Weg mehr, der zu einem guten Ergebnis führt“, forderte Wetzel.
Ministerpräsident Laschet bei Kundgebung erwartet
Am heutigen Freitag (16. Oktober) ist eine Kundgebung von Thyssenkrupp-Beschäftigten in Düsseldorf geplant. Die IG Metall hatte erklärt, sie erwarte rund 3000 Teilnehmer, die der Forderung nach einem Staatseinstieg Nachdruck verleihen wollen. Die Gewerkschaft erhofft sich insbesondere von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Unterstützung. Dem Vernehmen nach will sich Laschet bei der Kundgebung zu Wort melden.
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Die Gewerkschaft hatte trotz der Corona-Pandemie von der Polizei und den Behörden grünes Licht für ihr Hygiene- und Sicherheitskonzept erhalten. Schon bei einer Pressekonferenz im Thyssenkrupp-Quartier hatte Knut Giesler betont, eine Demonstration in Pandemie-Zeiten sei „eine besondere Herausforderung“.