Essen. „Zu lange kein Spiel mehr gewonnen“ – die IG Metall rechnet mit Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff ab. Verhandlungen über Abfindung stehen an.
Dass Thyssenkrupp-Vorstandschef Guido Kerkhoff seit nur etwas mehr als einem Jahr seinen Posten wieder räumen soll, begründet die IG Metall mit anhaltender Erfolglosigkeit des Top-Managers. „Kerkhoff ist ein guter Trainer, der zu lange kein Spiel mehr gewonnen hat“, sagte Markus Grolms, der die Interessen der Gewerkschaft bei Thyssenkrupp als stellvertretender Aufsichtsratschef vertritt. Auch zu Spekulationen über eine mögliche Sonderdividende nach einem Verkauf der milliardenschweren Aufzugsparte von Thyssenkrupp äußert sich Grolms.
Grolms ist auch Mitglied des Personalausschusses, der dem Aufsichtsrat empfohlen hat, mit Kerkhoff Verhandlungen über eine zeitnahe Beendigung seines Vorstandsmandates aufzunehmen. Anstelle von Kerkhoff soll die bisherige Aufsichtsratschefin Martina Merz für eine maximale Dauer von zwölf Monaten als Vorsitzende in den Vorstand entsandt werden.
Seit seinem Amtsantritt korrigierte Kerkhoff drei Mal die Gewinnprognosen. Neben der Stahlfusion musste Kerkhoff auch die Pläne für eine Zweiteilung des Unternehmens begraben. Stattdessen steht nun eine harte Sanierung an.
Verhandlungen über Vertragsauflösung stehen bevor
Der langjährige Thyssenkrupp-Finanzvorstand Kerkhoff hatte als Chef an der Konzernspitze einen Fünf-Jahres-Vertrag. Nun stehen Verhandlungen über seine Vertragsauflösung an. Eine millionenschwere Abfindung gilt als wahrscheinlich.
Kerkhoff hat darauf hingearbeitet, über einen Börsengang der Aufzugsparte Geld für den Gesamtkonzern zu erlösen. Allerdings sollte Thyssenkrupp die Mehrheit an dem lukrativen Geschäft behalten. Im Lager der großen Investoren gibt es hingegen dem Vernehmen nach Interesse an einem Teil- oder Komplettverkauf der Sparte Elevator.
Das „Handelsblatt“ berichtet, der Großaktionär Cevian habe in diesem Zusammenhang eine hohe Sonderdividende gefordert. In vertraulichen Gesprächen mit dem Management und einzelnen Aufsichtsräten hätten Cevian-Vertreter einen Komplettverkauf der Aufzugsparte (Thyssenkrupp Elevator) gefordert. Dabei soll Cevian mindestens die Hälfte des erwarteten Erlöses von 18 Milliarden Euro als Ausschüttung an die Aktionäre eingefordert haben.
„Der größte Aktionär des Essener Konzerns, die Krupp-Stiftung, trägt diese Forderung offenbar mit – und das, obwohl sie laut ihrer Satzung zum Erhalt des Unternehmens verpflichtet ist“, schrieb das „Handelsblatt“. Im Gesamtaufsichtsrat sei das Thema bisher noch nicht besprochen.
Spekulationen über Gespräche zum Verkauf der Sparte Elevator
Bei einem Treffen mit Cevian vor zwei Wochen habe Kerkhoff die Forderung nach einer Sonderdividende rundheraus abgelehnt. „Nach seiner Einschätzung wäre Thyssenkrupp dann akut von der Pleite bedroht, da ohne das Geld die ohnehin bereits angespannte Finanzierung zusammenbreche“, so das „Handelsblatt“. Bei einem Teilverkauf, den der Vorstandschef stattdessen favorisiert hatte, bliebe Thyssenkrupp aufgrund der Dividenden weiterhin liquide.
Stiftungsnahe Insider beteuern gegenüber unserer Redaktion, aus Sicht der Krupp-Stiftung ergebe eine Sonderausschüttung „keinen Sinn“. Die Stiftung habe einen „Unendlichkeitsauftrag an der Seite des Unternehmen“, hieß es. Eine Sonderdividende sei nicht nachhaltig. Eine offizielle Stellungnahme der Stiftung gibt es bislang indes nicht.
Streit um mögliche Sonderausschüttung nach Spartenverkauf
„Ich habe von der Stiftung noch nie gehört, dass sie eine Sonderausschüttung unterstützen würde – und kann mir auch nicht vorstellen, dass das passiert“, sagte Markus Grolms von der IG Metall unserer Redaktion.
„Die Arbeitnehmer haben das größte Interesse daran, eine Sonderausschüttung zu verhindern, und genau das werden wir auch tun“, betonte Grolms. Mit der Grundlagenvereinbarung hat die Gewerkschaft bei Firmenverkäufen von Thyssenkrupp praktisch ein Veto-Recht. Sollte es beispielsweise zu einer Trennung von der wichtigen Aufzugsparte mit ihren rund 53.000 Beschäftigten kommen, müsste zunächst eine „Fair-Owner-Vereinbarung“ („fairer Eigentümer“) mit der IG Metall getroffen werden.