Essen. Trotz der Corona-Krise versprüht der künftige RWE-Chef Krebber Optimismus. Kurzarbeit gibt es nicht, die Dividende soll wie geplant steigen.

Der Umzug läuft: Rund 950 Mitarbeiter kommen dieser Tage von der Essener Huyssenallee zum neuen Firmen-Campus von RWE am Rande der nördlichen Innenstadt. Der künftige Vorstandschef meldet sich indes schon aus der neuen Zentrale zu Wort. Für Markus Krebber ist es seine erste telefonische Pressekonferenz als designierter Konzernchef. Allerdings soll der Manager erst in mehr als einem Jahr, Anfang Juli 2021, auf den langjährigen RWE-Chef Rolf Martin Schmitz folgen. Bis es soweit sei, werde sich an der Rollenverteilung nichts ändern, beteuert der 47-Jährige. „Natürlich kann ich mich gedulden“, sagt Krebber. Er konzentriere sich weiterhin auf seine Aufgabe als Finanzchef. Alles andere würde „nur Konfusion verursachen“.

Die Strategie von RWE haben Schmitz und Krebber ohnehin gemeinsam erarbeitet – als Zwei-Personen-Vorstand, was ungewöhnlich ist für einen Dax-Konzern. Nach der historischen Übereinkunft mit dem Konzernnachbarn Eon und der Zerschlagung von Innogy will sich RWE als Produzent erneuerbarer Energien neu erfinden und die Zeit von Kernkraft und Braunkohle hinter sich lassen. Innerhalb von 20 Jahren, so lautet das Ziel des RWE-Vorstands, soll der Traditionskonzern klimaneutral sein.

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„Unsere Strategie zahlt sich aus“, sagt Krebber. „Die neue RWE wächst profitabel. Und sie zeigt sich auch in der Corona-Krise robust.“ Von Anfang Januar bis Ende März sei das Konzernergebnis (bereinigtes Ebitda) von 824 Millionen Euro auf 1,3 Milliarden Euro gestiegen. Die Gewinnprognose für das Gesamtjahr bestätigt der Vorstand trotz der Corona-Krise. Auch die Dividende soll steigen. Für das vergangene Jahr schlägt das Management 80 Cent je Aktie vor – 85 Cent sind es für das laufende Geschäftsjahr. Wegen der Pandemie soll es am 26. Juni erstmals in der RWE-Geschichte eine virtuelle Hauptversammlung geben.

Norwegischer Staatsfonds steigt aus

Die gute Stimmung wird vom Rückzug eines einflussreichen Aktionärs getrübt. Kurz vor der Quartalsbilanz hat sich der norwegische Staatsfonds von seinen RWE-Aktien getrennt. Der größte Fonds der Welt begründet den Schritt unter anderem mit der Bedeutung der Braunkohleförderung im Geschäftsmodell von RWE. Er sei „persönlich enttäuscht“, sagt Krebber dazu in der Telefonkonferenz. RWE investiere massiv in die Energiewende. Der Staatsfonds war zwar lediglich mit 0,6 Prozent an RWE beteiligt, doch die Entscheidung hat breite Beachtung gefunden. Krebber betont indes: „Wir erwarten keine Nachahmer.“

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Der Einfluss nordrhein-westfälischer Kommunen bei RWE ist durch Aktienverkäufe etwas zurückgegangen. Doch nach wie vor gehören zu den großen Anteilseignern mehrere Ruhrgebietsstädte. Mit 3,8 Prozent sind die Dortmunder Stadtwerke DSW21 größter kommunaler Einzelaktionär. Auch Essen und Mülheim sind weiterhin an RWE beteiligt, während Städte wie Bochum und Düsseldorf ausgestiegen sind. Die Kommunen halten Unternehmensangaben zufolge aktuell insgesamt etwa 15 bis 17 Prozent der RWE-Aktien.

„Wer abschaltet, muss auch anschalten“

Für den Ausbau der erneuerbaren Energien plant RWE eigenen Angaben zufolge Nettoinvestitionen in Höhe von rund fünf Milliarden Euro bis zum Jahr 2022. Krebber verweist auf eine Reihe von Projekten, darunter Bauarbeiten für einen neuen Offshore-Windpark in Großbritannien und die Investitionsentscheidung für weitere Windanlagen in der deutschen Nordsee. Auch in Taiwan und in den USA ist der Ruhrgebietskonzern aktiv. In NRW laufen Arbeiten für einen kleineren Windpark bei Jüchen auf einem rekultivierten Gelände des Tagebaus Garzweiler.

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„Wer abschaltet, muss auch anschalten“, sagt Krebber – auch mit Blick auf den geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung, von dem RWE besonders betroffen ist. Generell müsse der Bau von Windkraft- und Solaranlagen in Deutschland beschleunigt werden, wenn – wie angestrebt – der Anteil erneuerbarer Energien in Deutschland bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent steigen soll. „Aktuell noch wenig im Fokus, aber für die Zielerreichung elementar, ist der Zubau von Windkraft auf See“, betont Krebber.

Große Teile des Stroms im Voraus verkauft

Durch die Corona-Krise sei in den vergangenen Wochen die Stromnachfrage zurückgegangen, dies habe aktuell aber kaum Einfluss auf die Geschäftszahlen von RWE, da der Konzern große Teile des Stroms im Voraus verkauft. Auch mit Blick in die Zukunft mache er sich angesichts der Pandemie „wirtschaftlich überhaupt keine Sorgen“. Während viele Unternehmen derzeit Liquiditätshilfen brauchen oder Kurzarbeit anmelden müssen, sei die Situation bei RWE eine andere: „Wir brauchen keine finanziellen Hilfen. Und bei uns sind keine Beschäftigten in Kurzarbeit“, hebt Krebber hervor.

Trotz der Corona-Pandemie sei auch der neue RWE-Campus in Essen „termingerecht fertig geworden“, berichtet Krebber. Wenn im kommenden Jahr ein letzter Bauabschnitt fertig ist, sollen rund 3000 Beschäftigte auf dem RWE-Areal beschäftigt sein.