Essen. Die SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Ruhrgebiet erhöhen in der Altschuldenfrage der Städte den Druck auf die NRW-Landesregierung.

In der Frage der Altschuldenhilfe für hoch verschuldete Städte üben die 16 SPD-Bundestagsabgeordneten aus dem Ruhrgebiet scharfe Kritik an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. „Wir erwarten von Laschet, dass er jetzt handelt. Wenn er wollte, könnte er bereits morgen damit anfangen“, sagte Michael Groß, Sprecher der SPD-Bundestagsgruppe beim Besuch der Abgeordneten in der WAZ-Redaktion. Groß verwies auf den Bund, der längst die Bereitschaft signalisiert habe, den betroffenen Kommunen zu helfen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) habe sich in der Regierung durchgesetzt und mehrfach die Übernahme der Hälfte aller kommunalen Altschulden durch den Bund in Aussicht gestellt, betonte er. Nun sei das Land am Zug.

Die SPD Bundestagsabgeordneten im Gespräch mit WAZ-Redakteuren in der Zentralredaktion in Essen.
Die SPD Bundestagsabgeordneten im Gespräch mit WAZ-Redakteuren in der Zentralredaktion in Essen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Frank Schwabe, Bundestagabgeordneter im Kreis Recklinghausen, sprach von einer „historischen Chancen“ und warnte davor, dass sich das Zeitfenster für die Umsetzung des Altschuldenschnitts schon bald wieder schließen könnte, etwa im Falle eines möglichen Groko-Endes in Berlin. Er forderte den NRW-Ministerpräsidenten auf, endlich aktiv zu werden und bei den anderen Bundesländern Solidarität zu organisieren. In der Bundesregierung gebe es indes Zweifel, ob Laschet das Geld für die Entschuldung der Kommunen überhaupt wolle, so Schwabe.

Müntefering: Entschuldungen entschlossen angehen

Auch für Michelle Müntefering ist beim Thema Altschulden „der Drops noch nicht gelutscht.“ Wenn sich das Ruhrgebiet gut entwickeln solle, müsse die Entschuldung der Revierstädte entschlossen angegangen werden, sagte die Herner Bundestagsabgeordnete und Staatsministerin im Auswärtigen Amt.

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Die SPD Bundestagsabgeordneten aus dem Ruhrgebiet beim Besuch der WAZ-Zentrale in Essen: Michael Gerdes, Michael Groß, Markus Töns, Bärbel Bas, Michele Müntefering und Dirk Heidenblut (v.l. vorne), sowie Rene Röspel, Frank Schwabe, Dirk Vöpel, Mahmut Özdemir und Axel Schäfer (v.l. hinten).
Von Andreas Tyrock, Lutz Heuken, Michael Kohlstadt, Christopher Onkelbach

Die Altschulden gelten als eine zentrale Ursache für den geringen finanziellen Handlungsspielraum der Revierkommunen. Hier türmt sich ein Drittel aller kommunalen Altschulden in Höhe von bundesweit rund 45 Milliarden Euro auf. Die Schulden sind so hoch, dass Städte wie Essen, Dortmund oder Oberhausen trotz deutlich verbesserter Einnahmen und Erfolgen bei der Haushaltskonsolidierung beim Abbau der Liquiditätskredite nicht vorankommen. Allein Essen hat mit rund zwei Milliarden Euro so viel Dispo-Schulden wie sämtliche Städte und Gemeinden Niedersachsens zusammen. Finanzexperten warnen deshalb seit Langem davor, dass die Ruhrgebietskommunen ihre Schuldenberge aus eigener Kraft und selbst unter verschärften Sparbemühungen in vertretbaren Zeiträumen nicht mehr abtragen können.

„Hessenkasse“ nicht übertragbar aufs Ruhrgebiet

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Eine Lösung der Altschuldenfrage steht seit Jahren im Raum. Doch das Thema galt im Bund bisher als schwer vermittelbar, weil bundesweit lediglich ein Fünftel der insgesamt rund 10.000 Städte und Gemeinden betroffen sind. Zudem konzentriert sich das Problem auf nur vier Bundesländer, darunter NRW.

Zuletzt hatte Hessen als erstes Bundesland ein Programm für die Entschuldung seiner Kommunen eingeführt. Dort übernimmt das Land die Hälfte aller kommunalen Kassenkredite. Die „Hessenkasse“ gilt unter Finanzexperten allerdings als nicht übertragbar auf das Ruhrgebiet, weil die Revierkommunen Schuldenberge in einer andere Größenordnung haben als die hessischen.