Luzern/Hagen. Der Stahlkonzern Schmolz+Bickenbach, zu dem auch die Deutschen Edelstahlwerke in Siegen gehören, plant einen „Neustart“ unter anderem Namen.

Schmolz+Bickenbach soll nach über einhundert Jahren bald Geschichte sein. Jedenfalls, wenn es nach der Chefetage des Schweizer Stahlkonzerns geht. In Zukunft soll die Unternehmensgruppe mit Töchtern in Deutschland (Deutsche Edelstahlwerke) und Frankreich (Ascometal) „Swiss Steel Group AG“ heißen. „Wir schließen ein Kapitel ab und gehen in ein Neues“, sagt Unternehmenssprecherin Andrea Geile. Vorausgesetzt, die Aktionäre stimmen am 21. September bei einer außerordentliche Generalversammlung dem Vorschlag des Verwaltungsrates zu.

Verkauf von DEW aktuell kein Thema

Ein neuer Name löst natürlich noch lange nicht die finanziellen Probleme des Stahlherstellers, der 2019 tief in die roten Zahlen geriet und sich nur durch eine Finanzspritze in Höhe von 325 Millionen Schweizer Franken (rund 300 Millionen Euro) durch die Big Point Holding des Schweizer Milliardärs Martin Haefner (Amag) Luft verschaffen konnte. Nach passablem Start zum Jahresbeginn, schlug die Coronakrise und der damit verbundene Produktionsstopp in der Automobilindustrie so stark zu Buche, dass erneut eine Kapitalerhöhung vorbereitet wird.

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Dazu sollen die Aktionäre der Halbierung des Nennwertes ihrer Aktien zustimmen. Dieser Mindestwert liegt aktuell bei 30 Rappen (knapp 28 Eurocent). Die tatsächliche Notierung an der Schweizer Börse bewegt sich allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau und entspricht aktuell ungefähr den vom Verwaltungsrat vorgeschlagenen 15 Rappen Nennwert. Stimmen die Aktionäre der Halbierung ihrer Aktienwerte zu, wäre aus Sicht des Unternehmens der Weg kurzfristig frei für eine erneute Kapitalerhöhung innerhalb weniger Monate.

Damit wolle man sich lediglich eine Option offen halten, um den Konzern kurzfristig finanziell stärken zu können, erläutert Sprecherin Andrea Geile. Dass die Corona-Pandemie die Konzernkasse arg belastet, machte der Vorstandschef Clemens Iller im August bei der Bekanntgabe der jüngsten Unternehmenszahlen deutlich. Schmolz+Bickenbach greift aktuell nach jedem Strohhalm, etwa auch Staatshilfen. Während die Schweiz nach Unternehmensangaben bereits „Corona-Gelder“ in Aussicht gestellt habe, laufen die Anträge auch in anderen Ländern, unter anderem auch in Deutschland.

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Es würden zudem noch verschiedene Optionen geprüft, um dem Konzern finanziellen Spielraum zu verschaffen. Dabei gibt es offenbar keine Denkverbote, auch Verkäufe von Teilen des Konzerns wie etwa der deutschen Tochter „Deutsche Edelstahlwerke“ scheinen überlegt worden zu sein. „Im aktuellen Prozess ist das Management verpflichtet, alle Optionen zu prüfen. Natürlich wird dann hinterfragt, ob man Einheiten verkaufen könnte und zu welchen Konditionen. Derzeit ist sicherlich kein günstiges Umfeld für Unternehmensverkäufe. Nun haben wir die Nennwertreduktion beantragt und damit ergeben sich auch wieder andere Spielräume“, teilt Schmolz+Bickenbach dazu auf Anfrage dieser Zeitung mit.

Laufende Haustarifverhandlungen

Dass nach rund einhundert Jahren der Name der beiden Gründer Arthur Schmolz und Oswald Bickenbach verschwinden soll, die das Unternehmen in Düsseldorf zunächst als Stahlhandel begonnen hatten, könnte mit den neuen Mehrheitsstrukturen zusammenhängen. In Luzern hält man jedenfalls „Swiss Steel Group“ als Markennamen für eingängiger im internationalen Geschäft. Ein neuer Name signalisiere einen Neuanfang sowie eine klare, zukunftsgerichtete Positionierung als eines von zwei Schweizer Stahlunternehmen. Bei den Eidgenossen gelte Schmolz+Bickenbach als systemrelevant. „Die Gründerfamilien sind lange nicht mehr im Unternehmen“ begründet Sprecherin Andrea Geile noch einmal die Umbenennung. Die Tochtergesellschaften wie DEW mit rund 4000 Beschäftigten sollen weiter ihre vertrauten Namen behalten. Zu den laufenden Haustarifverhandlungen bei DEW, die eigentlich langsam abgeschlossen sein sollten, wollte sich das Unternehmen aktuell nicht äußern.