Zürich/Hagen. Zwei Milliardäre streiten um Einfluss beim Stahlproduzenten Schmolz+Bickenbach, zu dem DEW mit 5 Standorten und 4000 Beschäftigten in NRW gehört.

Das Tauziehen der Milliardäre um die Vorherrschaft beim finanziell schwer angeschlagenen Schweizer Stahlproduzenten Schmolz-Bickenbach mit seinem Tochterunternehmen Deutsche Edelstahlwerke hat vorerst ein Ende. Bei einer außerordentlichen Generalversammlung in Zürich stimmten knapp 80 Prozent der Aktionäre einer Kapitalerhöhung um mindestnes 325 Millionen Schweizer Franken zu.

Schweizer Mutter von DEW

Schmolz+Bickenbach (S+B) ist der Schweizer Mutterkonzern der Deutschen Edelstahlwerke mit fünf Standorten und noch rund 4000 Beschäftigten in NRW.

Größter DEW-Standort ist Witten mit zirka 1800 Beschäftigten inklusive des spezialisierten Standortes Hattingen (etwa 60 Beschäftigte). In Siegen arbeiten ca. 1200 Mitarbeiter, in Krefeld 630, in Hagen 410.

Unter der Marktschwäche hat DEW ebenso zu leiden wie der Mutterkonzern. S+B meldete für das 3. Quartal Einbrüche bei den Auftragsbeständen um 46,6 Prozent (392 Kilotonnen gegenüber 734 Kilotonnen im Vorjahresquartal). Die Produktion sank um 23,9 Prozent auf 395 Kilotonnen (3/2018: 519 Kilotonnen). Es wurde bewusst unterhalb der Auftragsmenge produziert, um die eigenen Lager zu leeren.

Der Absatz sank um 13,8 Prozent auf 405 Kilotonnen (3/2018: 470 Kilotonnen).

Der Umsatz sank um 14,1 Prozent auf 670 Millionen Euro (3/2018: 780 Mio.) Das Konzernergebnis betrug minus 419,8 Millionen Euro (minus 3,7 Mio.), da erhebliche Wertberichtigungen auf Anlagenbestände vorgenommen werden mussten.

Zuvor hatten die zwei Kontrahenten, der Schweizer Großaktionär Martin Haefner und der russische Investor Viktor Vekselberg, sich offenbar in letzter Minute verständigt. Haefners Ziel war es, 325 Millionen Schweizer Franken in das hoch verschuldete Stahl-Unternehmen zu stecken, um so seine Anteile von bislang 17,5 auf 37,5 Prozent zu erhöhen und an Einfluss zu gewinnen. Der russische Milliardär Vekselberg ist über die Finanzholding Liwet bislang mit 26,9 Prozent an S+B beteiligt. Haefners Forderung war es, dass Liwet von der Kapitalerhöhung ausgeschlossen wird. Nach Berichten der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) sei verhandelt worden, dass Liwet teilnehmen darf, um künftig mindestens 25 Prozent der Anteile zu halten und Haefner seine Anteile auf maximal 37,5 Prozent beschränkt. Die Entscheidung verschafft dem Schweizer Konzern zunächst einmal Luft. Der Finanzengpass der Unternehmensgruppe ist laut NZZ so groß, dass die finanziellen Mittel nur noch bis Januar gereicht hätten.

„Aufgrund dieses positiven Ergebnisses sind wir zuversichtlich, dass wir den Refinanzierungsprozess in den nächsten Wochen erfolgreich abschließen werden“, erklärte der S+B-Verwaltungsratsvorsitzende Jens Alder. Der Stahlkonzern hatte im November bittere Quartalszahlen vorgelegt. Schwindende Nachfrage insbesondere aus der Automobilbranche machen Schmolz+Bickenbach zu schaffen und sorgten aufgrund von Wertberichtigungen für ein Quartalsergebnis von minus 419,8 Millionen Euro. Im dritten Quartal waren die Auftragseingänge um 46,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.

4000 Jobs in Deutschland

Insbesondere die Stahlwerke des Tochterunternehmens Deutsche Edelstahlwerke mit Standorten in Witten und Hattingen sowie Hagen, Siegen und Krefeld waren demnach in den ersten neun Monaten des Jahres schlecht ausgelastet. In den deutschen Werken arbeiten rund 4000 der insgesamt 10.000 Beschäftigten der S+B-Gruppe. Bei DEW wird derzeit das Instrument Kurzarbeit eingesetzt, um die „Produktivitätslücke“ (Vorstandschef Clemens Iller) abzufedern.