Duisburg/Dortmund. Die Ausbreitung des Coronavirus trifft auch Unternehmen an der Ruhr. Warum viele Umsatzeinbußen beklagen und erste Firmen Kurzarbeit einführen.

Die Ausbreitung des Coronavirus beeinträchtigt zunehmend auch die Wirtschaft im Ruhrgebiet. Eine Blitzumfrage der Duisburger IHK ergab, dass fast ein Drittel der Betriebe mit Auslandsgeschäft in Duisburg und am Niederrhein Umsatzeinbußen verbuchten. Die Gründe: In China, wo das neuartige Virus vermutlich seinen Ursprung hat, sind Fabriken geschlossen, Flug- und Schiffsverbindungen wurden gekappt und Messen abgesagt. Eine „niedrige zweistellige Zahl“ von Unternehmen in NRW hat nach Angaben der Agentur für Arbeit wegen der Lieferengpässe bereits Kurzarbeit angemeldet.

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Der IHK-Umfrage zufolge, an der sich 100 Firmen mit weltweit 50.000 Beschäftigten beteiligten, ziehen die Unternehmen Konsequenzen: Ein Drittel verzichtet auf Geschäftsreisen in die Regionen, in denen das Coronavirus verbreitet ist. Geplante Geschäftsbesuche werden verschoben, Messeauftritte abgesagt. Um mit Kunden in Kontakt zu treten, greifen die Betriebe stattdessen auf Telefon- und Videokonferenzen zurück.

IHK Duisburg befürchtet Lieferengpässe

Sehr viel stärker ins Kontor schlagen allerdings Lieferengpässe. Mehr als jedes vierte Unternehmen in Duisburg und am Niederrhein gibt an, unter stillstehenden chinesischen Fabriken zu leiden. „Die Lager leeren sich, denn neue Ware kommt nicht nach“, heißt es bei der IHK. Die Experten der Kammer tun sich schwer mit einer Prognose für die Zukunft.

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„Die Ausbreitung des Virus in Europa zeigt, dass sich die Lage täglich ändern kann“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Dietzfelbinger. „Eine Entspannung erwarten unsere Unternehmen nicht: Jedes zweite rechnet mit weiteren Umsatzeinbußen und mit größeren Schwierigkeiten bei der Warenbeschaffung.“ Dietzfelbinger warnt davor, dass „wichtige Produktionsketten abreißen“.

In den Städten Essen, Mülheim und Oberhausen unterhalten rund 500 Unternehmen Beziehungen zu China. Zu Italien, wo ebenfalls die Coronavirus-Epidemie ausgebrochen ist, seien es noch mehr Betriebe, teilte die IHK Essen mit. „Die Unternehmen sollten ruhig bleiben, überlegt handeln und sich regelmäßig informieren“, so rät Hauptgeschäftsführer Gerald Püchel. Gleichwohl sei der Beratungsbedarf seiner Mitglieder groß. Unter www.essen.ihk24.de hat die Kammer die wichtigsten Fragen und Antworten rund um Corona zusammengetragen.

Hunderte Revier-Firmen haben Beziehungen nach China

Im Bezirk der IHK Dortmund unterhalten mehr als 300 Mitgliedsfirmen Geschäftsbeziehungen nach China. Kammer-Präsident Heinz-Herbert Dustmann erklärte am Donnerstag, die Unternehmen müssten sich auf ausbleibende Lieferungen einstellen. Sie sollten sich auf mögliche alternative Lieferanten einstellen und Gespräche mit ihren Transportversicherern führen. Der Präsident rechnet aufgrund des gestiegenen Lieferdrucks mit steigenden Transportkosten.

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Der Essener Unternehmerverband registriert eine „große Verunsicherung“ unter seinen Mitgliedsfirmen. Die Nachfragen in der Rechtsabteilung seien „spürbar“ gestiegen. Ulrich Kanders, Hauptgeschäftsführer des Verbands und Rechtsanwalt für Arbeitsrecht, weist darauf hin, dass Chefs ihre Mitarbeiter nur in Ausnahmefällen von der Pflicht befreien können, zur Arbeit zu kommen. Sie Sorge vor einer Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus reiche nicht aus.

Erste Betriebe melden Kurzarbeit an

„Sollte es eine Firma besonders hart treffen und der Betrieb kann nicht aufrechterhalten werden“, so Kanders, könne das Unternehmen Kurzarbeit anmelden. Bei einem durch eine Pandemie verursachten Arbeitsausfall zahle die Agentur für Arbeit den Beschäftigten konjunkturbedingtes Kurzarbeitergeld. Laut Essener Unternehmerverband seien in NRW bereits entsprechende Anträge bewilligt worden.

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Der Essener Energiekonzern RWE hat bereits erste Konsequenzen aus der Coronavirus-Krise gezogen und einen für den 4. März in Berlin geplanten Talk zum Kohleausstiegsgesetz abgesagt. Man habe sich „entschlossen, größere interne wie externe Veranstaltungen, die nicht zwingend geschäftsnotwendig sind, bis auf Weiteres abzusagen, um etwaige Ansteckungsrisiken für unsere Stakeholder, Geschäftspartner und Mitarbeiter zu minimieren“, erklärte RWE.

Bereits Ende Januar hatte der Versorger seinem Mitarbeitern in China empfohlen, von zu Hause aus zu arbeiten und Reisen möglichst zu vermeiden. Seit Mitte Februar besteht einem Sprecher zufolge „ein RWE-weites striktes Reiseverbot“ für alle Geschäftsreisen von Europa und den USA nach Asien sowie von Asien nach Europa und in die USA. „Unsere Mitarbeiter sind zudem angehalten, Besuche von Geschäftspartnern aus Asien abzusagen und stattdessen andere Kommunikationsmöglichkeiten zu nutzen. Seit heute sind auch Geschäftsreisen in die betroffenen norditalienischen Regionen untersagt“, teilte RWE mit.

„Generell sind wir auf Pandemien vorbereitet“, sagt eine Sprecherin des Essener Chemiekonzerns Evonik. Der mehrstufige Pandemieplan umfasse Verhaltensempfehlungen zum Infektionsschutz – auch bei Auslandsreisen. Darin enthalten seien aber auch die Verschiebung von Veranstaltungen, die Installierung von Heimarbeitsplätzen, die Vorbereitung von Vertretungsregeln und „die Reduktion des Betriebs auf Kernfunktionen“.