Essen. Konzernchef Schmitz stellt „die neue RWE“ vor. Seine Strategie: weniger Kohle, mehr Erneuerbare. 2040 soll der Energiekonzern klimaneutral sein.
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz meldet sich aus einem Rohbau zu Wort. Veranstaltungsmanager haben Tische mit Betonplatten aufgestellt. Die Lüftungsrohre im provisorischen Konferenzraum sind noch nicht verkleidet. Draußen auf der Baustelle herrscht Betriebsamkeit. Die gewünschte Symbolik ist eindeutig: Hier präsentiert sich ein Unternehmen, das sich verändert. „Heute beginnt die Ära der neuen RWE“, verkündet Schmitz. Der traditionsreiche Energiekonzern wandelt sich und lässt sich an einer neuen Adresse am Nordrand der Essener Innenstadt nieder. Die Altenessener Straße 37 wird zum RWE Platz 1.
Um die Besonderheit des Tages zu unterstreichen, mischen sich auch Mitglieder des Aufsichtsrats unter die Journalisten, darunter RWE-Chefaufseher Werner Brandt, der frühere Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske und der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Es kommt einem Schulterschluss gleich: Verdi hat enormen Einfluss bei RWE. Dortmund ist der größte Aktionär im Kreise der Ruhrgebietskommunen, die an RWE beteiligt sind.
Grün gehört künftig zur Unternehmensfarbe von RWE
Zu Beginn der Veranstaltung gibt es einen Imagefilm zu sehen, in dem Windräder eine Hauptrolle spielen. Ein verändertes Erscheinungsbild soll die Neuausrichtung von RWE begleiten. Zur Unternehmensfarbe Blau kommt das Grün. Auch die Buchstaben im Firmenlogo von RWE bekommen eine neue Form. Weicher und kompakter sollen sie wirken.
Bis zum Jahr 2040, so verspricht RWE-Chef Schmitz, wolle das Unternehmen „klimaneutral“ sein. Nach dem Atomausstieg soll schrittweise auch die Kohle aus dem Konzern verschwinden. In Großbritannien werde RWE das letzte Kohlekraftwerk im kommenden Jahr stilllegen. Bis 2030 soll in den Niederlanden Schluss sein mit der Kohleverstromung. Deutschland werde „bis spätestens 2038“ folgen. Zwei Jahre später wolle RWE „zu 100 Prozent klimaneutral“ sein. „Wir steigen konsequent und verantwortungsvoll aus den fossilen Energieträgern aus“, beteuert Schmitz. Zugleich werde RWE massiv in Wind- und Sonnenenergie sowie Technologien für Energiespeicher investieren.
RWE will einer der global führenden Ökostrom-Produzenten sein
Nach der Transaktion mit dem Konzernnachbarn Eon, der die RWE-Tochter Innogy übernimmt, will Schmitz sein Unternehmen als einen der global führenden Ökostrom-Produzenten profilieren. Europaweit starte RWE als Nummer drei bei den regenerativen Energien. Insbesondere im Geschäft mit Windkraft auf hoher See ist der Revierkonzern schon jetzt stark.
Der Neustart von RWE ist Folge des Deals mit dem Nachbarkonzern Eon. Schmitz hatte sich mit Eon-Chef Johannes Teyssen darauf geeinigt, Innogy zu zerschlagen. Eon übernimmt das Vertriebs- und Netzgeschäft, RWE bündelt den Bereich Stromerzeugung und wird künftig weltweit rund 20.000 Mitarbeiter beschäftigen. Im Zuge der Neuaufstellung sollen rund 4000 Beschäftigte von Eon und Innogy zu RWE wechseln.
Wie stark sich RWE verändere, lasse sich auch an der erwarteten Verteilung der Gewinne des Konzerns ablesen. „Künftig kommen nur noch 20 Prozent aus dem konventionellen Bereich“, erklärt RWE-Finanzchef Markus Krebber. 60 Prozent würden im Geschäft mit erneuerbaren Energien erwirtschaftet. Hinzu sollen jeweils zehn Prozent aus dem Energiehandel sowie Finanzbeteiligungen kommen. So beteiligt sich RWE mit knapp 17 Prozent am einstigen Rivalen Eon.
„Mit großer Lust auf das Neue“
Rein rechnerisch könne RWE seine operative Ertragskraft auf über drei Milliarden Euro verdoppeln, erläutert Krebber. Die Dividende solle mindestens auf dem jetzigen Niveau bleiben und langfristig leicht steigen.
„Heute brechen wir auf zu neuen Ufern – mit großer Lust auf das Neue“, sagt RWE-Chef Schmitz. Sein Konzept stellt er an historischer Stelle vor. Die neue Unternehmenszentrale wird auf dem Gelände gebaut, auf dem das 1898 gegründete „Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk“ sein erstes Kraftwerk errichtet hatte. „Schon bald werden hier über 3000 RWE-Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz, ihre berufliche Heimat haben“, sagt Schmitz. Jede Energie habe ihre Zeit, sagt er. „Jetzt beginnt die Ära der Erneuerbaren.“