Essen. Für die Adventszeit ist ein Stahlgipfel in Duisburg geplant. „Viel zu spät“, kritisiert die SPD-Abgeordnete Philipp angesichts der Corona-Krise.
In der Corona-Krise sind Stahlhersteller wie Thyssenkrupp, Arcelor-Mittal und HKM massiv in Bedrängnis geraten. Die „aktuelle Lage der Branche“ soll Thema eines Stahlgipfels werden, der für den Dezember in Duisburg geplant ist, teilte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) in einer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion mit. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, Sarah Philipp, kritisierte, das für die Adventszeit geplante Treffen komme „viel zu spät“. Sie warf der schwarz-gelben Landesregierung mangelnden Einsatz für die Stahlkocher vor.
Schon vor Wochen hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die „Systemrelevanz“ der Stahlindustrie hervorgehoben. Im Namen der Landesregierung bekräftigte Pinkwart nun diese Position: „Ministerpräsident Armin Laschet hat immer wieder hervorgehoben, dass eine nationale Stahlindustrie existenzielle Bedeutung hat für eine nachhaltige Klimapolitik, für Investitionen in die Infrastruktur und insgesamt für einen wettbewerbsfähigen Industriestandort Deutschland.“
Die „Systemrelevanz der Stahlindustrie“ ergebe sich, da sie „Basis vieler Wertschöpfungsnetzwerke“ sei, beispielsweise in der Automobilwirtschaft und im Maschinenbau, erklärte Pinkwart. Diese Position habe Laschet stets auch im Austausch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Regierungschefs der anderen Länder unterstrichen.
„Ich will diese Landesregierung kämpfen sehen“
Die Duisburger SPD-Abgeordnete Philipp reagierte verärgert auf die Antworten aus dem Ministerium. „Ich brauche von der Landesregierung keine Abhandlung über die Bedeutung von Stahl“, sagte sie unserer Redaktion. „Ich erwarte klare Zielvorstellungen und Konzepte, wie der Stahlstandort NRW auch in Zukunft noch ein Wachstumsmarkt mit sicheren Arbeitsplätzen sein kann. Das, was ich vom Wirtschaftsminister bisher lese und höre, wirkt auf mich aber alles ziemlich hilflos.“
Auch der Stahlgipfel, der nach Angaben der Duisburger IG Metall am 11. Dezember, also in vier Monaten stattfinden soll, komme nicht rechtzeitig genug, kritisierte Philipp. Pläne für den Stahlgipfel hatte es bereits Anfang März gegeben, wie aus einem unserer Redaktion vorliegenden Brief von Laschet an Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) hervorgeht. „Ich will diese Landesregierung kämpfen sehen. Stattdessen produziert sie nur heiße Luft“, sagte Sarah Philipp. „Das macht mich sehr wütend.“
Hoffen auf staatliche Förderung für Umbau der Stahlindustrie
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte Mitte Juli gemeinsam mit dem Branchenverband und der IG Metall ein „Handlungskonzept“ vorgestellt, das unter anderem finanzielle Förderungen bei Investitionen in eine CO2-arme Stahlproduktion vorsieht. Thyssenkrupp-Stahlbetriebsratschef Tekin Nasikkol betonte, die Belegschaft warte „händeringend auf die Investitionsentscheidung“ für eine Produktion von grünem Stahl. „Diese Entscheidung gibt es aber nur mit einem Förderprogramm, das eine konkrete Summe als Zuschuss festlegt. Das Programm muss bis Jahresende stehen, das ist unsere konkrete Forderung an die Bundesregierung.“
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Die IG Metall Duisburg-Dinslaken bemerkte, mit dem „Handlungskonzept“ der Bundesregierung gebe es zwar die Aussicht auf „eine milliardenschwere Förderung“ neuer Anlagen zur grünen Stahlherstellung auf Basis von Wasserstoff. Ziel müsse es allerdings sein, „dass das Geld jetzt zeitnah den Unternehmen zur Verfügung gestellt“ werde. NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart erklärte in seiner Antwort auf die Anfrage der SPD-Fraktion, auch die Landesregierung werde prüfen, ob zusätzliche finanzielle Mittel aus NRW im Zusammenhang mit dem Corona-Konjunkturprogramm der Bundesregierung fließen sollen.
„Stahlindustrie in Deutschland und in Duisburg in akuter Gefahr“
In einem „Aufruf zum Stahlgipfel“, den unter anderem Vertreter von Thyssenkrupp, Arcelor-Mittal und HKM sowie Oberbürgermeister Link unterzeichnet haben, heißt es: „Die Stahlindustrie in Deutschland und in Duisburg ist in akuter Gefahr.“ Mit rund 18.500 direkt Beschäftigten sei die Branche in Duisburg der mit Abstand größte Arbeitgeber, hinzu kämen Beschäftigte bei Zulieferbetrieben und Abnehmern.
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„Die Absatzschwäche, die durch die aktuelle Corona-Krise ausgelöst wurde, trifft die Branche in einer ohnehin schwierigen Zeit“, hieß es weiter. Probleme seien unter anderem steigende Energiekosten, Exporthindernisse und zunehmende Anforderungen bei Klimaschutz und Genehmigungen. Die Europäische Union sowie die Bundes- und Landesregierung seien gefordert, „ausreichende finanzielle Anreize und Genehmigungserleichterungen zu schaffen, damit die Unternehmen die grüne Transformation stemmen können“.