Duisburg. Die Niederrheinische IHK fordert beim Neujahrsempfang in Duisburg die Rheinvertiefung und einen Bürokratieabbau. Andreas Pinkwart war Gastredner.

Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel – drei Schlagworte, an denen die Wirtschaft auch im Jahr 2020 nicht vorbei kommt. Für NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart ist klar, dass „die Herausforderungen der Globalisierung anders, der weltweite Wettbewerb intensiver und die Welthandelssituation schwieriger werden.“ Dies sagte er vor etwa 800 Gästen beim Neujahrsempfang der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer in der Duisburger Mercatorhalle.

Bei der Digitalisierung habe man etwa 20 Prozent erreicht. „80 Prozent warten noch auf uns“, so der Minister. Durch die Digitalisierung würden die Innovationszyklen immer kürzer. „Wenn wir heute einen Prototypen an den Start bringen, weiß es morgen die ganze Welt.“ Umso wichtiger sei es, dass Genehmigungsverfahren verkürzt werden. Worte, die IHK-Präsident Burkhard Landers gerne hören dürfte. Denn einen Bürokratieabbau fordert die Wirtschaft schon lange. Pinkwart hob auch die Bedeutung der Stahlindustrie für das Land hervor. „Für uns ist die Stahlindustrie eine hochinnovative Industrie. Sie muss in Zukunft klimaneutral arbeiten“, sagte der FDP-Politiker. Das Stärkungsprogramm für die Stahlindustrie sei ein „wichtiger Impuls“, sagte auch Burkhard Landers, allerdings fehlten noch konkrete Ideen.

Zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft trafen sich in der Duisburger Mercatorhalle beim Neujahrsempfang der niederrheinischen IHK.
Zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft trafen sich in der Duisburger Mercatorhalle beim Neujahrsempfang der niederrheinischen IHK. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Grundsätzlich sieht Landers aber die Wirtschaft und Politik „gemeinsam auf einem guten Weg“. Doch „das Thema Fachkräfte brennt uns auf den Nägeln, beim Bürokratieabbau sollte es schneller gehen, wir brauchen die Rheinvertiefung und wir warten auf die Schleusenreparaturen“. Schwarz-Gelb habe „die richtige Parole ausgegeben, NRW soll zu den anderen Bundesländern aufschließen.“ Diese Zielmarke verfehle das Land aber nach wie vor.

„Das vergangene Jahrzehnt hat uns den digitalen Schub gebracht“

Landers blickte in seiner Rede auch auf das vergangene Jahrzehnt zurück, „das uns den digitalen Schub brachte. Wir shoppen, buchen und navigieren mit dem Smartphone.“ Die 2010er Jahre, das seien aber auch die Jahre gewesen, in denen die Folgen der Lehman-Pleite und die Zitterpartie Griechenlands Europa wirtschaftlich zwar stärker zusammen rücken ließ. „Zugleich leiden wir aber nach wie vor unter einer Null-Zins-Politik, die unsere Banken unter Druck setzt und die Immobilien-Märkte anheizt.“ Wirtschaftskrise, Digitalisierung, Klimawandel und Migration – „diese Begriffe beschrieben die Umwälzung des vergangenen Jahrzehnts“, so Landers. Die Folgen werden auch im neuen Jahrzehnt noch präsent sein. Der Brexit „wird uns das ganze Jahr begleiten. Wir haben uns vom Freihandelsabkommen TTIP verabschiedet. Die WTO und mit ihr der internationale Freihandel steht heute de facto vor dem Aus“.

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Nach zehn Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs stehe Deutschland strukturell nicht viel besser da als 2009. „Das Steuersystem und die Bürokratie sind unverändert, die Straßen, Wasserwege und Schienen in einem desolaten Zustand. Das ist eines modernen Wirtschaftslandes nicht würdig“, so Landers. Aktuell stehe die Wirtschaft am Rande einer Rezession. Auch wenn die Auftragsbücher der Bauindustrie noch voll seien und das Weihnachtsgeschäft für den Handel gut lief, so „befinden sich Industrie und die Dienstleister im Abschwung. Die Exporte brechen weg, die Aussichten sind trübe und die Verunsicherung ist groß.“

„Es gibt einen guten Dialog mit den Kommunen“

Landers forderte erneut Steuersenkungen für Unternehmen, „die im Vergleich zu anderen OECD-Ländern rund 20 Prozent mehr Steuern zahlen. Diesen Wettbewerbsnachteil können wir uns nicht leisten.“ In Sachen Klimaschutz fehle eine Folgekostenabschätzung: „Wir alle erwarten, dass die Industrie in den Klimaschutz investiert. Gleichzeitig gefährden unsere steigenden Energiepreise den Industriestandort.“ Landers hält es für „unverzichtbar, dass für den europäischen Green Deal eine belastbare Kostenabschätzung vorgenommen wird. Wir müssen wissen, worauf wir uns einlassen, um den Prozess effizient steuern zu können.“

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Der IHK-Präsident fand aber auch lobende Worte. Es gebe einen „guten Dialog“ mit den Kommunen am Niederrhein. In Duisburg haben Unternehmen und Stadtverwaltung im Masterplan Wirtschaft über 60 Projektideen entwickelt. In Moers habe man unter dem Stichwort „Handlungsprogramm Wirtschaft“ nun ähnliches vor. Der Vorteil sei: „Wir kennen uns untereinander und die Herausforderungen vor Ort. In der Regel kommen wir rasch und pragmatisch zu guten Lösungen. Doch manchmal stoßen wir im regionalen Dialog an unsere Grenzen.“ Landers nannte das Beispiel der Kiesabgrabungen. „Uns allen ist klar: Wenn wir Straßen und Brücken modernisieren und neue Wohnungen bauen wollen, benötigen wir Kies und Sand für den Beton.“ Jeder Bundesbürger verbrauche pro Tag 24 Kilogramm Sand und Kies. Für die Abgrabungskonferenz, zu der das NRW-Wirtschaftsministerium im Oktober eingeladen hatte, „sind wir dankbar.“ Damit habe das Ministerium „trotz Getöse einzelner Kommunalpolitiker aus der Region wieder Ruhe in das Kies-Verfahren gebracht hat.“

Burkhard Landers appelliert: „Zeigen wir Flagge, wenn es darauf kommt“

Und genau diese Unterstützung wünsche sich die IHK auch bei anderen Themen, wie der Umsetzung des Regionalplanes Ruhr. „Wir müssen uns gemeinsam darum kümmern, wie wir im Ruhrgebiet rasch Gewerbeflächen erschließen, wo wir Infrastrukturprojekte planen wollen, wo Freizeit und Erholung ihren Platz finden.“

Es sei an den Beispielen Digitaler Masterplan Duisburg und der Abgrabungskonferenz erkennbar, dass sich die Unternehmen „gut und wirksam“ einbringen können. „Zeigen wir Flagge, wenn es darauf ankommt“, appellierte Landers. Und das auch beim Thema Integration. Mit einem „Kraftakt“ habe die Gesellschaft und Wirtschaft die Flüchtlinge aufgenommen und integriert. „In unseren Unternehmen erleben wir täglich, wie Integration gelingt und darauf sollten wir stolz sein. Sagen wir nein zu jeder Art von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit, sagen wir nein zu Rassismus und Nationalsozialismus.“