Essen. . Angesichts der Krise bei Thyssenkrupp lotet die IG Metall die Möglichkeit einer Vereinbarung mit der Krupp-Stiftung und dem Investor Cevian aus.
Angesichts der Führungskrise bei Thyssenkrupp lotet die IG Metall die Möglichkeit einer Vereinbarung mit den Thyssenkrupp-Großaktionären Krupp-Stiftung und Cevian aus. „Eine Grundsatzvereinbarung mit den großen Aktionären Krupp-Stiftung und Cevian wäre im Interesse des Unternehmens sinnvoll“, sagte der stellvertretende Thyssenkrupp-Aufsichtsratsvorsitzende Markus Grolms im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wir sind für entsprechende Gespräche bereit.“ Kritisch äußerte sich Grolms zu den Rücktritten von Vorstandschef Heinrich Hiesinger und Aufsichtsratschef Ulrich Lehner: „Manager können wegrennen. Unsere Leute in den Werken und Verwaltungen können das nicht. Aus Sicht der IG Metall ist klar: Wir lassen die Beschäftigten nicht im Stich.“
Herr Grolms, nach dem abrupten Abgang von Vorstandschef Hiesinger will auch Aufsichtsratschef Lehner zurücktreten. Er begründet den Schritt mit einer drohenden Zerschlagung. Können Sie das nachvollziehen?
Grolms: Mir gefällt die zugespitzte Diskussion über eine angeblich drohende Zerschlagung von Thyssenkrupp nicht. Auch unter Hiesinger als Vorstandschef sind doch Dutzende Unternehmen verkauft worden. Tausende Beschäftigte waren davon betroffen. Trotzdem hat niemand von einer Zerschlagung des Konzerns gesprochen. Ich rate dringend zu einer sachlichen Diskussion. Es geht hier doch nicht um Glaubensfragen!
Ging es vor allem um einen Machtkampf von Lehner, Hiesinger und Krupp-Stiftungschefin Gather?
Grolms: Das müssen andere beantworten. Klar ist: Es ist unsäglich, was nach dem Abgang von Hiesinger passiert ist. So kann es nicht weitergehen. Wir müssen die Zukunft eines Unternehmens mit 160.000 Beschäftigten sichern. Persönliche Spielchen wären in diesem Zusammenhang verantwortungslos. Thyssenkrupp muss möglichst schnell raus aus dem Krisenmodus.
Welche Rolle sollte dabei die Krupp-Stiftung mit Frau Gather an der Spitze übernehmen?
Grolms: Die Krupp-Stiftung trägt als größter Aktionär eine wesentliche Verantwortung für Thyssenkrupp. Es ist gut, dass sich Frau Gather zum Ziel bekannt hat, die Einheit des Unternehmens möglichst zu wahren und den Konzern weiterzuentwickeln. Gemeinsam mit der Stiftung können wir als Arbeitnehmer weitreichenden Einfluss nehmen und Sorge dafür tragen, dass es sozial und menschlich im Konzern zugeht. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Stiftung und die Arbeitnehmervertreter eine Mehrheit im Aufsichtsrat haben.
Finanzinvestoren wie Cevian – immerhin der zweitgrößte Aktionär von Thyssenkrupp – verfolgen einen anderen, eher kurzfristigeren Ansatz als die Stiftung. Lässt sich dieser Konflikt lösen?
Grolms: Dieser Konflikt muss gelöst werden, sonst wird keine Ruhe einkehren. Eine Grundsatzvereinbarung mit den großen Aktionären Krupp-Stiftung und Cevian wäre im Interesse des Unternehmens sinnvoll. Wir sind für entsprechende Gespräche bereit. Voraussetzung für eine solche Vereinbarung ist, dass wir gute Lösungen für die Beschäftigten finden. Es muss klar sein, dass die Menschen nicht unter die Räder kommen.
Sie möchten einen Pakt auch mit Cevian schließen?
Grolms: Gegenfrage: Sollen wir uns etwa aus ideologischen Gründen Gesprächen verweigern? Wir waren immer bereit, an ökonomisch sinnvollen Konzepten mitzuwirken. Cevian ist nun gefordert, sich klar zu den Belangen der Beschäftigten zu positionieren. Für eine schnelle Verwertung von Unternehmensteilen sind wir nicht zu haben, wohl aber für eine langfristige Weiterentwicklung von Thyssenkrupp. Wir brauchen eine Lösung für den Konzern insgesamt.
Wer übernimmt nach dem Rückzug von Lehner den Vorsitz des Aufsichtsrats?
Grolms: Über die Nachfolge entscheiden wir intern.
Sie haben vor wenigen Tagen öffentlich den Schulterschluss mit Frau Gather geübt und erklärt, Stiftung und Arbeitnehmervertreter wollen auch in Zukunft gemeinsam für die Stabilität des Unternehmens einstehen.
Grolms: Das Wort gilt.
Sind Sie enttäuscht von Hiesinger und Lehner?
Grolms: Wir gucken nach vorne. Hiesinger hat viel geleistet, aber nicht alles geschafft. Gleiches gilt für Lehner. Es ist also noch viel zu tun. Manager können wegrennen. Unsere Leute in den Werken und Verwaltungen können das nicht. Aus Sicht der IG Metall ist klar: Wir lassen die Beschäftigten nicht im Stich.