Essen. Nach der Zerschlagung von Real ringt die Gewerkschaft Verdi mit den neuen Filialbetreibern um die Gehälter. Zusagen gibt es schon von Kaufland.

Nach der Zerschlagung der SB-Warenhauskette Real ringt die Gewerkschaft Verdi mit den voraussichtlichen Betreibern der Filialen um die künftigen Gehälter der Beschäftigten. So habe das Einzelhandelsunternehmen Kaufland (Schwarz-Gruppe/Lidl) für den Fall der Übernahme von 101 Real-Filialen bereits „weitreichende Verbesserungen“ für die mehr als 12.000 Beschäftigten an den betroffenen Standorten zugesichert, teilte Verdi mit. Ähnliche Zusagen gebe es von den Handelsriesen Rewe und Edeka indes noch nicht, erklärte die Gewerkschaft. In den Real-Märkten arbeiten nach Verdi-Angaben insgesamt rund 34.000 Beschäftigte.

Kaufland will die bisherigen Real-Beschäftigten Gewerkschaftsangaben zufolge ohne Unterbrechung übernehmen und nach den Verdi-Flächentarifverträgen für den Einzel- und Versandhandel bezahlen. Damit würden die Beschäftigten von Real, die aufgrund eines Vertrages zwischen Real und dem Verein DHV zurzeit bis zu 25 Prozent weniger verdienen, wieder nach dem Verdi-Tarif bezahlt. Für Real-Beschäftigte mit Altverträgen sei eine Gehaltserhöhung von rund fünf Prozent absehbar. Zudem bekenne sich Kaufland zu den Betriebsräten von Real und werde diese in die bestehenden Strukturen des Unternehmens integrieren.

Kaufland-Deutschlandchef Ralf Imhof bestätigte, man wolle jeden der mehr als 12.000 Beschäftigten der gekauften Real-Filialen übernehmen. „Kaufland steht zum Tarifvertrag des Einzelhandels und wird das auch in Zukunft tun“, sagte er.

Kartellamt will im Fall Kaufland bis zum 9. November prüfen

Das Kartellamt muss einer Übernahme der Real-Filialen durch die Handelskette Kaufland, die ebenso wie der Discounter Lidl zur Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm gehört, noch zustimmen. Die Prüffrist läuft nach Angaben der Behörde bis zum 9. November.

Die saarländische Kette Globus teilte mit, sie wolle 16 Real-Standorte und deren Mitarbeiter übernehmen. Bekäme Globus die 16 zusätzlichen Märkte von SCP, wäre die Kette auch in Nordrhein-Westfalen stärker präsent – dort gibt es bisher nur einen Globus-Standort in Köln.

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Edeka und Rewe, die auch Real-Geschäfte übernehmen wollen, forderte Verdi dazu auf, ebenfalls eine verbindliche Zusicherung abzugeben, um den betroffenen Beschäftigten „ein Mindestmaß an Sicherheit und Zukunftsperspektive“ zu geben. „Was bei Kaufland künftig für die Real-Beschäftigten gelten soll, ist in den anderen Handelsunternehmen ebenso möglich und notwendig“, betonte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

Scharfe Kritik von Verdi am scheidenden Metro-Chef Koch

Hart ins Gericht ging Nutzenberger mit dem scheidenden Metro-Chef Olaf Koch. Nachdem Koch „jahrelang die Kapitalinteressen auf Kosten der Beschäftigten verfolgt“ habe und auch der Veräußerung von Real „offenbar nur der Zerschlagung“ diene, nehme Kaufland „als erster Käufer die Interessen der Real-Belegschaft ernst“, sagte sie. Unter der Führung des Metro-Konzerns habe Real „Tarifflucht begangen und einen Lohndumping-Vertrag“ mit dem Verein DHV abgeschlossen, dem regelmäßig von Gerichten die Tariffähigkeit abgesprochen werde.

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Der Düsseldorfer Metro-Konzern hatte die Real-Geschäfte zunächst an das russische Investmentunternehmen SCP Retail abgegeben, das nun im großen Stil Filialen an Handelsriesen weiterreichen will. Das Bundeskartellamt teilte mit, es werde den Erwerb von bis zu 72 Real-Standorten durch Edeka nun bis zum 21. Dezember vertieft prüfen. Neben Kaufland ist Edeka nach Angaben der Behörde der zweite Lebensmitteleinzelhändler, der beim Kartellamt offiziell das Vorhaben angemeldet hat, Standorte von Real zu erwerben. Dabei gehe es um eine „wettbewerbliche Analyse“ und eine „Würdigung der Absatz- und Beschaffungsmärkte“.

Verdi hofft auf „Machtwort“ von Minister Altmaier

Die Gewerkschaft Verdi sieht mit Blick auf das Kartellverfahren grundsätzlich Verbesserungsbedarf. „Die Belange der Beschäftigten kommen bei Kartellprüfungen kaum vor“, kritisierte Verdi-Handelsexperte Orhan Akman im Gespräch mit unserer Redaktion. Im Fall Real sieht Akman insbesondere Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gefordert. „Wir erwarten von Minister Altmaier, dass er ein Machtwort spricht und klar Position für die Beschäftigten bei Real bezieht“, sagte Akman. „Der Minister muss raus aus der Deckung.“

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Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte dazu auf Anfrage unserer Redaktion: „Es gilt das hohe Gut der Sozialpartnerschaft. Die Sozialpartner führen Verhandlungen, hier muss die Politik sich raushalten. Dabei gilt natürlich, dass alle Akteure verantwortlich handeln müssen, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern, denn gerade die Beschäftigen im Lebensmittelhandel haben in der Corona-Krise unglaublich viel geleistet.“