An Rhein und Ruhr. Der DGB legt auf einem Kongress einen Plan für den Strukturwandel vor. Bundesfinanzminister Olaf Scholz spricht über den Altschuldenschnitt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund will den Strukturwandel in NRW aktiv und im Schulterschluss mit der Politik und Wirtschaft mitgestalten. „Globalisierung, Digitalisierung und der Klimawandel stellen uns vor große Herausforderungen. Diese gilt es beherzt anzupacken, um den Strukturwandel für die Menschen in NRW zum Erfolg zu führen“, erklärte gestern Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW auf einem Kongress im Wissenschaftspark in Gelsenkirchen, auf dem auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz und NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart vor 200 Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft sprachen.

Der DGB hat im Rahmen seiner Kampagne „Stark im Wandel“ einen 11-Punkte-Plan aufgestellt, in dem er unter anderem eine schnelle Entschuldung der Kommunen fordert, eine breit angelegte Qualifizierungsoffensive und Fördermöglichkeiten für Unternehmen, die aufgrund des Strukturwandels ihr Geschäftsmodell verändern müssen, dies aber aus eigener Kraft finanziell nicht stemmen können.

Diskutierten auf dem DGB-Kongress „Stark im Wandel“: (vl.l) NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, DGB-Vorsitzende Anja Weber, Moderatorin Beate Kowollik, Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Stefan Körzell vom DGB.
Diskutierten auf dem DGB-Kongress „Stark im Wandel“: (vl.l) NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, DGB-Vorsitzende Anja Weber, Moderatorin Beate Kowollik, Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Stefan Körzell vom DGB. © FFS | Foto: Michael Korte

Die Auswirkungen der Digitalisierung sind längst in allen Branchen zu spüren. Darin waren sich die 200 Gäste des DGB-Kongresses „Stark im Wandel“ im Wissenschaftspark Gelsenkirchen einig. Doch geht der „Strukturwandel: sozial, ökologisch, fair?“ überhaupt. Muss er, sagt Anja Weber. Nur, wenn „ökologische Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Vernunft gleichermaßen vorangetrieben werden, kann er gelingen. Wer eine Seite entwickelt, ohne die anderen zu berücksichtigen, wird scheitern“, sagte die DGB-Landesvorsitzende.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz fordert „mehr Wachstum mit weniger Ressourcen“

Dem widersprachen Bundesfinanzminister Olaf Scholz und NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart nicht. „Arbeit ist mehr als nur der Brotverdienst. Wandel braucht Solidarität“, sagte Olaf Scholz. Solidarität beispielsweise auch beim Thema Altschuldenschnitt, für den der Vizekanzler nach einem Jahr Diskussion „in Kürze“ einen Vorschlag in Aussicht stellte und erneut einen Beitrag des Landes einforderte: „Es muss ein Konsens her.“

Aufgabe der Wirtschaft sei es, „mehr Wachstum mit weniger Ressourcen“ zu schaffen. Dazu brauche es „mehr saubere Energie, ein gutes und stabiles Stromnetz, und in der Stahl- und Chemieindustrie wird Wasserstoff eine immer größere Rolle spielen“, so Scholz. Mit Blick auf die Digitalisierung mahnte der Vizekanzler an, sich nicht nur auf die technologische Seite zu fokussieren: „Wir müssen sicherstellen, dass auch 40- und 50-Jährige noch einen ganz neuen Beruf erlernen können.“ Denn Berufe, die mit Mitte 20 erlernt wurden, könnte es 20 Jahre später nicht mehr geben. „Wer jetzt Trucker ist und liest, dass die Lkw irgendwann autonom fahren könnten, hat das Gefühl, dass er nicht bis 65 durchkommen wird“, sagte Scholz.

„Der Wandel ist eine riesige Herausforderung und Chance zugleich“

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart sieht in dem Wandel „eine riesige Herausforderung und Chance“ zugleich. Wenn das Kohleausstiegsgesetz, über das heute in erster Lesung im Bundestag debattiert wird, kommt, „werden wir noch unendlich viel Arbeit haben“. Aber keine Zeit. Denn „wir brauchen schnell erneubare Energien“ und auch „neue Berufe“, so der Minister. Und dazu müssten sich Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft „schnell abstimmen.“

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Dagegen hat der DGB nichts. Allerdings werde es keine „einfachen Lösungen geben“, sagte Stefan Körzell, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes. Manchmal fühlten Menschen Ohnmacht, wenn sie den Begriff Strukturwandel hören. Ein erster wichtiger Schritt sei der schnellen Altschuldenschnitt für die Kommunen. Die seien „die Keimzelle der Demokratie. Und wenn die Bürger nur den Verfall in ihren Städten erfahren, dann wenden sie sich ab“, glaubt Körzell.

Eine Region, die sich im stetigem Strukturwandel befinde, sei der Niederrhein und Duisburg. Am Beispiel des Duisburger Hafens hatte der DGB in Duisburg jüngst einen Austausch mit seinen Mitgliedern, dem Wirtschaftsdezernenten der Stadt Duisburg und Hafenchef Erich Staake. Rund 47.000 Arbeitsplätze sind hier entstanden. Auch Umsatz- und Umschlagzahlen zeigen die große Bedeutung des zum Logistikstandort ausgebauten Hafens. Dennoch bleiben Herausforderungen, sagt Angelika Wagner, Geschäftsführerin der DGB Region Niederrhein: „Eine verbesserte Verkehrs- und Infrastrukturpolitik und bessere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte sind Themen, die uns als Gewerkschaften umtreiben.“ Und das nicht nur in Duisburg.

Mehr über die DGB-Kampagne und den 11-Punkte-Plan: www.nrw.dgb.de/stark-im-wandel